Rom (dpa) - Es sind versöhnliche Worte, die zuletzt angeschlagen wurden. Etliche Jahre sind vergangen, seitdem der Stardirigent Riccardo Muti die Mailänder Scala zornig verlassen hat. Aber der Streit ist in die Geschichte des Opernhauses eingraviert. Nun, pünktlich zu seinem 75. Geburtstag am kommenden Donnerstag (28. Juli), stehen die Zeichen auf Versöhnung: Eine Ausstellung erinnert an die großen Momente Mutis an der Scala, an der er fast 20 Jahre musikalischer Direktor war.
Und kommendes Jahr wird die Rückkehr des Maestros groß gefeiert. Er wird im Januar 2017 in Mailand zwei Konzerte des Chicago Symphony Orchestra dirigieren, dessen Musikdirektor er seit 2010 ist.
«Die Rückkehr in diesen Saal ruft große Emotionen hervor, auch wenn ich keiner bin, der seine Gefühle zeigt: Im Guten wie im Schlechten habe ich der Scala, der Stadt und somit Italien viel gegeben», sagte der gebürtige Neapolitaner bei der Eröffnung der Ausstellung «Riccardo Muti - Gli anni della Scala» (Riccardo Muti - Die Jahre an der Scala) im Juni.
Die Jahre sind geprägt von großen Erfolgen, aber auch von großen Streitigkeiten. Vor mehr als zehn Jahren, 2005, verließ Muti das Opernhaus, dessen Musikdirektor er 19 Jahre lang war. Ein öffentliches Drama, das kaum besser inszeniert hätte sein können. Offiziell ging es um die Intendantennachfolge: Die Belegschaft lehnte den von Muti favorisierten Kandidaten Maurizio Meli ab und kehrte dem Meister anschließend den Rücken.
Muti ging im Zorn. Seine Ehefrau Cristina Mazzavillani sagte in einem Interview, er sei so verbittert gewesen, dass er nicht einmal mehr gewusst habe, ob er überhaupt noch arbeiten wolle. Muti hörte freilich nicht auf. Es folgten unter anderem Engagements in Salzburg und an der New Yorker Metropolitan Opera. In Chicago hat er einen Vertrag bis 2020. Heute hege er keinen Groll mehr gegen die Scala, sagte Muti kürzlich.
Der Meister - der auch schon die Berliner Philharmoniker, das London Philharmonic Orchestra, das Philadelphia Orchestra und die Wiener Philharmoniker dirigierte - polarisierte schon immer. Zu den größten Dirigenten der heutigen Zeit gehört er dennoch, oder gerade deshalb. Als «letzter Monarch unter den Dirigenten», «Präzisionsfanatiker», «Pultdiktator» oder «Feuerkopf» machte er sich einen Namen. Seine Körperhaltung, wenn er mit erhobenem Kinn den Taktstock erhebt, zeigt, dass er Gehorsam verlangt.
Auch seine Werktreue gilt als legendär. Über die Inszenierungen von Verdis «Rigoletto», «La Traviata» und «Il Trovatore» sagte Muti zum Beispiel einmal: «Hier werden wir uns nicht mit dem Tand zufriedengeben, den man in manchen Opernhäusern, wo Sänger und Dirigenten keinen Respekt vor dem Notentext haben, hören kann. Wir gehen zu dem zurück, was Verdi wirklich geschrieben hat.»
Überhaupt Giuseppe Verdi. Muti gilt als einer der besten Verdi-Dirigenten, als «King of Verdi» («New York Times»). «Ich versuche seit mehr als 40 Jahren seine Botschaft zu verstehen», erklärte der Dirigent dazu.
In die Geschichte eingegangen ist eine Aufführung an der Oper Rom, bei der Muti das Publikum auffordert, «Va, pensiero», den Gefangenenchor aus Verdis «Nabucco», mitzusingen. Damit wollte er die Italiener in der Wirtschaftskrise 2011 motivieren, «damit unser schönes Vaterland nicht verloren sei», die Kultur Italiens geschützt werde. Es flossen Tränen der Ergriffenheit.
Seinen 75. Geburtstag feiert Muti auch mit Verdi. in Ravenna will er in der Riccardo Muti Italian Opera Academy dem Dirigenten-Nachwuchs den großen italienischen Komponisten (1813-1901) näher bringen.