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Neubrandenburg liegt nicht in Brandenburg

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Mit üppigem Rahmenprogramm empfiehlt sich die Region den Teilnehmern am Bundeswettbewerb
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Marga Levenhagen, die Leiterin des Kulturamtes, sieht das ganz pragmatisch: „Im Laufe der zehn Tage stellen wir so viel auf die Beine, danach wissen garantiert alle, wo Neubrandenburg liegt.“ Und dann erzählt sie schmunzelnd, dass man bereits einmal eine Schlagernacht in Neubrandenburg absagen musste, weil der Star des Abends irrtümlich nach Brandenburg gefahren war. Die Stadt Neubrandenburg also liegt im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und ist zusammen mit Neustrelitz Gastgeberin für den 48. Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“. Und dass die „Musikregion Neubrandenburg/Neustrelitz“ den „Jugend musiziert“-Teilnehmern und sonstigen Schlachtenbummlern unvergesslich und in bester Erinnerung bleiben soll, daran planen die Stadtverantwortlichen seit Monaten.

Gewiss wird sich mancher Teilnehmer fragen, weshalb man denn den Austragungsort für den Bundeswettbewerb unbedingt so weit im Norden wählen musste. Nun ist das aber eine höchst relative Frage, denn wer aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Berlin kommt, für den ist die Anreise kaum mehr als ein Katzensprung. Und dem Einwand, die meisten Teilnehmer kämen eben aus dem Süden, kann man augenblicklich mit zwei Argumenten begegnen: Ers-tens sind die Gastgeberstädte und die Bundesländer, in denen sie liegen, an der Finanzierung eines Bundeswettbewerbs jedes Mal beteiligt, und es gebietet schon die Gerechtigkeit, die finanziellen Lasten von rund 1,2 Millionen Euro, die die Durchführung des Bundeswettbewerbs durchschnittlich kos-tet, gleichmäßig auf allen Schultern zu verteilen. Zum zweiten ist es nicht minder gerecht, ein kulturpolitisches Ereignis von bundesweiter Bedeutung auch in wechselnden Bundesländern gastieren zu lassen.

Indessen ist man in Neubrandenburg/Neustrelitz über die Bewerbungsphase längst hinaus. Sie liegt mehr als acht Jahre zurück. Die Bedingungen für eine Gastgeberschaft der kreisfreien Stadt Neubrandenburg und des Landkreises Mecklenburg-Strelitz, die die Stadt Neustrelitz übernahm, waren mehrmals eingehend geprüft worden: Gibt es genug Räumlichkeiten für die Wertungsspiele, gibt es Überäume, Übernachtungsquartiere für die Teilnehmer, einen geeigneten Ort für die Preisträgerkonzerte? Welchen finanziellen und auch personellen Beitrag sind Gastgeberstadt und Landkreis zu leisten in der Lage? Verträge und Absprachen sind seit rund zwei Jahren bereits verbindlich geschlossen. Ein eigens eingerichteter Planungsbeirat unter dem Vorsitz der Landtagspräsidentin, mit Kultusminister Henry Tesch und Vertretern der kulturellen und touristischen Spitzenorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern, hatte in turnusmäßigen Sitzungen zusammen mit der Projektleitung von „Jugend musiziert“ alle logistischen, technischen und finanziellen Details erörtert. Die Städte sind bes-tens für den Wettbewerb gerüstet und warten auf den Startschuss. Die Tore für die rund 2.200 zu erwartenden Teilnehmer zu öffnen, ist allerdings die leichteste Übung, nicht zuletzt für die „Vier-Tore-Stadt“ Neubrandenburg, als Gastgeber ist das eine Selbstverständlichkeit, aber die Städte wollen mehr!

