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Der Dirigent Gerd Albrecht, langjähriger Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper, ist tot. Albrecht sei am Sonntag im Alter von 78 Jahren in Berlin gestorben, sagte seine Assistentin Maria Fehlauer am Montag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Sie bestätigte damit einen Bericht der tschechischen Nachrichtenagentur CTK.
Albrecht war von 1993 bis 1996 als erster Ausländer Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie.
An der Hamburgischen Staatsoper wirkte Albrecht von 1988 bis 1997 und verschaffte dem Haus zusammen mit dem Intendanten Peter Ruzicka mit Neuproduktionen weltweite Anerkennung. Der 1935 in Essen geborene Albrecht setzte sich mit Erklärkonzerten, CDs und Fernsehsendungen für die Musikvermittlung an junge Menschen ein.
[UPDATE, 14:40]
Berlin (dpa) - Er dirigierte Spitzenorchester in aller Welt und setzte sich früh für die Musikvermittlung an junge Menschen ein: Gerd Albrecht, langjähriger Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper, ist tot. Albrecht sei am Sonntag im Alter von 78 Jahren nach langer Krankheit in Berlin gestorben, wie sein Büro am Montag mitteilte. Zuvor hatte die tschechische Nachrichtenagentur CTK über Albrechts Tod berichtet. In Prag war der Dirigent von 1993 bis 1996 als erster Ausländer Chef der Tschechischen Philharmonie.
Der 1935 in Essen geborene Musiker setzte sich immer wieder für zeitgenössischer Musik ein. Nachdem er 1988 die musikalische Leitung der Hamburgischen Staatsoper übernahm, brachte er zusammen mit dem Intendanten Peter Ruzicka vielgelobte Neuproduktionen auf die Bühne.
Dazu gehörten etwa Robert Wilsons «Parsifal»-Inszenierung, die Neuentdeckung von Franz Schrekers «Schatzgräber» und Uraufführungen etwa von Wolfgang Rihms «Eroberung von Mexiko» und Helmut Lachenmanns «Das Mädchen mit den Schwefelhölzern». Damit verschaffte sich die Staatsoper nach Meinung von Kritikern wieder einen internationalen Ruf. Dem Gespann Albrecht/Ruzicka bescheinigte die Zeitung «Die Welt» «Wagemut» und «intellektuellen Biss».
Auf einer Japan-Tournee 1991 wurde Albrecht von den Mitgliedern der Tschechischen Philharmonie spontan zum Chefdirigenten gewählt. Die Entscheidung für einen Deutschen galt als politische Sensation. «Ihr seid doch wahnsinnig», soll Albrecht zu den Musikern nach der Wahl gesagt haben.
Albrecht bekam bald Gegenwind zu spüren. Das Orchester teilte sich in Gegner und Befürworter. Auch in den Medien war die Entscheidung umstritten. Dem Festkonzert der Philharmonie zum 100. Gründungsjubiläum blieben der damalige Präsident Vaclav Havel und Ministerpräsident Vaclav Klaus demonstrativ fern. Vor dem Hintegrund der Grabenkämpfe und der nationalistischen Töne entzog Anfang 1996 das Prager Kulturministerium Albrecht die künstlerische Kompetenz für das Orchester. Ende Januar gab der Dirigent seinen Rücktritt bekannt.
Begonnen hatte Albrechts Karriere mit 22 Jahren als er den Dirigierwettbewerb in Besançon gewann. Mit 27 Jahren wurde er in Lübeck Deutschlands damals jüngster Generalmusikdirektor. Danach folgten Leitungspositionen in Kassel, an der Deutschen Oper Berlin sowie beim Tonhalle-Orchester Zürich. Von 1997 bis 2007 war er Chefdirigent des Yomiuri Nippon Symphony Orchestra in Tokio und leitete von 2000 bis 2004 zusätzlich das Dänische Radio-Sinfonieorchester Kopenhagen. Er dirigierte das Bundesjugendorchester und war bei Festivals, etwa in Salzburg, Luzern und Edinburgh, zu Gast.
Die Musikvermittlung an Kinder und Jugendliche war für Albrecht eine Herzensangelegenheit. Er schrieb Bücher und moderierte Konzerte für mehr als 50 TV-Produktionen und Filme. Zu seinem Vermächtnis gehört das «Klingende Museum» in Hamburg und Berlin, dessen Workshops schon tausende Schulkinder besucht haben.