Mieczyslaw Weinberg (1919–1996): Streichquartett Nr. 13, op. 118 +++ Florian Bramböck (geb. 1959): I love my Clarinet für Klarinette in B (2006) +++ Wolfgang Steinecke (1910–1961): Spielmusik für Violine, Viola und Violoncello +++ Franz Schubert: Quartett in g-Moll nach der Violinsonate D. 408 für Flöte (Violine), Violine, Viola und Violoncello
Mieczyslaw Weinberg (1919–1996): Streichquartett Nr. 13, op. 118, Sikorski SIK2413, ISMN 9790003038667
Der in Warschau gebürtige jüdische Sowjetkomponist und Schostakowitsch-Freund Weinberg, 1953 fälschlicherweise beschuldigt und vorübergehend inhaftiert, schrieb eine Vielzahl von Orchesterkompositionen, Opern-, Ballett- und Filmmusiken. Dieses, sein 13., dem Borodin-Quartett gewidmetes Streichquartett entstand 1977, sein erstes Quartett nach dem Tod Schostakowitschs. Möglicherweise mit Blick auf Strawinsky wandte er sich stilistisch einem expressiven Neoklassizismus zu und entwickelte vor diesem Hintergrund einen individuellen Personalstil und gilt damit als der eigenständigste und bedeutendste aller schostakowitschnahen Schüler. Sein Schaffen findet erst langsam Würdigung, seine Streichquartette sucht man vergeblich auf den Kammermusikprogrammen – bis auf das Quatuor Daniel, das alle seine Quartette aufnimmt (CPO). Dieses 13. Quartett, 15 Minuten Spieldauer in einem Satz, ist von einer suggestiven Ausdruckskraft und könnte ein ungeheurer Repertoiregewinn für unsere führenden Ensembles sein.
Florian Bramböck (geb. 1959): I love my Clarinet für Klarinette in B (2006). UE 34677 (2009)
„Musik macht Menschen friedlich, und Friede wird unser Planet dringend brauchen” – das ist des Komponisten Motto für diese drei solistischen Sätze, in denen es gar nicht so bedächtig friedlich, dagegen frisch ermunternd zugeht. Gefordert werden hier alle Klangregister des Instrumentes, alle Ansätze, Atem-, Zungen- und Fingertechniken. Improvisationsartig variiert die Klarinettenstimme ihre moderaten melodischen Brocken, legt im Allegro bewusst Wert auf Tempo, elegante Sprünge und rhythmische Akzente und steigert im dritten Satz die virtuose Geläufigkeit sogar più mosso – ein Solo, mit dem man glänzen kann.
Wolfgang Steinecke (1910–1961): Spielmusik für Violine, Viola und Violoncello. Herausgegeben von Wilhelm Schlüter. Partitur und Stimmen. Schott ED 20902, ISMN 979-0-001-17267-7
Dass der Initiator der Darmstädter Ferienkurse, seit 1946 Drehscheibe derkompositorischen Avantgarde, in seinen jungen Jahren auf dem Weg zum Kunstkritiker nicht nur reflektierend musikalische Ausbildung genoss, sondern auch selbst zur Musikfeder griff, überrascht. Das wenige Erhaltene ist eine kleine Spielmusik des damals an der Kieler Hochschule studierenden 20-Jährigen. Chromatische Spielereien durchziehen die fünf, im Charakter gegensätzlichen, Miniaturen. Da finden sich neckisches Mit- und Gegeneinander der Stimmen, graziöse Themen, spritzige motivische Einfälle, sauber kontrapunktisch verarbeitet, vielleicht Hindemithsche Tonsatzlehre verinnerlichend, alles zusammen keine zehn Minuten. Entdeckt und erstmals veröffentlicht gerade zum 100. Geburtstag dieses kompositorischen Außenseiters seiner eigenen „Darmstädter Schule“
Franz Schubert: Quartett in g-Moll nach der Violinsonate D. 408 für Flöte (Violine), Violine, Viola und Violoncello, bearbeitet von Robert Stallman. Partitur Doblinger 06774, ISMN M-012-19759-1
In der 1816 entstandenen viersätzigen Violinsonate des jungen, noch im Studium (bei Salieri) befindlichen Schuberts mischt sich Mozart’sche Anmut mit dem Zauber einer liebenswürdig geführten, Moll-geprägte leichte Wehmut anklingenden melodischen Linie. Die in der Sonate vorwiegend der Violinstimme gehörende Melodieführung ist hier, Oktavierungen und Stimmentausch eingeschlossen, geschickt im Wechsel verteilt auf die Parts von Flöte und Violine, die sich sonst mit der Bratsche die rechte Klavierhand teilt. Der Cellospieler rutscht in die Rolle der linken Klavierhand. Auf diese Weise entsteht eine vor allem Amateurmusikern zugedachte interessante Quartettpartitur, die freilich nicht die Ausdruckstiefe und Empfindsamkeit seiner späteren Quartette erreicht. Da Schubert mit Flöte nicht viel im Sinn hatte, ist dieses Arrangement, der Besetzung Mozart’scher Flötenquartette folgend, ein der Repertoireergänzung dienendes Experiment, das strenge Schubertianer vielleicht weniger gutieren.