Alle Kultureinrichtungen machen mit

66.000 Einwohner hat das fast 800 Jahre alte Neubrandenburg, es ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Ostmecklenburg-Vorpommerns. In der kreisfreien Stadt zählen Verwaltung und Dienstleistung zu den größten Arbeitgebern, dies und eine Reihe von Bildungseinrichtungen, bis hin zu einem Spezialgymnasium für Leistungssport und ein Standort der Bundeswehr für Militärmusik ziehen Tag für Tag weitere tausende von Pendlern in die Stadt. Neubrandenburg ist stolz auf sein vielfältiges Kulturleben: ein Symphonieorchester, eine Kunstsammlung, ein Multiplex-Kino, ein Theater, eine Ballettkompanie, eine große Musikschule mit je einem Zentrum in Neubrandenburg und Neustrelitz, dazu eine Reihe von Architekturdenkmälern und nicht zuletzt die Schlösser, Landschaftsgärten und Seen der Umgebung. Neustrelitz, das 1733 als Residenzstadt der Herzöge von Mecklenburg-Strelitz gegründet wurde, wartet mit einer spätbarocken Stadtanlage auf, die in ihrer Art in Europa einmalig ist.

Nun, da „Jugend musiziert“ in der Region zu Gast ist, haben beide Städte den Ehrgeiz, sich in ihrer ganzen Vielfalt zu präsentieren. Alle Institutionen, Vereine, Initiativen stellen für die acht Wettbewerbstage ein attraktives Programm zusammen und haben nichts Geringeres im Sinn, als den Gäs-ten von nah und fern einen unvergesslichen Aufenthalt, ja ein wahres Kulturfestival zu bieten. Da zeigt das Kino von 10. bis 17. Juni kurzerhand Musikfilme, die Kunstsammlung Neubrandenburg lädt zu einer Ausstellung mit dem Titel „Von Assig über Falke und Uecker zu Zeniuk“ ein und zeigt die Preisträgergrafiken für „Jugend musiziert“ seit 1994 (siehe auch nmz 04/2011), der Philharmonische Chor lädt zum Sommernachtskonzert, Perkussionsensembles begleiten musikalisch ein Feuerwerk, das den Gästen zu Ehren am 11. Juni entzündet wird. Stadtbesichtigungen im Gewand his-torischer Persönlichkeiten wie dem niederdeutschen Dichter Fritz Reuter, Stadtführungen zur Backsteingotik, naturkundliche Ausflüge stehen ebenso auf dem Programm wie geführte Wanderungen zu Fuß und mit dem Fahrrad durch die Landschafts- und Schlossgärten der Umgebung.

Die Militärmusik Neubrandenburg wird einen facettenreichen Auftritt haben: Ihr Blasmusikcorps gibt ein Open-Air-Konzert, ein Orgel- und ein Chorkonzert mit Solisten aus den eigenen Reihen ist ebenfalls angekündigt. Ein achttägiges Animationsprogramm ist das, das fast keine Wünsche offen lässt, und wer in all dem Trubel und Zerstreuung die Ruhe sucht, der ist eingeladen in die „Jumu-Lounge“, die die Stadt in der Stadthalle einrichten wird.

Ein besonderer Tag im Leben

Auf eindrucksvolle Weise wird hier sichtbar, was „Jugend musiziert“ schon immer möchte, viele Jahrzehnte war und trotz hoher Teilnehmerzahlen und knapper öffentlicher Kassen gerne wieder verstärkt sein will: ein Festival, gestaltet für all die jungen Leute, für die die Qualifikation für den Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ ein besonderes Ereignis in ihrem Leben ist.

„Jugend musiziert“ sagt den Verantwortlichen in Stadt und Landkreis tiefen Dank für ihren Einsatz und verspricht: Er ist nicht umsonst erbracht! Keiner der rund 3.500 Gäste wird anschließend jemals Brandenburg und Neubrandenburg verwechseln, die Natur- und Kulturschönheiten werden bundesweites Gesprächsthema sein. Verborgen bleiben den Besuchern allerdings die Qualitäten des Schauspielhauses, des Landestheaters Neustrelitz und der Deutschen Tanzkompanie. Die drei Institutionen haben nämlich ihre Räumlichkeiten für die Wertungsspiele zur Verfügung gestellt, die Ensembles sind auf Tournee oder genießen ein paar freie Tage.

Angesichts des üppigen Kulturpakets, das Neubrandenburg und Neustrelitz für „Jugend musiziert“ geschnürt haben, darf man sich sogar für ihre Abwesenheit bedanken. 

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