Nürnberg - Mit einem ungewöhnlichen Konzept klinkt sich die Stadt Nürnberg in das große Wagnerjahr 2013 ein: Anlässlich des 200. Geburtstages und des 130. Todesjahres des Komponisten Richard Wagner wird in Nürnberg seine unvollendete Jugendoper "Männerlist größer als Frauenlist oder die glückliche Bärenfamilie" uraufgeführt. Ungewöhnlich ist das Projekt, weil das noch nie gezeigte Stück in einem großen Zirkuszelt aufgeführt werden soll und außerdem bislang kaum Noten für das Werk existierten.
Wagner hatte die Oper mit dem sperrigen Titel vermutlich um das Jahr 1837 in Riga komponiert - nach "Rienzi" und "Das Liebesverbot". Allerdings hat er sie nie vollendet. Nach seinem Tod galten die Manuskripte als verschollen, ehe sie bei einer Auktion im Jahr 1994 zusammen mit Skizzen der ersten drei Nummern überraschend wieder zum Vorschein kamen. Vor eineinhalb Jahren hat sie der künstlerische Leiter der Nürnberger Pocket Opera Company, Franz Killer, zufällig in die Hände bekommen. "Dabei ist die Idee entstanden, die Oper zu Ende zu komponieren und in der Meistersinger-Stadt Nürnberg uraufzuführen", erläutert der Komponist.
Für Killer eine eher ungewöhnliche Arbeit: Seine Pocket Opera, Deutschlands ältestes freies Musiktheater, macht aus großen Werken normalerweise kleine, unterhaltsame Versionen. "Diesmal musste ich aus etwas Kleinem, Unvollendetem etwas Großes machen." Er habe viele frühe Werke Wagners gesichtet, um möglichst nahe am Stil des großen Komponisten zu bleiben. Und doch wird die Nürnberger Endversion mit einer Überraschung aufwarten, die wohl auch Wagner gefallen hätte: Es sollen Saxofone erklingen. "Richard Wagner wollte ursprünglich in seiner Oper Tristan ein Saxofon einsetzen, aber durch ein Zerwürfnis mit dem Musiker Adolphe Sax kam es schließlich nicht dazu", erläutert Killer.
"Wagner liebte den Seiltanz"
Wagner und Zirkus, wie passt das zusammen, mögen echte "Wagnerianer" womöglich denken. "Doch da gibt es gleich mehrere Verbindungslinien", sagt Peter Pachl, der die Regie übernommen hat. Der Walkürenritt sei immerhin mit Wagners Zustimmung seinerzeit im Zirkus Renz aufgeführt worden. "Wagner war außerdem ein begabter Akrobat, liebte den Seiltanz", ergänzt Pachl. Der ungewöhnliche Spielort in Nürnberg hat aber einen noch viel pragmatischeren Grund: In "Männerlist größer als Frauenlist oder die glückliche Bärenfamilie" spielt das zweite Finale wirklich in einem Zirkus.
Das Werk passiert auf ein Märchen aus 1001 Nacht. Im Mittelpunkt steht Leontine, die "Tochter der Fröhlichkeit". Sie ärgert sich über die Aufschrift eines Goldschmied-Ladens, wonach die Männerlist bedeutsamer sei als die Frauenlist. Was Wagner daraus macht, dürfte das Publikum wie immer verblüffen: Leontine entblößt vor dem Schmied Julius ihren Busen, der daraufhin alle Vorsicht vergisst und schließlich in eine Falle tappt. Wagner-Fans können sich freuen, weil das Werk viele autobiografische Elemente enthält. Richard Wagners älterer Bruder etwa hieß Julius und war tatsächlich Goldschmied. So viel sei schon verraten: Wie es in einer komischen Oper sein muss, gibt es natürlich ein großes Happy End.
"Ring der Nibelungen" als Figurentheater
Mit dem Nürnberger Stadtpark wurde zugleich ein besonderer Ort für die Uraufführung ausgewählt: 1861 fand hier das erste Deutsche Sängerfest mit 20.000 Menschen statt, seitdem wurde der Park aber nicht mehr für große Musikveranstaltungen genutzt - abgesehen von der Diskothek, die sich in mitten der Grünanlage bis vor wenigen Monaten befand.
Unter dem Motto "Circus Wagner" will die Stadt Nürnberg im Juni und Juli noch weitere Wagner-Überraschungen folgen lassen: So soll der "Ring der Nibelungen", in der Originalversion 16 Stunden lang, in nur zwei Stunden von einem Figurentheater aufgeführt werden. Nach dem Motto "Wer wagnert gewinnt" sind sich alle Beteiligten sicher, dass der Mut der Nürnberger Projektverantwortlichen am Ende mit vielen Tausend Besuchern belohnt werden wird.
Premiere: 27. Juni 2013; Weitere Aufführungen: 29. Juni, 4. und 5. Juli 2013.
Der Vorverkauf hat am 1. Februar begonnen