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Die Grafik zeigt eine Meerjungfrau auf einer Blau-Gelben Schallplatte. Die Meerjungfrau erinnert gleichzeitig an einen Plattenspieler und der innere gelbe Kreis der Schallplatte an eine Sonne.

Grafik: DTKV

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Schokolade für die Ohren

Untertitel
Das Radio Café Zimmermann spielt täglich Werke aus fünf Jahrhunderten
Vorspann / Teaser

Das Radio Café Zimmermann, das nach dem einstigen Café Zimmermann in Leipzig benannt ist, ist ein privat finanzierter, kostenfreier Webradiosender und sendet rund um die Uhr aus München Musik von der Renaissance bis in die Gegenwart. Das abwechslungsreiche musikalische Programm wird täglich von der Gründerin, Geschäftsführerin und Betreiberin Gergana Lüth erstellt und aktualisiert. Das Repertoire besteht dabei aus bekannten und weniger bekannten Werken in möglichst vielen verschiedenen Interpretationen. In einem Gespräch erzählt Gergana Lüth über die Entstehung und den Radiobetrieb des Café Zimmermann.

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Kaffee­haus als Ort öffentlicher klassischer Konzerte

In der bekanntesten Prachtstraße der Stadt Leipzig im frühen 18. Jahrhundert – der Katharinenstraße – befand sich im Haus Nr. 14 ein von dem aus Dresden stammenden Cafétier Gottfried Zimmermann betriebenes Kaffeehaus, besser bekannt als Café Zimmermann. Kaffeehäuser dienten in diesen Zeiten neben dem Genuss einer ausgesprochen populären Kaffeekultur oftmals als Treffpunkte für gehobene Gesellschaftsschichten sowie für Autoren, Künstler und Musiker. Das Zimmermann’sche Kaffeehaus fungierte als Gastgeber für Konzerte, die einem bürgerlichen Publikum zugänglich gemacht wurden. Gottfried Zimmermann stellte die Räumlichkeiten seines Cafés den musikalischen Ensembles der Stadt – wie dem Leipziger Collegium Musicum, das zu Beginn von Georg Philipp Telemann und von 1729 bis 1739 von Bach geleitet wurde – von 1720 bis zu seinem Tod im Jahr 1741 kostenfrei zur Verfügung. Das Publikum musste ebenfalls keine Eintrittsgebühr bezahlen, denn das Kaffeehaus finanzierte sich über die Einnahmen aus dem Kaffee-Konsum der Gäste. Viele Kammermusikwerke, Instrumentalkompositionen und weltliche Kantaten wurden im Rahmen zweistündiger Konzerte aufgeführt, die auch Frauen besuchen durften, denen sonst das Betreten von Kaffeehäusern im 18. Jahrhundert untersagt war. In einem Dokument des von Bach geleiteten Collegium Musicum wird in der Rubrik Übungszeiten festgehalten, dass das Collegium Musicum in der „Winters-Zeit Freytags […], Abends von 8. Biß 10. Uhr“ im Kaffeehaus, in der Sommerzeit dagegen in Zimmermanns Kaffee-Garten mittwochs zwischen 16 und 18 Uhr auftrat. Bachs weltliche Kantate „Schweigt stille, plaudert nicht“ (BWV 211) aus dem Jahr 1734, die auch unter dem Namen „Kaffeekantate“ bekannt ist, entstand in der Absicht, diese im Zimmermann’schen Kaffeehaus aufzuführen.

Gründung und Konzept von Radio Café Zimmermann

Das Konzept von Radio Café Zimmermann ist aus dem des Zimmermann’­schen Kaffeehauses abgeleitet: die Möglichkeit des kostenfreien Zugangs zu klassischer Musik für alle als musikalischer Genuss für den Alltag. Lüth führt hierzu aus: „Ich freue mich über jede Begeisterung für klassische Musik. Mein großer Wunsch wäre, dass klassische Musik im Alltag von etwas mehr Menschen präsenter wird. Ich möchte den Zugang zur Klassik so weit wie möglich erleichtern und stelle mir vor, dass man Radio Café Zimmermann auch in Cafés, Lokalen oder Ladengeschäften hören kann und somit Menschen, die bisher keinen Draht zur Klassik hatten, die Möglichkeit geben könnte, diese Musik in einer Alltagssituation zu erleben.“ Betrieben wird das von Lüth gegründete Internetradio seit 2018 aus München. Radio Café Zimmermann mache es möglich, dass „klassische Musik rund um die Uhr, jederzeit und überall zu hören ist“. Die Gründungsidee sei dabei aus Lüths persönlicher Liebe zur klassischen Musik, die im öffentlichen Radiobetrieb nicht mehr in ausreichender Häufigkeit zu hören sei, entstanden: „Der Grund, warum es Radio Café Zimmermann überhaupt gibt, ist, dass ich die Klassik, die ich gewohnt war, im Radio immer mehr vermisst habe. Es blieb mir nichts anderes übrig als einen eigenen Klassiksender zu gründen.“ Anders, als man es aus den öffentlichen Radiosendern kenne, sendet  Radio Café Zimmermann Musikbeiträge ohne Werbung, Moderation oder jegliche Gesprächsteile. „Das ist, weil ich eine ganz bestimmte Vorstellung davon habe, was ich wann und für wie lange hören möchte“, beschreibt Lüth, „außer gelegentlichen kurzen Jingles wie zum Beispiel ‚Café Zimmermann – Schokolade für die Ohren‘ oder ‚Café Zimmermann – Die tägliche Portion Klassik‘ gibt es keine Textbeiträge und natürlich keine Werbung.“

