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Tarifvertrag für Orchestermusiker nicht vor Gericht erzwingbar – heute bundesweiter Aktionstag der DOV – Bühnenverein hält dagegen

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Erfurt (dpa) - Orchestermusiker sind mit ihrer Forderung nach Abschluss eines Tarifvertrages zur automatischen Lohnanpassung an den öffentlichen Dienst vor dem Bundesarbeitsgericht gescheitert. Die obersten Arbeitsrichter wiesen am Mittwoch eine entsprechende Klage der Deutschen Orchestervereinigung zurück (4 AZR 173/12), wie eine Sprecherin des Gerichts mitteilte. Die DOV startet dazu heute einen bundesweiten „Aktions- und Warnstreiktag“

Der Abschluss eines solchen Tarifvertrages sei nicht auf dem Klageweg  durchsetzbar, urteilte der Vierte Senat. Eine Tarifpartei könne nur dann  gerichtlich zum Abschluss eines bestimmten Vertrages gezwungen werden, wenn es hierfür eine rechtlich verbindliche Verpflichtung gebe. Ansonsten bestehe  allenfalls ein Verhandlungsanspruch.

Seit 2010 schwelt ein Streit zwischen den Tarifparteien über die automatischen Anpassungen der Vergütungen von Orchestermusikern an das Lohnniveau des öffentlichen Dienstes. Die Orchestermusiker haben daher seit drei Jahren keine regulären Tariferhöhungen mehr erhalten. Nach Angaben der Deutschen Orchestervereinigung liegen die derzeitigen Vergütungen für die Staats- und Kommunalorchester bereits rund acht Prozent unter denen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.

Die Orchestergewerkschaft bedauerte die Entscheidung des Gerichts. Womöglich drohten jetzt jährlich massive Tarifkonflikte, erklärte der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung, Gerald Mertens. Er forderte die Arbeitgeber auf, durch einen Tarifvertrag endlich neue Lohntabellen abzuschließen, die alle prozentualen Erhöhungen von Ländern und Kommunen seit 2010 nachholten.

Der Deutsche Bühnenverein als Arbeitgeberverband kündigte nach dem Urteil für die knapp 8600 Orchestermusiker Tarifgespräche an, die bereits am kommenden Dienstag aufgenommen werden sollen. «Tarifverträge können nicht vor Gericht erzwungen werden, sondern müssen in Verhandlungen gestaltet werden», sagte der Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, der Nachrichtenagentur dpa. Diesen Verhandlungsspielraum habe das Gericht nun bestätigt. Das Volumen der Lohnerhöhungen sei nicht strittig, den Arbeitgebern gehe es vielmehr um Fragen der Umsetzung, sagte Bolwin. In den Tarifverhandlungen müssten auch Regelungen für die Nachzahlungen getroffen werden, die einige Häuser vor Probleme stellten. dpa

Am 1. Oktober 2013 beginnen in Berlin Tarifgespräche zwischen der DOV und dem Deutschen Bühnenverein, wie die Lohnabschlüsse des öffentlichen Dienstes rückwirkend seit 2010 auf die Staats- und Kommunalorchester übertragen werden. Für den heutigen Montag hat die DOV zu einem bundesweiten Aktions- und Warnstreiktag aufgerufen, bei dem es aber nicht nur um die Tarife geht:

„Das Maß ist jetzt voll“, ärgert sich DOV-Geschäftsführer Gerald Mertens. „Es muss endlich Schluss sein mit dem Orchester- und Musikerstellenabbau in Deutschland! Unser weltweit einmaliges Kulturerbe ist massiv gefährdet. Allein in den letzten 20 Jahren sind von ehemals 168 Orchestern 37 verschwunden. Tausende Arbeitsplätze für junge Musiker wurden vernichtet. Orchesterauflösungen und -fusionen haben noch 131 Orchester übrig gelassen. Weitere Orchester sind in ihrer Existenz akut bedroht. Auch hiergegen richtet sich der bundesweite öffentliche Protest. Wir sagen: Bis hierhin und nicht weiter!“

Rolf Bolwin, Direktor des Deutschen Bühnenvereins hielt dagegen:

