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Also, Gitarre spielen kann Michel Sajrawy. Locker und wieselflink gleitet seine Linke über den Hals der rotweißen Stratocaster. Foto: Ssirus W. Pakzad
Also, Gitarre spielen kann Michel Sajrawy. Locker und wieselflink gleitet seine Linke über den Hals der rotweißen Stratocaster. Foto: Ssirus W. Pakzad
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Endlich: Keine Spannungen im Nahen Osten – Michel Sajrawy spielte zum Auftakt des 7. BMW Welt Jazz Awards

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Eine Erfolgsgeschichte wird fortgeschrieben: der „BMW Welt Jazz Award“ ist längst zu einer Institution geworden. Der hochdotierte Wettbewerb, der diesmal „Playing My Guitar“ überschrieben ist, geht 2015 bereits in die 7. Runde. Für den ausgesprochen flauen Auftakt sorgte im wie immer proppenvollen Doppelkegel der Palästinenser Michel Sajrawy.

Also, Gitarre spielen kann Michel Sajrawy. Locker und wieselflink gleitet seine Linke über den Hals der rotweißen Stratocaster. Mühelos finden die Finger Kleinst-Intervalle, Skalen und Verzierungen, die die nahöstliche Herkunft des palästinensischen Christen mit israelischem Pass verraten. Das Problem mit der Musik des Mannes aus Nazareth: obwohl er in London einst Komposition studierte, ist er ein lausiger Schreiber. Seine Stücke kommen ohne innere Reibung aus, wirken wie am Reißbrett entworfen oder aus dem Baukasten zusammengesetzt: es gibt keinerlei organische Verbindung zwischen Orient und Okzident, zwischen dem von ihm immer wieder zitierten Jazzrock und der Ornamentik/ Melodik seiner multikulturellen Heimat. Dabei vertragen sich die beiden Welten, die er vergeblich einander anzunähern versucht, durchaus – die jüngere Jazzgeschichte hält etliche reizvolle, plausible Beispiele bereit (etwa von Rez Abassi oder Amir ElSaffar).

Nur in kurzen Rubato-Passagen weiß Michel Sajrawy zu überzeugen. Wehe aber seine Stücke kriegen Struktur oder Rhythmus. Wenn er taktweise mal einen unerwarteten Kurs einschlägt und eine seiner Kompositionen aufbricht, wirkt das wenig überraschend oder originell, sondern eher etwas arg bemüht. Letztendlich werden immer nur Klischees aus der Fusion-Musik aneinandergereiht und vermeintlich nahöstlich eingefärbt. Zwischendurch tönt es auch noch unreflektiert kitschig.

Das alles wäre vielleicht noch zu ertragen, wenn das Trio, mit dem der Gitarrist extra aus Israel anreiste, die offensichtlichen künstlerischen Defizite mit entsprechendem Dampf wettmachen würde. Aber nichts da. Die drei Musiker bauen keinen Druck auf, grooven nicht für zwei Schekel, klingen immer recht gleichförmig, sind vollkommen harmlos und brauchen keine halbe Stunde, um schon mächtig zu langweilen. Selten so ein ödes Auftakt-Konzert beim BMW Welt Jazz Award erlebt. Der Zyniker sagt: Endlich! Keine Spannungen aus dem Nahen Osten zu vermelden.

Man braucht kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass das Michel Sajrawy Trio mit dem Ausgang dieses Wettbewerbs nichts zu tun haben wird – denn in den nächsten Doppelkegel-Matinee-Konzerten folgen ganz andere Kaliber. Kommenden Sonntag (25.1.) etwa präsentiert sich „FAT“, das Wiener Trio des in den USA lebenden österreichisch-tschechischen Gitarren-Virtuosen Alex Machacek.

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