Leipzig - Das Bach-Archiv Leipzig erbt von einem US-Mäzen ein wertvolles Bach-Porträt. Es handelt sich um eines von nur zwei existierenden authentischen Porträts des Komponisten Johann Sebastian Bach (1685-1750). Das Gemälde habe einen Wert von 2,5 Millionen US-Dollar (rund 2,26 Millionen Euro), teilte das Bach-Archiv in Leipzig mit. Es befand sich seit 1952 im Besitz des US-Musikwissenschaftlers William H. Scheide.
PM des Bach-Archivs Leipzig
»BACH KEHRT NACH LEIPZIG ZURÜCK!«
Philanthrop William H. Scheide vererbt dem Bach-Archiv Leipzig das wohl berühmteste Komponisten-Portrait der Musikgeschichte
Nach 265 Jahren kehrt mit dem Bach-Portrait des Leipziger Kunstmalers Elias Gottlob Haußmann aus dem Jahr 1748 das bedeutendste Zeugnis der Bach-Ikonografie nach Leipzig zurück. Der amerikanische Philantroph Dr. William H. Scheide hatte an seinem 100. Geburtstag das Bach-Archiv Leipzig zum Erben dieses bedeutenden Schatzes seiner Sammlung bestimmt. Das Haußmann-Portrait ist das einzige authentische, nach dem Leben gemalte Bildnis Johann Sebastian Bachs.Der Präsident des Bach-Archivs Leipzig, Sir John Eliot Gardiner, wuchs im Angesicht dieses Bildes auf: »Das berühmte Haußmann-Gemälde wurde von seinem damaligen Eigentümer Walter Jenke, einem deutsch-jüdischen Flüchtling, meinem Vater über die Dauer des zweiten Weltkrieges anvertraut. In meiner Kindheit bin ich jeden Tag mehrfach an dem Bild vorbei gekommen. Das war genau die Zeit, in der ich die Bach Motetten auswendig singen lernte. Es ist für mich ergreifend und es fühlt sich so richtig an mitzuerleben, dass das Bild nach über 60 Jahren sein bisheriges Zuhause verlässt und aus dem Wohnzimmer des kürzlich verstorbenen, bedeutenden Bach-Forschers und großen Philanthropen William Scheide zurück nach Leipzig kommt.«
Aus Anlass der Eröffnung des Bachfestes Leipzig präsentiert Gardiner das Gemälde am 12. Juni in Leipzig erstmals der Öffentlichkeit, bevor es dauerhaft im Bach-Museum Leipzig gezeigt wird.
Am 14. November 2014 verstarb in seinem 101. Lebensjahr der amerikanische Musikwissenschaftler und Philanthrop Dr. William H. Scheide. Neben der Princeton University, der William H. Scheide seine Sammlung von Büchern und Handschriften hinterließ, bestimmte er am 6. Januar 2014, seinem 100. Geburtstag, das Bach-Archiv Leipzig als Erben eines der größten Schätze seiner Sammlung. Dank William H. Scheide kehrt das berühmte Bach-Portrait des Leipziger Malers Elias Gottlob Haußmann aus dem Jahr 1748, dessen Wert mit 2,5 Mio. $ beziffert wird, nach 265 Jahren nach Leipzig zurück. Das Portrait ist eine Ikone der Musikgeschichte, die wahrscheinlich jeder schon einmal gesehen hat, und laut Quellenlage die einzige verbindliche Abbildung des Komponisten. Sämtliche Bilder, die heute von Bach bekannt sind, gehen auf dieses Gemälde zurück.
Das Bild zeigt Johann Sebastian Bach im Alter von etwa 60 Jahren in förmlicher Pose. In der rechten Hand hält der Abgebildete ein Blatt mit dem »Canon triplex à 6 Voc: per J. S. Bach« als Hinweis auf die raffinierte Beherrschung seines Handwerks. Haußmann fertigte das Portrait in zwei Exemplaren aus. Das erste (datiert 1746) stammt vermutlich aus dem Erbteil Wilhelm Friedemann Bachs und wurde um 1800 von dem nachmaligen Thomaskantor August Eberhard Müller erworben, der später den Thomanerchor Leipzig zum Besitzer des Bildes bestimmte. Durch missglückte Restaurierungen und Übermalungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat dieses Exemplar stark gelitten - zahlreiche Details sind verloren und die Gesichtszüge Bachs sind unkonturiert und verschattet. Seit 1913 ist dieses Bild im Bach-Zimmer des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig zu sehen.