„Warnstreiks sind zurzeit unzulässig und rechtswidrig, da sich die Musikergewerkschaft DOV über drei Jahre jeder Verhandlung verweigert hat. Dies gilt umso mehr, als die Behauptung der DOV nicht zutrifft, der Bühnenverein habe 2010 die Anpassung der Musikervergütungen an die Vergütungserhöhungen des Öffentlichen Dienstes ausgesetzt. Es war die DOV, die den Verhandlungstisch verlassen hat, um ein gerichtliches Verfahren einzuleiten, das sie in der vergangenen Woche vor dem BAG verloren hat. Die Verhandlungen über die Tarifanpassung werden am Dienstag, den 1. Oktober 2013, beginnen, nachdem die DOV nunmehr zu diesen Verhandlungen bereit ist.“

[update, 30.09.2013, 14:00 Uhr:]

Orchester protestieren gegen Lohnverzicht und Stellenabbau  

Berlin/Dresden (dpa) - Die deutschen Orchester blasen zum Protest: Bei bundesweiten Warnstreiks und anderen Aktionen haben am Montag Musiker gegen Stellenabbau und für Lohnerhöhungen demonstriert. Nach Angaben der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) beteiligten sich Musiker aus rund 100 staatlichen und kommunalen Klangkörpern. Hintergrund der Proteste sind die am Dienstag in Berlin beginnenden Tarifgespräche zur Übertragung der Lohnabschlüsse des öffentlichen Dienstes auf die Orchester. «Das Maß ist jetzt voll», erklärte DOV-Geschäftsführer Gerald Mertens. Ein weltweit einmaliges Kulturerbe sei massiv gefährdet.

Mertens verwies darauf, dass immer mehr Orchester auf Lohn verzichteten und seit 2010 von Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst vielerorts ausgenommen seien. Die DOV war in der vergangenen Woche mit der Forderung nach einer automatischen Tarifanpassung an den öffentlichen Dienst vor dem Bundesarbeitsgericht gescheitert. Der Deutsche Bühnenverein wies Anschuldigungen des DOV zurück: «Warnstreiks sind zurzeit unzulässig und rechtswidrig, da sich die Musikergewerkschaft DOV über drei Jahre jeder Verhandlung verweigert hat.» Die DOV habe den Verhandlungstisch verlassen, um ein gerichtliches Verfahren einzuleiten, welches sie nun verlor.

Auch deshalb gingen am Montag Tausende Musiker in ganz Deutschland auf die Straße. In Schwerin vertauschten Kollegen der Mecklenburgischen Staatskapelle ihre Instrumente mit Trillerpfeifen. Nach Angaben des DOV sollen die Schweriner auf 25 Prozent der Vergütung verzichten und von derzeit 68 Stellen auf 58 schrumpfen. In Chemnitz sieht es nicht besser aus. Dort sollen sich die 99 Musiker der Robert-Schumann-Philharmonie fortan 86 Stellen teilen. Laut DOV
drohen der Staatskapelle Halle und den Hamburger Symphonikern die Insolvenz. Die Anhaltische Philharmonie Dessau laufe Gefahr, abgewickelt oder in die Staatskapelle Halle eingegliedert zu werden.

Musiker der Staatskapelle Berlin reisten deshalb am Montag nach Dessau und spielten dort zum Zeichen der Solidarität gemeinsam mit ihren Dessauer Kollegen. Proteste gab es beispielsweise auch in Lübeck und Erfurt. In Dresden traten Musiker der Sächsischen Staatskapelle und der städtischen Philharmonie mit Kollegen aus anderen Orchestern der Region gemeinsam auf. Mit Fahnen, Plakaten und Blasmusik wurden Einwohner und Gäste der Stadt auf das Anliegen
eingestimmt. In Leipzig kamen etwa 100 Musiker des Gewandhausorchesters und der Musikalischen Komödie auf den Treppen des Opernhauses zusammen.

Auch die Flaggschiffe der deutschen Orchesterkultur beteiligten sich am Protest. Die Berliner Philharmoniker begannen ihren Probentag mit einer Kundgebung: «Denn auch wir tragen eine hohe Verantwortung für die Zukunft der Orchesterkultur in Deutschland», sagte Orchestervorstand Ulrich Knörzer. Sein Dresdner Kollege Bernward Gruner (Sächsische Staatskapelle) brachte es so auf den Punkt: Es gehe nicht nur darum, die großen Orchester zu erhalten, sondern auch die Basis. «Es genügen nicht die Leuchttürme allein. Es sind auch die anderen Seezeichen nötig, deren Licht zwar nicht so weit leuchtet, die vor Ort aber existenziell sind für Skipper oder Kapitäne.»

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