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Der Frankfurter Musikmesse. Auch eine Art Club. Foto: Hufner
Die Frankfurter Musikmesse. Auch eine Art Club. Foto: Hufner
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Eskalation oder Mummenschanz – Der Streit zwischen GEMA und Clubs erreicht neuen Höhepunkt

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… oder Tiefpunkt, je nach Blickwinkel. Als Anfang April die GEMA ihre neuen Tarife für den Veranstaltungsbereich aufstellte und bekanntgab, konnte niemand ahnen, dass ein Bereich der Veranstaltungen mit Musik über die Maßen unzufrieden sein würde. Und wie es aussieht ist es tatsächlich nur ein Bereich. Clubs und Diskotheken befürchten eine Kostenexplosion, die ihren Betrieb lahm zu legen droht, vertraut man ihren Andeutungen. Hier in Berlin ist der Lärm besonders groß – hier sitzen viele Clubs. Höhepunkt soll sein eine über mehrere Städte verteilte Demo der Clubs. Dagegen an tritt die GEMA mit Infoveranstaltungen in mehreren Städten. Zu letzteren muss man sich akkreditieren lassen, die Demos sind offen für alle.

Was ist Kern des Streits? Die Sache ist so einfach, dass man sie gar nicht ansprechen möchte. 10 Prozent von den Einnahmen an der (Abend-)Kasse bei Veranstaltungen mit Musik (nicht Konzerten) sollen an die GEMA abgeführt werden und den Urhebern (bestenfalls denen, die dort gespielt wurden) zugutekommen. Für manchen Veranstalter und Veranstaltungen bedeutet dies eine Entlastung, für manche nicht. Sie befürchten Kostensteigerungen in dem Bereich in gerade astronomischer Höhe. Die GEMA antwortet lapidar: Dann habe man eben früher viel zu wenig bezahlt. Und das mag sogar stimmen. Die GEMA wirft den Verbänden, die die Tarife mit der GEMA abstimmen sollten, vor, sie hantiere mit absurden Rechenbeispielen. Auch das mag stimmen. Andererseits ist die GEMA seit Wochen nicht in der Lage, mir und der nmz Informationen zur Konstruktion und Folgenabschätzung bereit zu stellen, so dass der Verdacht nahe liegt, man habe bis zu einem bestimmten Punkt einfach ins Blaue hineingerechnet. 

Verdeckte Interessen

Wo auf beiden Seiten mit so wenig Offenheit agiert wird, fällt es schwer, Position zu beziehen. Eigentlich möchte man beide Parteien ein bisschen in eine Zelle einsperren ohne Brot und Wasser, bis sie sich geeinigt haben, statt in der Öffentlichkeit um Aufmerksamkeit zu buhlen und die jeweiligen Mitläufer dumm zu machen. Der Schaden für beide Parteien ist nicht zu unterschätzen.

In dem Zusammenhang missglückte zudem eine Informationsmail der GEMA-Marketing-Abteilung an die eigenen Mitglieder, in der man bedauerte, rechtlich nichts gegen die Demos unternehmen zu können: „Ein rechtliches Vorgehen der GEMA dagegen ist – auch wenn von den Organisatoren vielfach mit falschen und polemischen Behauptungen gearbeitet wird – aufgrund des grundgesetzlich gewährleisteten Versammlungsrechts nicht möglich.“ (Quelle: Mail der GEMA an ihre Mitglieder) Das ist leider nur peinlich, nicht weniger – eher mehr. 

Dass man versuchen will, die Diskussion zu steuern, über alle Kanäle der Kommunikation, ist verständlich, wie man es formuliert, ist aber schädlich: „Wir bereiten uns kommunikativ sowie medial darauf vor – im Vorfeld über Interviews, Statements und lancierte Medienberichte und ein Schreiben an die Diskotheken- und Clubbetreiber. Am Tag selbst laden wir die Presse in alle Bezirksdirektionen und Generaldirektionen zu einem Gespräch ein. Die Dynamik in den Social-Media-Kanälen verfolgen wir mit einem erweiterten Backup-Team, das hier schnell und schlagkräftig posts und tweets kommentiert und die Diskussion rund um die Demo sachlich steuert.“ (Quelle: Mail der GEMA an ihre Mitglieder) Ist man nun wirklich schon wieder im Krieg, im Medienkrieg? Liegen die Nerven blank?