Betrieb und Gestaltung: Unbegrenzter Zugang zur klassischen Musik und unterbrechungsfreier Musikgenuss

Zur Programmauswahl erläutert Lüth: „Ich erstelle selbst täglich ein neues Musikprogramm, je nach Tages- und Jahreszeit. Es ist das, was mir persönlich gefällt. Das Repertoire wird laufend mit bekannten sowie weniger bekannten Werken erweitert, und diese in möglichst verschiedenen Interpretationen. Ich werde es ganz unbescheiden, frei nach Marcel Reich-Ranicki, so beschreiben: ‚Nicht alles, was gut ist, kann auf Radio Café Zimmermann laufen, aber das was läuft, ist gut.“ 

„Einen Internetsender zu betreiben, ist eine wunderschöne Arbeit, verlangt aber neben viel Zeit auch viel Geld“, antwortet Lüth auf die Frage zu den technischen, finanziellen und rechtlichen Hintergründen des Streams. „Zur Finanzierung gehören laufende Gebühren für GEMA, Verwertungsgesellschaft, Internetanbieter, Webseitenhosting, Streamingdienst und die Technik im Gesamten, um nur die Wesentlichen zu nennen.“ Trotz der entstehenden Kosten betont Lüth, dass der kostenfreie Zugang ihr am Herzen liege, um eine unbegrenzte Nutzung und ein unterbrechungsfreies Hör­erlebnis für alle zu ermöglichen: „Dabei möchte ich, dass Radio Café Zimmermann kostenlos bleibt und ganz ohne Werbung auskommt. Das Radio finanziert sich ausschließlich aus freiwilliger Unterstützung und ich setze darauf, dass dieses Konzept aufgeht.“ Die Unterstützung bestehe in diesem Fall nicht nur in Form von Geldbeiträgen. Das Bereitstellen des musikalischen Programms des Radiosenders werde durch Unterstützungen wie Spende von CD-Sammlungen ermöglicht: „Ich habe mich ganz besonders über die Schenkung einer umfangreichen CD-Sammlung von einem großartigen Klassikkenner gefreut. Jeder Mensch hat seine ganz speziellen Vorlieben und für mich ist diese CD-Sammlung auch nach Jahren eine wahre Schatztruhe und eine große Quelle an Ideen, auf die ich sonst nicht gekommen wäre. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie viel Zeit allein das braucht, aus kistenweise CDs die Titel zu finden, die ich für das Radio gebrauchen kann. Das ist oft nur ein Titel von der gesamten CD.“

Aufrechterhaltung des klassischen Musikbetriebs

Den Zusammenhang zwischen dem Deutschen Tonkünstlerverband und dem Radio sieht Lüth in dem gemeinsamen Interesse an der Aufrechterhaltung und Verbreitung der klassischen Musik sowie des Konzert- und Musikbetriebs: „Je mehr Menschen klassische Musik kennen lernen, desto besser stehen die Chancen, dass sie auch eine Klassik-Veranstaltung besuchen. Gerade das käme all jenen zugute, deren Interessen Sie als Deutscher Tonkünstlerverband vertreten. Insofern ziehen wir beide am gleichen Strang“. Dabei betont sie die Wichtigkeit von Musik im Alltag: „Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass klassische Musik die größte Selbstverständlichkeit ist und sehr wohl in den Alltag passt. Das liegt sicher an den Menschen, mit denen ich aufgewachsen bin. Für sie hat klassische Musik eine sehr wichtige Rolle im Leben gespielt, vielleicht sogar die wichtigste.“ Lüth bedankt sich herzlich für das aufrichtige Interesse an Radio Café Zimmermann. Das Internetradio kann unter folgendem Link gestreamt werden: http://www.radio-cafezimmermann.de/. Ebenfalls befinden sich hier nähere Informationen, ein Reserve-Streamlink sowie die Möglichkeit zur Unterstützung des Radio Café Zimmermann.

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