Wesentlich besser erhalten ist das zweite Original aus dem Jahr 1748. Dieses fasziniert durch seine strahlenden Farben und scharfen Konturen ebenso wie durch eine bewegende Geschichte. Das Bild von 1748 entstammt dem Erbteil von Carl Philipp Emanuel Bach und wurde einst als Teil der umfangreichen Portraitsammlung des zweitältesten Bach-Sohnes in Hamburg ausgestellt. Im Nachlassverzeichnis des »Hamburger Bach« aus dem Jahr 1790 wird es folgendermaßen beschrieben: »Bach (Johann Sebastian) Kapellmeister und Musik-Director in Leipzig. In Oel gemahlt von Haus-mann. 2 Fuß, 8 Zoll hoch, 2 Fuß, 2 Zoll breit. In goldenen Rahmen.«
Ab dem frühen 19. Jahrhundert war das Gemälde im Besitz der jüdischen Familie Jenke aus Breslau. Walter Jenke, Nachfahre der einstigen Käufer, musste in den 1930er Jahren aus Deutschland emigrieren. Um das Gemälde vor den Bombenangriffen zu schützen, bewahrte Jenke das Bild auf dem Landsitz der befreundeten Familie Gardiner in Dorset auf. Sir John Eliot Gardiner, der heutige Präsident des Bach-Archivs und einer der renommiertesten Dirigenten unserer Zeit, konnte so im Angesicht von Bachs Antlitz aufwachsen.
1952 erwarb der Bach-Forscher und -Sammler William H. Scheide aus Princeton/New Jersey das Bild bei einer Auktion. Scheide, der bereits im Bach-Jahr 1985 den Wunsch geäußert hatte, »sein Bach« möge eines Tages nach Hause zurückkehren, hatte dem Leipziger Bach-Archiv anlässlich seines Besuchs beim Bachfest Leipzig 2003 ein exklusives Vorkaufsrecht eingeräumt. Gemeinsam mit seiner Frau Judith bestimmte er schließlich das Bach-Archiv zum Erben des Bildes. Bill Scheide starb am 14. November 2014, als Mitglied des Kuratoriums gehörte er seit 2001 zu den großzügigsten und langjährigsten Förderern des Bach-Archivs Leipzig.
Am 29. April 2015 wurde das Bach-Portrait von E. G. Haußmann unter Anwesenheit von William H. Scheides Familie, dem Oberbürgermeister der Stadt Leipzig Burkhard Jung, dem Präsidenten des Bach-Archivs Sir John Eliot Gardiner und dem Direktor Professor Dr. Peter Wollny im Rahmen einer privaten Zeremonie feierlich im Haus der Scheides verabschiedet. Anlässlich der Eröffnung des Bachfestes Leipzig wird das Gemälde in der geschichtsträgen Nikolaikirche – einer der Hauptwirkungsstätten Johann Sebastian Bachs – erstmalig öffentlich in Leipzig präsentiert. Ab dem 13. Juni 2015 zieht das Bild dann in die Schatzkammer des Bach-Museums Leipzig, wo es von da an dauerhaft gezeigt wird.
Das Bach-Archiv Leipzig versteht sich als musikalisches Kompetenzzentrum am Hauptwirkungsort Johann Sebastian Bachs. Sein Zweck ist, Leben, Werk und Wirkungsgeschichte des Komponisten und der weit verzweigten Musikerfamilie Bach zu erforschen, sein Erbe zu bewahren und als Bildungsgut zu vermitteln. Die besondere Stärke des Bach-Archivs liegt in dem Perspektivenreichtum, den es im Zusammenwirken von Forschungsinstitut, Bibliothek, Bach-Museum, künstlerischem Betriebsbüro und Servicefunktionen auf eine der herausragenden Künstlerpersönlichkeiten der europäischen Kulturgeschichte richten kann. Präsident des Bach-Archivs Leipzig ist der britische Dirigent und Bach-Spezialist Sir John Eliot Gardiner.