Die Nerven liegen blank

Offensichtlich. Denn umgekehrt gehen zahlreiche Politiker auf Landesebene gehen die Tarifreform der GEMA in Stellung. SPD und Linke in Brandenburg fordern eine Aussetzung bzw. Rücknahme – in Berlin gibt es ähnliche Initiativen, der Ministerpräsident von Niedersachsen ebenso. Die Liste wird länger und länger – die Argumente bleiben jedoch dümmlich, weil sie den Kern des Tarifs nicht berücksichtigen. Und der ist so simpel wie oben erwähnt! Ist es legitim und gerecht, 10 Prozent der Kasseneinnahmen einer Veranstaltung für die Urheber der gespielten Musik zu verlangen – und zwar unabhängig von Raumgröße und anderen merkwürdigen Berechnungssystemen?

Aber einen weiteren Fehler begeht die GEMA: Sie hatte die Absicht die Tarife zu vereinfachen und zu bereinigen. Zwei Maßstäbe sollten gelten: Raumgröße und Eintrittspreis. In 100 Quadratmeterschritten, das eine, in Euroschritten das andere. Sie nennen es Linerarisierung. Aber warum macht man es dann nicht wirklich linear und präzise? Verkomplizieren würde es die Sache für die Nutzer nicht.

Vereinfachung und Verkomplizierung

Der Fehler setzt sich fort, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende sagt, es käme nun aber doch gar nicht auf die Raumgröße mehr an. Von dieser abstrahiere man bereits. Nur die Kasseneinnahmen stünden zur Debatte. So Enjott Scheider zur nmz auf Facebook am 28.6.2012: „10% der Abendkasse heißt einfach 10% der Roheinnahmen. Fläche wäre ein irriger Parameter, weil hier großzügig oder eng oder variabel/Raumtrenner, Nebensäle etc. gestaltet werden kann. Die Roheinnahmen müssen betriebswirtschaftlich aber jeden Abend konkret notiert werden und sind eine objektive Größe. Überall und seit je. Die Fläche kommt wie gesagt als Variable dazu.“ (Quelle: nmz auf Facebook)

Oder eben doch nicht? Die „Fläche als Variable“ dazu und Fläche als „irriger Parameter“ stehen sich im Weg. Und dann kommen eben doch weitere Parameter hinzu: Dauer der Veranstaltung, Art der Wiedergabe (Computer oder wirklich Plattenauflegen oder CDs mixen), Gemeinnützigkeit, Verbandsmitgliedschaft … Alles nicht so einfach.

Wie wenig einfach die Situation ist, hat heute erst Alexander Strauch in einem Eintrag im Bad Blog Of Musick dargestellt: 

„Weder die Verbände noch die GEMA sind gut oder böse. Das einzig wirklich bittere ist, dass es so oder so mal wieder zu Lasten der Künstler gehen wird: Wenn sich die GEMA durchsetzt, wird wohl schon einiges, wohl gerade an alternativer Kultur wegbrechen. Setzen sich die Verbände durch, wird die Gesamtsituation auch der von ihnen beschäftigten Künstler nicht verbessern. Im Gegenteil! Durch das Mürbemachen der GEMA werden vielleicht nutzerfreundliche Lösungsansätze obsiegen, künstlerfreundliche Lösungen klingen erstmal verlockend, wie die Gründung von konkurrierenden Verwertungsgesellschaften oder eine grössere Flexibilität und Genauigkeit der Verträge und Abrechnungen für die Autoren. Im allgemeinen Bohei droht dies aber eher unterzugehen sich wirklich entwickeln zu können. So macht es mich sehr traurig, wie künstlerisch einerseits die Grenzen offener werden, andererseits die Verhandlungen aber diese Bezeichnung nicht mehr verdienen, sondern beide Seiten nur noch Drohkulissen in die Welt stellen.“ (Quelle: Alexander Strauch im Bad Blog Of Musick)

