Leipzig - Unter dem Titel «Schlachtfeld der Seele» hat ein ungewöhnliches Chorkonzert im Leipziger Gewandhaus Premiere. Die Texte der Musikstücke, die erstmals zur Aufführung kommen, basieren auf Erlebnisberichten von Bundeswehrsoldaten nach Auslandseinsätzen, wie Gewandhauschor-Leiter Gregor Meyer sagte.
Texte von Bundeswehrsoldaten über ihre Erfahrungen bei Auslandseinsätzen, die in Lyrik übertragen sowie anschließend von Leipziger Komponisten (nmz: Fredo Jung, Ekkehard Meister, Christoph Küstner, Franz Kaern und Gregor Meyer) vertont wurden und vom Leipziger Gewandhauschor vorgetragen werden: Die Ergebnisse dieses außergewöhnlichen Projekts sind am Samstag (7. Mai) im Leipziger Gewandhaus zu erleben. Mit «Schlachtfeld der Seele» ist überschrieben, was aus der gemeinsamen Arbeit von Soldaten und Künstlern entstanden ist.
«Angefangen hat alles im Herbst 2009», erinnert sich der Regisseur und Dramaturg Matthias Schluttig, der als Projektleiter verantwortlich zeichnet. Damals sei der Leiter des Gewandhauschors, Gregor Meyer, auf ihn zugekommen und habe ihm eine gemeinsame Arbeit vorgeschlagen. Ein soziokulturelles Projekt sollte es werden. «Wenn sich die Kunst in Lebensbereiche außerhalb der Kunst begibt und dort nach Botschaften sucht, die für die Öffentlichkeit interessant und wichtig sein könnten, nennt man das 'Soziokultur'», erläutert Schluttig. Dies habe für das Thema «Auslandseinsätze der Bundeswehr» schon damals gegolten, wenngleich im Herbst 2009 noch nicht von Kriegseinsätzen gesprochen wurde.
Vertrauen als Basis
Doch selbst wenn ein Thema bereits im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen ist, bleiben Informationen oft oberflächlich. «Was die Soldaten aber im Einzelnen erleben, wird nicht thematisiert», sagt Schluttig. Und genau hier setzt «Schlachtfeld der Seele» an: Die Soldaten sollten Einblick geben in das, was sie erlebten, was sie bewegte, was dies für sie bedeutete. Über Bundeswehr-Seelsorger wurde der Kontakt zu vier Soldaten hergestellt, die zum Teil mehrmals in Bosnien, im Kosovo und in Afghanistan im Einsatz waren. «Der Anlauf war sehr schwer, die Soldaten gingen nur zögerlich auf das Angebot ein, über ihre Einsätze zu sprechen», berichtet Meyer.
Doch als eine Vertrauensbasis geschaffen war, haben die Beteiligten nach Schluttigs Angaben zum Teil über Dinge gesprochen, über die sie sich zuvor noch nie geäußert hatten. «Durch die Arbeit an dem Projekt hat sich die Sichtweise der Beteiligten auf das eigene Leben verändert, haben sie jetzt ein anderes Verhältnis dazu, wie sie uns gesagt haben», so Meyer. «Die Kunst hat sich die Geschichten der Soldaten angeeignet und sie umgeformt», sagt Schluttig. Über die reine Information hinaus könnten durch die musikalische Umsetzung auch Emotionen transportiert werden. Die enge Zusammenarbeit mit den Komponisten, die selbst mit den Soldaten Kontakt hatten, machte es möglich, dass es sehr persönliche Emotionen sind.
«Bundeswehr in öffentlicher Wahrnehmung nicht präsent» Hauptmann Stefan Krug ist einer der Soldaten, die sich an dem Projekt beteiligt haben. Seine Motivation: Er will, dass die Bundeswehr in der Öffentlichkeit stärker präsent wird. Denn da gibt es seiner Ansicht nach große Defizite. «In der Bevölkerung weiß doch keiner, was wir machen, was wir mit uns herumschleppen», sagt er. Stets werde betont, dass die Bundeswehr ein Teil der Gesellschaft sei, die Realität sehe aber anders aus. Besonders stark vermisst Krug unter anderem die Identifikation der Bevölkerung mit der Bundeswehr. «Bei uns heißt es immer 'die Soldaten', während in anderen Ländern von 'unseren Soldaten' gesprochen wird», beklagt er. Durch seine Teilnahme an dem Projekt habe er etwas Positives für die Außenwirkung der Bundeswehr tun wollen. «Die Bundeswehr ist eine professionelle Armee, die Respekt verdient, weil es die Söhne und Töchter dieses Landes sind, die in ihr Dienst tun.»
Im Rahmen dieses Dienstes waren die Beteiligten im Ausland und die darüber entstandenen Texte und Kompositionen tragen Titel wie «360-Grad-Sicherung», «Der Schrei des Kindes» oder «Dialog mit dem Tod». Die Soldaten beschreiben darin den Alltag im Auslandseinsatz, der von reiner Routine über das Gefühl der ständigen Bedrohung bis hin zum Tod von Kameraden reichen kann. Die Beteiligten machten unterschiedliche Erfahrungen, die nun im «Schlachtfeld der Seele» zusammengetragen wurden.
Schlachtfeld der Seele, Chorkonzert, Gewandhaus zu Leipzig, Samstag, 7. Mai 2011, Eintritt 12 Euro.