München/Neu Delhi - Positive Nachrichten aus dem krisengeschüttelten Kaschmir: Zum wohl ersten Mal spielt dort ein westliches Orchester. Anfang September reist das Bayerische Staatsorchester nach Indien - am Pult steht Zubin Mehta.
Das Bayerische Staatsorchester gibt unter dem indischen Dirigenten Zubin Mehta ein Konzert in der krisengeschüttelten Kaschmir-Region - als wohl erstes westliches Orchester überhaupt. Der deutsche Botschafter in Indien, Michael Steiner, sprach am Donnerstag von einem «historischen Ereignis». Das Friedenskonzert soll am 7. September im indischen Srinagar in der umstrittenen Grenzregion zu Pakistan stattfinden. «Wir sind nur Musiker, wir können die Grenzen nicht ändern, aber wir können Leute zum Lächeln bringen», sagte Mehta im dpa-Interview.
Im berühmten Shalimar Bagh, einem historischen Mogul-Garten von Srinagar, will das Orchester vor 1500 Gästen Werke von Beethoven, Haydn und Tschaikowski spielen. Auf dem Programm stehen die Ouvertüre «Leonore Nr. 3» aus Beethovens einziger Oper «Fidelio», Joseph Haydns Konzert für Trompete Es-Dur, Tschaikowskis Konzert für Violine D-Dur sowie Beethovens 5. Symphonie. Eingeladen sind Menschen aus allen Bevölkerungsschichten, Hindus wie Muslime.
Musik könne «inneren Frieden» bringen, sagte Mehta. Der sei auch wichtig, nicht nur der Frieden auf dem Papier. «Man darf die Kraft der Musik nicht unterschätzen. Ich habe das so oft erlebt, das ist kein Klischee, das wirkt.» Das mehrheitlich muslimische Kaschmir ist seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1947 zwischen Pakistan und Indien umkämpft. Im indischen Teil kämpfen muslimische Extremisten für die Unabhängigkeit oder den Anschluss an Pakistan - die Bewohner leiden immer wieder unter Ausbrüchen von Gewalt und Ausgangssperren.
«Musik ist eine universelle Sprache, sie verbindet Menschen und überwindet geografische und kulturelle Grenzen», sagte auch Botschafter Steiner. Ursprünglich hatten die Pläne für das Konzert bereits Anfang des Monats öffentlich gemacht werden sollen. Doch nach dem gewaltsamen Tod von fünf indischen Soldaten in der Region und anhaltenden Spannungen zwischen den beiden Atommächten war die Ankündigung verschoben worden. Steiner betonte, dies sei kein politisches, sondern ein rein kulturelles Ereignis.
Nach dem Auftritt in Kaschmir gibt das Staatsorchester zwei Konzerte in Mumbai. «Die Musiker des Bayerischen Staatsorchesters sehen es als eine Auszeichnung an, das - nach Recherchen der Botschaft in Indien - erste westliche Orchester sein zu dürfen, das in der Region Jammu & Kaschmir gastieren wird», sagte Opernintendant Nikolaus Bachler. Für die Staatsoper ist es das erste Gastspiel in Indien. «Dass dies im Heimatland und zusammen mit dem langjährigen Bayerischen Generalmusikdirektor Zubin Mehta passiert, macht dieses Gastspiel noch kostbarer. Das gesamte Haus, die Musiker und ich freuen uns auf diese kulturelle Begegnung.»
Die Idee für das Konzert-Projekt entstand im Juli vergangenen Jahres, als Botschafter Steiner Zubin Mehta in New Delhi das Große Bundesverdienstkreuz verlieh. Sowohl das Orchester als auch Mehta, der von 1998 bis 2006 Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper war und bis heute ein enges Verhältnis zu dem Orchester pflegt, verzichten auf ihre übliche Gage.
[update, 27.8.]
Der Bayerische Rundfunk überträgt das Konzert des Bayerischen Staatsorchesters in Kaschmir live. Am 7. September werden die Musiker in den kaiserlichen Gärten von Srinagar in der Krisenregion auftreten. zum Livestream
Großmufti gegen Konzert des Bayerischen Staatsorchesters
Neu Delhi - Der oberste muslimische Kleriker im indischen Teil von Kaschmir hat sich gegen das geplante Konzert des Bayerischen Staatsorchesters in Srinagar ausgesprochen. Großmufti Bashiruddin Ahmad appellierte an den deutschen Botschafter in Indien, Michael Steiner, das Geld solle lieber für Bildung und Gesundheitsfürsorge in der krisengeschüttelten Region ausgegeben werden. Das berichtete die indische Nachrichtenagentur IANS am Dienstag. Steiner hatte in der vergangenen Woche betont, dies sei kein politisches, sondern ein rein kulturelles Ereignis.
«Ich persönlich denke, dass eine solche Musik-Show das falsche Signal aussendet, nämlich dass die Menschen von Kaschmir wohlhabend sind und die Muße haben, an solchen hochkarätigen Veranstaltungen teilzunehmen», sagte der Mufti laut IANS. Zuvor hätten sich bereits der Separatistenführer Syed Ali Geelani sowie der religiöse und politische Führer im Kaschmir-Tal, Mirwaiz Umer Farooq, gegen das Friedenskonzert ausgesprochen.
Im indischen Teil Kaschmirs kämpfen muslimische Extremisten für die Unabhängigkeit oder den Anschluss an das Nachbarland - die Bewohner leiden immer wieder unter Ausbrüchen von Gewalt und Ausgangssperren.