Hauptrubrik
Banner Full-Size

Augsburger "Dreigroschenheft" in Geldnöten

Publikationsdatum
Body

Ein paar Groschen fürs Brecht-Erbe - In Augsburg wird seit zehn Jahren die einzige Fachzeitschrift über den Dichter publiziert

Augsburg (ddp-bay). Der Titel klingt zunächst wenig gehaltvoll. Hinter dem «Dreigroschenheft» verbirgt sich aber die einzige Zeitschrift, die sich mit Leben, Werk und Umfeld von Bertolt Brecht beschäftigt. Sie besteht seit zehn Jahren und wird in Augsburg produziert - der Stadt, in der Brecht 1898 auf die Welt kam. Herausgeber Kurt Idrizovic nennt sie eine «Mischung aus Fachzeitschrift und Fanmagazin».

Das Redaktionsteam, das im Wesentlichen aus dem Buchhändler Idrizovic und der Lektorin Christiane Hempel besteht, musste sich in letzter Zeit über die titelgebenden Groschen mehr Gedanken machen, als ihm lieb war. Langjährige Anzeigenkunden wie der Suhrkamp Verlag sprangen ab. Das finanzielle Aus konnte nach den Worten von Hempel im vergangenen Jahr nur mit knapper Mühe abgewehrt werden.

Nun hat die Stadt trotz aller Haushaltsprobleme ihren Zuschuss für das Magazin für 2004 auf 5600 Euro verdoppelt. Und auch die Stadtwerke haben sich zu einer vorläufig einmaligen Finanzspritze von 2000 Euro bereit erklärt. Kaum muss das «Dreigroschenheft»-Team nicht mehr pausenlos an mögliche Geldquellen denken, arbeitet es wieder an der Belebung des Brecht-Erbes in Augsburg. Das Thema spielt nicht zuletzt bei der Kulturhauptstadtbewerbung Augsburgs eine wichtige Rolle.

Im Juli soll mit einem dreitägigen Brecht-Fest am Lech, ganz in der Nähe des ehemaligen Wohnhauses der Familie Brecht, auch das zehnjährige Bestehen des «Dreigroschenhefts» gefeiert werden. Zum Programm werden eine Kunstausstellung und ein erlesenes Musikprogramm gehören. Gleichzeitig soll nach den Worten von Hempel unter der Adresse www.bert-brecht.com eine neue Homepage des «Dreigroschenhefts» freigeschaltet werden. Zudem soll der Musikwissenschaftler und Brecht-Experte Joachim Lucchesi die Redaktion verstärken - vorläufig bis 2005.

Vor dem «Dreigroschenheft» hatte es in der ehemaligen DDR eine Fachzeitschrift über Brecht namens «Notate» gegeben. Als ihr finanziell die Luft ausging, trat Idrizovic in die Lücke. «Manche dachten, mit dem Niedergang des Kommunismus könne man Brecht gleich mit begraben», sagt Idrizovic. Aber der Autor der «Dreigroschenoper» ist noch immer einer der meist gespielten Dramatiker neben Shakespeare und einer der populärsten deutschen Dichter neben Goethe.

Schon nach wenigen Ausgaben gelang es, das «Dreigroschenheft» in der internationalen Brecht-Gemeinde zu etablieren. Nach einem Jahr hatte Idrizovic 400 Abonnenten. Heute sind es 900, ein Drittel davon im Ausland. Die Auflage liegt bei 3000 Exemplaren, ein Teil davon wird im Buchhandel frei verkauft. Die Autoren erhalten statt Honoraren meist Belegexemplare. Nur für aktuell bestellte Berichte über Brecht-Veranstaltungen kann gezahlt werden.

In der rund 60 Seiten starken, viermal jährlich erscheinenden Zeitschrift werden Spezialthemen auch für Laien interessant aufbereitet. Dazu zählen etwa Berichte über die Ausflüge des jungen Brecht an den Ammersee, den Urheberstreit über die «Dreigroschenoper» oder die Frage, ob Brechts früher Tod nach einer Herzkranzgefäßthrombose vermeidbar gewesen wäre.

Andreas Alt