Musikalisch oft top, die Inszenierungen eher naja: Die zu Ende gehenden Salzburger Festspiele haben 2013 unter Kritikern keine Begeisterungsstürme ausgelöst. Das Publikum sah das oft anders.
Wien - Bestenfalls viel ganz Nettes, aber wenig Erinnerungswürdiges stand 2013 auf den Bühnen der Salzburger Festspiele. So oder so ähnlich lautet das erste Urteil vieler Beobachter des weltberühmten Festivals. Offiziell laufen die Festspiele noch bis Ende August, doch alle Opern- und Schauspielpremieren sind vorbei. Abseits der Bühne sorgten allerlei Ränkespiele um Noch-Intendant Alexander Pereira, der nächstes Jahr an die Mailänder Scala wechselt, für Aufsehen.
Für viele Kritiker waren die Festspiele 2013 genau das, was solch ein hochkarätiges Festival eigentlich nicht sein darf: Mittelmäßig. Pereira setze zu sehr auf viele Veranstaltungen und bekannte Namen, er wage zu wenig, heißt es häufig. «In der Oper passen Musik und Szene nicht zusammen, im Theater wird zu viel gekuschelt», schreibt das Wiener Magazin «Falter». «Die Festspiele erscheinen heuer sehr brav, sehr absehbar: ein Programm ohne Eigenschaften», heißt es im Magazin «Profil». Das oft ältere und gut betuchte Publikum war von den häufig sehr konventionellen Inszenierungen jedoch meist angetan.
Bei den Opern gab es viel Lob für Musik und Sänger, aber eher durchwachsene Urteile für die Regie: Beispielsweise die von Stefan Herheim im Biedermeier-Märchenstil inszenierte Wagner-Oper «Die Meistersinger von Nürnberg» wie auch Peter Steins werkgetreu inszenierter «Don Carlo» fielen als ästhetisch, aber bieder und brav auf. Für die Opernrarität «Gawain» des Briten Harrison Birtwistle als Eröffnungsoper erhielten Regisseur Alvis Hermanis und Dirigent Ingo Metzmacher ein gespaltenes Echo. Mozarts «Così fan tutte» als letzte Premiere fiel durch: «Damit liegt Salzburg im Nirgendwo», titelte die Zeitung «Kurier».
Auch das Schauspielprogramm stieß auf wenig Gegenliebe: Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf setzte auf viel Mystisch-Märchenhaftes, «mehr für jedermann als für Spezialisten und Puristen», wie die österreichische Nachrichtenagentur APA schreibt. «Symptomatisch für diese Saison: So kindisch kann man gar nicht sein, um sich vom heurigen Salzburger Schauspielprogramm nicht unterfordert zu fühlen», beschwert sich «Profil».
So kam die «Jedermann»-Neuinszenierung auf dem Domplatz für viele zu spektakelig daher, Cornelius Obonya wird sicher nicht als Parade-Jedermann in die Festspielgeschichte eingehen. In der Nestroy-Zauberposse «Lumpazivagabundus» rettete ein starkes Schauspiel-Ensemble rund um einen grandiosen Nicholas Ofczarek Burgtheater-Chef Matthias Hartmann die bunt-oberflächliche Inszenierung. Kontrapunkt im Programm war Thalheimers düster-skelettiertes Schiller-Drama «Die Jungfrau von Orleans», was Kritiker gemischt bewerteten.
Viel Ränkespiel gab es neben der Bühne: Neben Forderungen der Wiener Philharmoniker um mehr Mitsprache und Intendanten-Spekulationen sorgte vor allem Sängerin Elisabeth Kulman mit ihrer «Art but fair»-Initiative für Aufsehen. Mit der Aktion setzt sich die Mezzosopranistin - in Salzburg im «Falstaff» zu hören - für zumutbare Bedingungen für Künstler im Kulturbetrieb ein. Die Festspiele kritisiert sie unter anderem wegen fehlender Probenhonorare und zu eng gesetzter Aufführungs- und Probentermine - sehr zum Ärger von Intendant Pereira. Unterstützung bekommt die streitbare Sängerin aber inzwischen auch von berühmten Kollegen wie Laura Aikin und von vielen Stimmärzten.
Miriam Bandar