Das fliegende Kamel – Uçan Deve. Geschichten von Nasredin Hodscha neu erzählt von Paul Maar +++ Reineke Fuchs – Ein Hörstück nach Texten von J. W. Goethe und Ilse van Heyst. Familienkonzert mit der WDR-Big Band +++ Das kalte Herz. Orchesterhörspiel, Musik: Henrik Albrecht, gespielt von der NDR Radiophilharmonie +++ Jonny Flughase – eine Geschichte von Ute Kleeberg mit Musik von Nadia Boulanger, Robert Schumann und Josef Suk +++ Willy Astor: Kindischer Ozean. Lauschliedergeschichten aus dem Einfallsreich +++ Des Kaisers Nachtigall. SWR Young Classix +++ Jörg Hilbert / Felix Janosa: Ritter Rost und das Haustier. Musical für Kinder. Mit Musik-CD und Noten
Das fliegende Kamel – Uçan Deve. Geschichten von Nasredin Hodscha neu erzählt von Paul Maar. Oetinger Media [Für Kinder ab 6 Jahren]
Eine Brücke zwischen Orient und Okzident möchte diese 2-CD-Hörspiel-edition mit Musik schlagen, denn der Held dieser Geschichten, Nasredin Hodscha, ist der Till Eulenspiegel des arabischen Kulturkreises. Aus den über Jahrhunderte mündlich überlieferten Anekdoten und Geschichten hat Kinderbuchautor Paul Maar („Das Sams“) mit zusätzlichen Texten ein neues Buch geschaffen: Nasredin lebt jetzt in Berlin und erlebt dort seine Abenteuer, die meist mit einer witzigen Pointe enden. Auf der ersten CD des Hörbuchs liest Paul Maar selbst die Geschichten, der türkische Perkussionist Murat Coskun leiht der Titelfigur seine Stimme. Auf der zweiten CD ist die türkischsprachige Fassung des Buches, gesprochen von Murat Coskun und Ibrahim Sarialtin zu hören. Verbindendes Element ist Musik aus dem arabischen Kulturkreis des 12. bis 15. Jahrhunderts, authentisch und auf Originalinstrumenten von der Capella Antiqua Bambergensis sowie den türkischen Musikern Murat Coskun und Ibrahim Sarialtin gespielt. Etwas betulich realisiert, aber sicher ein guter Beitrag zur Völkerverständigung von Anfang an.
Ursula Gaisa
Reineke Fuchs – Ein Hörstück nach Texten von J. W. Goethe und Ilse van Heyst. Familienkonzert mit der WDR-Big Band, CMO Hörbuch [Für die ganze Familie]
Seit es den Buchdruck gibt, geistert die Fabel von Reineke Fuchs durch die Weltliteratur. Jetzt ist der strapazierfähige Stoff einem Jazzer in die Hände gefallen. Der Komponist und Big-Band-Leiter Ansgar Striepens hat die Textvorlage für ein Starensemble aus WDR Big Band und die Solisten Theo Bleckmann (Reineke Fuchs), Ulrich Noethen (König Löwe) und Peter Saurbier (Henning der Hahn, Lampe der Hase) vertont. Jedem Tier hat Striepens ein Instrument zugesellt, etwa Isegrim die Posaune, Grimbart das Saxophon, Braun dem Bär die Tuba und Hinze dem Kater die Trompete. Der Löwe brüllt mit den Sounds einer Hammond B3. Mit mächtiger Big-Band-Power, sprechenden Soli und einer die Handlung plakativ ausdeutenden Musik entsteht eine abwechslungsreiche Reineke-Fuchs-Jazz-Fabel. Auch in der Big-Band-Version obsiegt am Ende das unbotmäßige Füchslein und die Geschichte endet mit einer großartigen Lach-Arie Bleckmanns über die Dummheit der Mächtigen.
Andreas Kolb
Das kalte Herz. Orchesterhörspiel, Musik: Henrik Albrecht, gespielt von der NDR Radiophilharmonie. headroom Verlag [Für Kinder ab 6 Jahren]
Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“ ist eine düstere Geschichte. Erzählt wird von Menschen, die ihr Herz gegen den ersehnten Reichtum eintauschen und auf diese Weise auf Freude am Leben und Liebe verzichten. In die Falle tappt auch der Köhler Peter Munk, nachdem er seltsamen Waldgeistern begegnet ist: dem gutherzigen Glasmännlein, dessen Rat er in den Wind schlägt, und dem bösen Holländer Michel, der sich als grausamer Herz-Händler erweist. Peter Munk gelingt es natürlich, ihn zu überlisten und sein Herz und seine Liebe zurückzugewinnen. Die dichte und spannende Geschichte wird von Henrik Albrecht ebenso dicht und spannend als Orchesterhörspiel nacherzählt. Richtig kalt läuft es einem den Rücken herunter, wenn er die erschlichenen Herzen musikalisch schlagen lässt. Die Gefühle des jungen Peter Munk, die bedrückende Atmosphäre des dunklen Waldes, aber auch das glückliche Ende werden einfühlsam in Musik gefasst und instrumentiert. Es spielt die NDR Radiophilharmonie, ein glücklicher Partner für den Komponisten Henrik Albrecht, der hier wieder einmal eine spannende Musik-Geschichte für Kinder geschaffen hat.
