Düsseldorf - Auf die Rheinoper wächst der Druck, die wegen brutaler Nazi-Szenen abgesetzte „Tannhäuser“-Inszenierung wieder auf die Bühne zu bringen. Der Präsident der Akademie der Künste in Berlin, Klaus Staeck, forderte Intendant Christoph Meyer auf, die umstrittene Inszenierung fortan nicht nur konzertant, sondern in ihrer ursprünglichen Form zu zeigen.
Lesen Sie den offenen Brief der Akademie der Künste:
Kunst ist keine Schönwetterangelegenheit!
Offener Brief an den Intendanten der Deutschen Oper am Rhein, Prof. Christoph Meyer, und den Regisseur der dortigen Inszenierung von Wagners „Tannhäuser“, Burkhard C. Kosminski
Sehr geehrter Herr Prof. Meyer, sehr geehrter Herr Kosminski,
wir sind leider nicht in der Lage, uns über die jüngste Premiere an der Deutschen Oper am Rhein, der Neuinszenierung von Wagners „Tannhäuser“, ein Urteil erlauben zu können, wir haben die Premiere am 4. Mai in Düsseldorf nicht besucht. Auch andere Mitglieder der Akademie der Künste haben die Premiere nicht besucht, sind aber mit uns der Ansicht, dass es keine ästhetische Einschätzung dieser Arbeit und keine inhaltliche Debatte über sie geben könnte, die es rechtfertigen würde, diese Inszenierung nach nur einer Vorstellung wieder abzusetzen.
Im vollen Bewusstsein der Verantwortung Ihrer Ämter haben Sie als Regisseur und Intendant diese „Tannhäuser“-Interpretation am 4. Mai in die Welt der Kunst entlassen und müssen es jetzt gemeinsam ertragen, dass sich die Öffentlichkeit ein Bild davon macht. Das zumindest ist die Überzeugung vieler Mitglieder der Akademie der Künste, einer Institution, die die Freiheit der Kunst seit vielen Jahren weltweit verteidigt.
Kunst - gleich welcher Güte! – ist keine Schönwetterangelegenheit! Ob sie irrt oder im Recht ist, misslungen ist oder brillant muss diskutiert werden. Sollte sie, aus Gründen der Lautstärke etwa oder durch eine bedrängende Bildsprache, das gesundheitliche Wohlbefinden von Zuschauern gefährden, so kann davor gewarnt werden. Sie sicherheitshalber ganz zurückzunehmen und sich damit dem Druck der allzeit erregungsbereiten Medienöffentlichkeit zu beugen, ist unserer Ansicht nach der falsche Weg.
Richtig wäre nach unserer Überzeugung, die drei weiteren Aufführungen dieses „Tannhäuser“, die für den 19. und 30. Mai und 2. Juni angesetzt sind, nicht nur konzertant, also ohne szenische Interpretation vorzuführen, sondern in der ursprünglich geplanten Form, damit Interessierte (die ja nun über mögliche Gefährdungen informiert wurden) zu einer eigenen Meinung kommen können und nicht auf tendenziöse Berichterstattung angewiesen sind. Richtig fänden wir außerdem, möglichst viele dieser Meinungen nach einer der Vorstellungen dann auch öffentlich auszutauschen. Auf diesem Weg steht die Akademie der Künste als Partnerin jederzeit zur Verfügung.Berlin, 14. Mai 2013
Prof. Klaus Staeck
Präsident der Akademie der KünsteNele Hertling
Vizepräsidentin der Akademie der KünsteUlrich Matthes
Direktor der Sektion Darstellende Kunst