Sehr geehrte Damen und Herren in den zuständigen Landesministerien: Wenn Ihnen am Erhalt der Musikhochschulen in Ihrem Bundesland gelegen ist, möchten wir Sie höflich bitten, an diesem Punkt mit der Lektüre abzubrechen und erst beim letzten Absatz weiterzulesen. Verbindlichsten Dank!
So, da wir jetzt unter uns sind, kann es losgehen. Es ist nämlich so, dass wir einem kniffligen Phänomen auf der Spur sind (siehe Seite 26). Nennen wir es einstweilen das „Ja-wenn-das-so-ist-Prinzip“. Stellen Sie sich vor, Sie studieren Tanz an einer renommierten Ausbildungsstätte und machen die Hochschulleitung auf das betrübliche Faktum aufmerksam, dass es physiologisch suboptimal ist, dies in Räumlichkeiten zu tun, die nicht über Schwingböden verfügen. (Für Ballett-Dummies die Wikipedia-Definition: „Als Schwingböden werden Bodenbeläge ... bezeichnet, die unter Belastung nachgeben.“) Als Reaktion bekommen Sie zu hören: „Ja wenn das so ist, kann an unserer Hochschule kein ordnungsgemäßes Tanzstudium absolviert werden. Das Beste wird sein, wir lassen das hier in Zukunft schön bleiben.“
Oder Sie sind an derselben Einrichtung lehrbeauftragt und prangern den Umstand an, dass ein großer Teil des Unterrichts in Form schlecht bezahlter Lehraufträge erteilt wird. „Ja wenn das so ist“, tönt es zurück, „schaffen wir eben einen ordentlichen Haufen Lehraufträge ab und lassen wieder diejenigen die Arbeit machen, die besser dafür bezahlt werden“ – womit festangestellte Professorinnen beiderlei Geschlechts (gerne schließen wir uns der genderpolitisch bahnbrechenden Sprachregelung der Universität Leipzig an) gemeint sein dürften.
Was lernen wir daraus? Studierende und Lehrbeauftragte sollten ihre taktische Marschroute grundlegend überdenken. Gleiches gilt für Hochschulverantwortliche. Allzu schnell könnte ihnen Ähnliches blühen. Das schüchterne Ansinnen einer Sanierung maroder Gebäude etwa liefe Gefahr, bei den Jwdsi-Beauftragten im Ministerium auf ein lapidares Echo zu stoßen: „Ja wenn das so ist, muss die Hochschule ihren Betrieb bedauerlicherweise einstellen.“
Zur Vermeidung derlei kontraproduktiver Aktivitäten empfehlen wir das Prinzip Schwingboden: Geben Sie nach! Lassen Sie unhaltbare, ungerechte Zustände einfach an sich abprallen! So bleibt alles, wie es ist, und die Erfahrung zeigt, dass das im Zweifelsfall besser ist als eine Veränderung nach dem Jwdsi-Prinzip.
Für uns Zeitungsmacher kann das nur bedeuten, ab sofort auf kleinliche negativistische Berichterstattung zu verzichten. Den positiven Seiten unserer blühenden Musiklandschaften sei dieses Fachblatt fürderhin gewidmet, und wir ersuchen Sie, verehrte Leserschaft, uns mit sofortiger Wirkung nicht mehr mit kleinlichen Hinweisen auf angebliche Missstände zu behelligen.
Die Verantwortlichen im baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst wiederum bitten wir (willkommen zurück), unsere Nachfrage bezüglich der offenbar 2011 erfolgten Querschnittsprüfung der Musikhochschulen Stuttgart, Freiburg, Karlsruhe, Trossingen und Mannheim durch den Rechnungshof einfach zu ignorieren. War nicht so gemeint, es läuft sicher alles prima!