Josefine Becker
Jonny Flughase – eine Geschichte von Ute Kleeberg mit Musik von Nadia Boulanger, Robert Schumann und Josef Suk. Edition Seeigel [Für Kinder ab 6 Jahren]
Jonny Flughase hat es wirklich gegeben. Genau am schönsten Tag des Jahres für Lilly, an ihrem Geburtstag, stirbt er. Ute Kleebergs Geschichte handelt von der Fähigkeit des Menschen, Glück und Unglück zur gleichen Zeit empfinden zu können. Um Empfindung geht es auch in der Musikauswahl: Werktreue ist zwar nicht die Sache von Friedemann Amadeus Treiber (vl), Thomas Wellen (p) und Helmut Menzler (vlc), denn sie gliedern die Erzählung Kleebergs mit Einzelsätzen aus Klaviertrios von Josef Suk, Robert Schumann und Nadia Boulanger. „Nicht zu schnell“, „innig im Ausdruck“ und Elegisches wechseln sich in den Werken aus drei Epochen ab und doch hat alles denselben Ton. Die Schauspielerin Eva Mattes erzählt die Geschichte vom traurig-schönen Geburtstag und vom Abschied nehmen so natürlich, dass man ihr diese bedingungslos glaubt. Auch dass es Jonny Flughase wirklich gegeben hat.
Andreas Kolb
Willy Astor: Kindischer Ozean. Lauschliedergeschichten aus dem Einfallsreich. Karussell/Universal 06025 377955 7 [Für Kinder ab 4 Jahren]
„Kann man sich eigentlich die Dolomiten?“ Wer auf Fragen wie diese eine Antwort weiß, ist richtig bei der Kinder-CD des ungekrönten Kalauerkönigs Willy Astor. Mit Einfallsreichtum und Liebe zum Blödeldetail erzählt er in nicht weniger als 20 ebenso kurzen wie kurzweiligen Songs die Urlaubsgeschichte der Familie Bröselböck, die auf dem Weg in den Urlaub auf der geheimnisvollen Insel Tiri Tiri Matangi landet. Die Begegnungen mit exotischen Tieren, darunter ein Plappagei, ein Hängereh(gister) und ein L. F. Hand sind ebenso unterhaltsam wie die meisten der Gastbeiträge von Stars wie Otto, Max Mutzke oder Mary Roos. Höhepunkt: der Auftritt der südamerikomischen Straßenmusiker „Los Confusos“, die zur Melodie von „Guantanamera“ von Kaulquappensocken singen und sich an Fischfloppenflipflops die Zunge zerbrechen. Pfundig.
Juan Martin Koch
Des Kaisers Nachtigall. SWR Young Classix. Helbling HI-S7492CD [Für Kinder ab 6 Jahren]
Wie gut es funktionieren kann, ein zeitgenössisches Chorwerk in den Mittelpunkt einer Kinder-CD zu stellen, beweist diese SWR-Produktion. Ugis Praulins’ „The Nightingale“ ist ein anspruchsvolles, Chorklang und Blockflöte im Sinne der Geschichte plausibel aufeinander beziehendes Stück, das Kinderohren aber nicht überfordert. Es erklingt hier in Ausschnitten und wird in das von Malte Arkona erzählte Andersen-Märchen so eingebettet, dass die englischen Gesangstexte kein Problem darstellen. Im Gegenteil – diese Distanzierung stärkt den Charakter der Chorstücke als atmosphärische, für sich stehende Inseln. Das SWR Vokalensemble singt unter der Leitung von Klaas Stok hinreißend, Michala Petris virtuose Flötentöne erheben sich nachtigallengleich darüber.
Juan Martin Koch
Jörg Hilbert / Felix Janosa: Ritter Rost und das Haustier. Musical für Kinder. Mit Musik-CD und Noten, terzio. Gewinner des Sonderpreises „Poldi“ der Kinderjury [Für Kinder von 4 bis 10 Jahren]
Sie sind und bleiben die Lieblinge der Kinder: Ritter Rost – und nicht zu vergessen natürlich Burgfräulein Bö, der sprechende Hut und Drache Koks. Dem läuft im neuesten Band der Reihe ein seltsames Haustier zu, das er unbedingt behalten will: ein wuscheliges grünes Wesen mit Glupschaugen, das leider immer größer wird … Außerdem will es sich in Kekskrümel eingraben. Nachts in Koks’ Bett, wenn man sich an das Wesen kuschelt, kann man das Rauschen des Waldes hören und wundervoll träumen. Was genau es ist, wird hier nicht verraten. Die Geschichte ist etwas abstrus, aber das waren Ritter-Rost-Erzählungen ja schon immer … Die eingestreuten Lieder mit Titeln wie „Lass ihn doch!“, „Ich war’s nicht“ oder „Beim Tierarzt“ sind gut zum Mitsingen und Zuhören geeignet, die Melodien waren schon mal origineller, aber wie man am Publikumspreis merkt: den Kleinen gefällt’s, was will man mehr.
Ursula Gaisa