Stimmen aus E- und U-Musik

Man nimmt so eine Stimme erfreut entgegen, da sie eine Differenzierungstiefe zeigt, die die Diskussion sonst vermissen lässt. Die E-Musik-Szene sonst ist wenig informiert, wie es scheint. Johannes Kreidler: „Zur GEMA-Clubtarifreform hab ich keine Meinung.“ (Quelle: Johannes Kreidler auf Facebook)

Und aus der Szene der DJ-Urheber hört man vereinzelt Stimmen, die besonnen klingen, wie von den Gebrüdern Teichmann: „Da mich die oberflächliche Behandlung dieses Themas (allerdings von beiden Seiten) schon lange nervt, wollte ich auch mal was dazu sagen und da kam es mir gerade recht, dass sich die Direktorin der Abteilung "Marketing & Kommunikation" der Gema in einem Rundbrief bei mir gemeldet hat...“ (Quelle: Gebrüder Teichmann auf Facebook)

10% der Abendkasse für die Musik

Warten wir also ab, was der Donnerstag bringen wird. Momentan sieht es so aus, als gäbe es keine Lösung. Meines Erachtens wird die Lösung auch nur schrittweise möglich sein. Ein erster Schritt wäre es, wenn man sich auf eine Grundvorstellung einigen könnte, wie sie Enjott Schneider erwähnt: „Seit Beaumarchais (Hochzeit des Figaro u.a.) um 1760 ist es üblich, daß 10% der Abendkasse für die Musik sind (so in der Oper, so in den Oratorien... so in den Discos in ganz Europa). 10% der Abendkasse heißt einfach 10% der Roheinnahmen. Fläche wäre ein irriger Parameter …“ (Quelle: Enjott Schneider in einem Kommentar auf der nmz-Facebook--Seite)

Kann man sich darauf einigen, ergibt sich der Rest von selbst – Vereinfachung inbegriffen. 10 % der Abendkasse geht an die Urheber - und zwar genau diejenigen, deren Werke gespielt werden. Sollten sich dabei Urheber finden, die der GEMA nicht zugeordnet werden können, sind diese Kosten anteilig dem Veranstalter zu erstatten. Der Veranstalter hat sich zu bemühen, die erstatteten Beträge den GEMA-freien Autoren direkt zuzuleiten. Ist dies nicht möglich, sind die Beträge in einen Topf zu werfen, der dem Erhalt der Clubkultur infrastrukturell dienen.

Demo-Termine:

  • Berlin: 6.9., 14-21.30 Uhr, Start: GEMA-Bezirksdirektion (Keithstr. 7), Demo auf dem Kurfürstendamm, Ziel: Wittenbergplatz
  • Dortmund: 6.9., 14-22 Uhr am GEMA-Gebäude (Südwall 17-19) und 7.9., 18 Uhr, Start: Hauptbahnhof Dortmund, Ziel: GEMA-Gebäude (Südwall 17-19)
  • Frankfurt: 6.9., ab 18 Uhr, Start: Hauptwache, Umzug durch die Innenstadt
  • München: 6.9., 18-21 Uhr, Start: Weißenburger Platz, Ziel: GEMA-Generaldirektion, (Kellerstr. 8a)
  • Nürnberg: 6.9., 17-20 Uhr, Start: Lorenzer Platz, Ziel: GEMA-Bezirksdirektion, (Johannisstr. 1)
  • Stuttgart: die genauen Uhrzeiten und die Demonstrationsroute standen bei Redaktionsschluss noch nicht fest

Pressegespräche der GEMA 

zum Thema „Neue Tarifstrategie der GEMA für den Veranstaltungsbereich“ am 6. September 2012, 11.00-12.30 Uhr an folgenden Standorten

  • Generaldirektion München, Rosenheimer Straße 11, 81667 München
  • Bezirksdirektion Berlin, Keithstraße 7, 10787 Berlin
  • Bezirksdirektion Wiesbaden, Abraham-Lincoln-Straße 20, 65189 Wiesbaden

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