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Wie einst der liebe Augustin …

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Ausstellung und Buch erinnern an „Die drei Leben des Hermann Leopoldi“
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Wenn Friedrich Hollaender der „Vater“ der deutschen Popmusik war, dann war sein Kollege Hermann Leopoldi der „Opa“ der Wiener Populärmusik des 20. Jahrhunderts. In der Wienbibliothek im Rathaus ist nun noch bis zum 4. Oktober eine vorbildliche Ausstellung zu sehen, die das Leben des jüdischen „Klavierhumoristen“ in Liedern nacherzählt. Eine Reise vor allem in die österreichische Geschichte des vergangenen „Katastrophenjahrhunderts“. Wäre ich ein Politiker, würde ich diese von Georg Traska und Christoph Lind konzipierte Ausstellung und das wunderbare Begleitbuch „Hermann Leopoldi, Hersch Kohn“ „Leuchtturmprojekte“ nennen.

Apropos Politiker. Wenn man in diesen Sommertagen durch Wien bummelte und dabei immer mal wieder in einem Kaffeehaus Rast machte, war man beim Durchblättern der örtlichen Zeitungen geschockt, wie Antisemitismus untergründig (oder auch vordergründig) das Denken der sogenannten „Freiheitlichen“ bestimmt. H. C. Strache entblödete sich zuletzt nicht, Kapitalismuskritik im „Stürmer“-Stil auf seiner Facebook-Seite zu betreiben. Der Banker bekam auf einer Karikatur zu diesem Zwecke die typische „jüdische“ Hakennase. Wie in der „guten alten Zeit“, um 1938, als der 1888 im Wiener Viertel Meidling geborene Hermann Leopoldi nach dem „Anschluss“ als „ewiger Jude“ verhöhnt wurde und im Konzentrationslager Buchenwald gelandet war. Dort schrieb er zusammen mit Fritz Löhner-Beda (Hauslibrettist von Franz Léhar, dem Lieblingskomponisten des „Führers“) den legendären „Buchenwälder Marsch“: „Oh Buchenwald, ich kann Dich nicht vergessen …“

Aber der Reihe nach. Eine kleine Renaissance erlebte der fast in Vergessenheit geratene Leopoldi Anfang der 1970er-Jahre: André Heller landete damals einen kleinen Hit mit seinem albernen Couplet „Schnucki, ach Schnucki, fahrn ma nach Kentucki“. Urheber: Hermann Leopoldi. Sein größter Erfolg ist und bleibt aber das Wiener Lied „In einem kleinen Café in Hernals“, das in keiner Sammlung zum Thema fehlt. Und dieser Song erklingt nun auch zweisprachig aus einem Kopfhörer in der Wienbibliothek: „There is a little café down the street ...“. Leopoldi war aus Buchenwald entlassen worden und hatte es Anfang 1939 geschafft, in die USA auszuwandern. Was seinen Lagergenossen Fritz Grünbaum, Paul Morgan und Fritz Löhner-Beda nicht vergönnt war. Sie wurden wie viele eins­tige jüdische „Stars“ von den Nazis ermordet.

Ein seltsamer Zeitpunkt ist das für diese „Leopoldiana“-Ausstellung im Wien von 2012. Während draußen die „Freiheitlichen“ lärmen, die sich inzwischen als „neue Juden“ verfolgt sehen, singt drinnen der echte „Meidlinger Bua“ leise seine sentimentalen und satirischen Liedchen, mit denen in der Zeit des Austrofaschismus Gerhard Bronner und Georg Kreisler aufgewachsen waren. Sie erfanden nach ihrer Exilzeit gemeinsam das neue „Wiener Cabaret“. Was den im übrigen unpolitischen (wenn nicht naiven) Leopoldi mit diesen Herren verbindet, ist die Fülle an „topical songs“ – wie die Amerikaner das nennen –, die alle drei schrieben. Von den „Novaks aus Prag“ zum „G’schupften Ferdl“ ist es wirklich nur ein Katzensprung, dazwischen liegt nur deren Exilzeit. Wien, die „sterbende Märchenstadt“, hat Leopoldi nach dem Krieg 1947, wieder herzlich willkommen geheißen, wenn man dem „Wiener Kurier“ glauben darf: „Wie einst der liebe Augustin aus der Pestgrube, so ist Hermann Leopoldi aus der Katastrophe der letzten Jahre heil hervorgegangen. Und wie er nun wieder vor uns steht, schlagen ihm die Herzen der Wiener – seiner Wiener – entgegen, weil er das Beste verkörpert, was der Österreicher zu geben hat, weil er die wahre Wiener Gemütlichkeit herübergerettet hat und sein Optimismus noch immer so ansteckend ist wie eh und je.“ 

Unter „seinen Wienern“ war damals vermutlich auch der „Herr Karl“ gewesen, der besonders herzlich applaudiert hat. Man hatte „eigentlich das Gefühl, er sei überhaupt nie weg gewesen“, schrieb die kommunistische „Volksstimme“. Er war halt nur ein paar Jahre lang ins „Land des Boogie-Woogie“ ausgewandert gewesen, wie die Salzburger Volkszeitung notierte. An das Wort „Jude“ konnte sich in diesem Zusammenhang niemand mehr erinnern.

Ausstellung und Buch

Die drei Wien des Hermann Leopoldi
Ausstellungskabinett der Wienbibliothek, 1010 Wien, Rathaus, Eingang Felderstraße (bis 18.00 Uhr) Stiege 6, 1. Stock (Glaslift), Eintritt frei, noch bis 4.10.2012

Georg Lind, Christoph Traska: Hermann Leopoldi, Hersch Kohn:
Eine Biographie mit Musik-CD, 300 Seiten, geb., Mandelbaum Verlag

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