Das Spektrum der musikwissenschaftlichen Forschung am gemeinsamen Institut für Musikwissenschaft der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar und der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist um eine Facette reicher. Eine neue Professur für die Geschichte des Jazz und der populären Musik – ermöglicht durch das Landesprogramm ProExzellenz des Freistaats Thüringen – wird sich intensiven Forschungs- und Lehrvorhaben in Kooperation mit dem Internationalen Archiv für Jazz und populäre Musik Eisenach der Lippmann+Rau-Stiftung widmen. Frisch auf die Professur berufen wurde Privatdozent Dr. Martin Pfleiderer.
Das von Prof. Dr. Detlef Altenburg, Direktor des Instituts für Musikwissenschaft Weimar-Jena, initiierte Projekt ist in dieser Kombination aus innovativer Lehre und angeschlossenem Forschungsarchiv einzigartig in Europa. Übergreifendes Ziel der Professur ist es, Weimar/Jena zu einem Zentrum der Jazz- und Popmusikforschung im deutschsprachigen Raum zu machen und das Eisenacher Archiv als zentrale Anlauf- und Forschungsstelle der internationalen Jazz- und Popmusikforschung zu etablieren. Im Beisein von Prof. Dr. Walter Bauer-Wabnegg, Staatssekretär für Wissenschaft und Kunst im Thüringer Kultusministerium, konnte die Einrichtung dieser Professur heute im Rektoramt der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar verkündet werden.
Prof. Bauer-Wabnegg zu den Gründen für die Förderung: „Die neu eingerichtete Professur für die Geschichte des Jazz und der populären Musik erschließt ein musikgeschichtlich relevantes Forschungsfeld, das wissenschaftlich bisher brach liegt. Insofern sind hier herausragende Chancen für die Hochschule für Musik FRANZ LISZT in Weimar gegeben, insbesondere im Zusammenwirken mit dem ausgezeichnet bestückten Jazz-Archiv in Eisenach. Das Land hat deswegen gern dieses exzellente Vorhaben aus den Mitteln der ProExzellenz-Förderung unterstützt und damit auf den Weg gebracht.“
Das vor zehn Jahren gegründete Archiv für Jazz und populäre Musik Eisenach ist eine Fundgrube: Es enthält derzeit 80.000 Schallplatten und Tonträger, ebenso viele Fotos und Negative, 60.000 Zeitschriften, zahllose Artikel, Plakate, Bücher, Korrespondenzen und Filme. Den Grundstock bildet der Nachlass des 1993 verstorbenen Blues-Pianisten Günter Boas. Den hatte Reinhard Lorenz, Eisenacher Kulturamtsleiter und jazzbegeisterter Mitbegründer des Archivs, während eines Konzerts in der DDR kennengelernt und war fasziniert: „Günter Boas hat mit vielen Jazzgrößen, unter anderem Louis Armstrong, Ella Fitzgerald und Billy Holiday, und mit wichtigen Bluesleuten korrespondiert. Wir haben über 1000 Briefe hier aus seinem Nachlass, also das sind einfach Kostbarkeiten der Musikgeschichte. Und: Er war ein wichtiger Mitstreiter des in Eisenach geborenen Horst Lippmann im Frankfurt der 1940er und 50er Jahre.“
PD Dr. Martin Pfleiderer, der nach der bevorstehenden Bestätigung durch das Ministerium den offiziellen Titel eines Professors tragen wird, wurde 1967 in Calw geboren. Nach einem Magisterstudium der Musikwissenschaft, Philosophie und Soziologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen absolvierte er von 1993 bis 1995 ein Aufbaustudium Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Hamburg. Von 1991 bis 1999 war er zudem als freiberuflicher Musikjournalist tätig. 1998 wurde er am musikwissenschaftlichen Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen promoviert. Von 1999 bis 2005 war er wissenschaftlicher Assistent für Systematische Musikwissenschaft am musikwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg. Nach der Habilitation (2006) übernahm er eine Vertretungsprofessur für Theorie, Ästhetik und Geschichte der populären Musik an der Universität Paderborn, Studiengang Populäre Musik und Medien (2007/08). Lehraufträge führten ihn u. a. an die Universitäten Hamburg, Paderborn, Basel und Krems sowie an die Hochschule für Musik und Theater Hamburg. 2009 erhielt Martin Pfleiderer einen Ruf auf die Professur für Geschichte des Jazz und der populären Musik an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar.