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Händels ursprüngliche Radamisto-Fassung in Karlsruhe
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Händels «Radamisto»: Szenische Uraufführung der Erstfassung auf dem Kontinent

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Karlsruhe - «Solider, raffinierter und feuriger als alle anderen Dramen, die Händel bisher komponiert hatte» - so beschrieb Händels erster Biograf Charles Burney die Oper «Radamisto». Händel gab mit diesem Stück 1720 seinen erfolgreichen Einstand in der Royal Academy of Music in London. Seitdem wurde «Radamisto» nicht mehr in der ursprünglichen Fassung gespielt. Das Badische Staatstheater Karlsruhe reklamiert daher die szenische Uraufführung auf dem Kontinent für sich. Es eröffnet damit am 20. Februar die 32. Internationalen Händel-Festspiele.



Ganz im Zeichen der barocken Oper soll die Inszenierung stehen - szenisch wie musikalisch. «Es ist ein großes Experiment, ich selbst bin neugierig, ob es funktioniert», verrät Regisseurin Sigrid T'Hooft. Sie hat ihr Barocktanz-Ensemble Corpo Barocco aus Gent mitgebracht. Gemeinsam mit dem Dirigenten Peter Van Heyghen geht sie nämlich noch einen Schritt über das Original hinaus: Händel hatte zwar Ballettmusik für Tanzeinlagen zwischen den Akten komponiert, aber 1720 wurde in «Radamisto» nicht getanzt. Erst jetzt kommt die Ballettmusik zum Einsatz, wie es sich der Komponist damals gedacht hatte.

Sigrid T'Hooft hat in Fachkreisen einen Namen als Choreografin und Dozentin für Barocktanz. Sie inszenierte bereits einige barocke Opern im historischen Stil, aber keine davon hatte die fast schon Wagnerschen Dimensionen von «Radamisto».

Mit der Einbeziehung von Originalquellen unternehmen T'Hooft und Van Heyghen den Versuch, der Bedeutung von «Radamisto» gerecht zu werden. «Man spürt in der Musik, dass 'Radamisto' Händel sehr wichtig war», sagt der Dirigent. Die Oper stelle einen Neuanfang in Händels Karriere dar, sie sei seine erste echte Opera seria, ohne komische Einlagen oder lustige Figuren. Stattdessen habe sich der Komponist auffallend viel Mühe mit der Musik gegeben. Die Auswahl an neuen und bereits komponierten Arien aus seiner italienischen Anfangszeit mute wie eine «Best-of-Händel-Zusammenstellung» an.

«'Radamisto' ist eine fast schon feministische Oper», fügt Van Heyghen hinzu. Die beiden Frauenfiguren, Zenobia und Polissena, seien die Dreh- und Angelpunkte der Handlung. Ganz im barocken Stil sind die zwei Frauen- und fünf Männerrollen aber nicht dem Geschlecht entsprechend, sondern nach der Stimmlage besetzt, also stehen fünf Sängerinnen und zwei Sänger auf der Bühne. Sigrid T'Hooft setzt das Ensemble in ein barockes Licht: Kerzen hinter den gemalten Kulissen, Kerzen entlang der Fußrampe und Kerzen im Kerzenleuchter sollen den barock geschminkten Gesichtern und den Kostümen nach Entwürfen aus dem 18. Jahrhundert einen ganz eigenen, warmen Glanz verleihen.

Schon während der Proben trugen die Sängerinnen Reifrock und Mieder, um sich an eine höfische barocke Haltung zu gewöhnen. Mit stilisierten Gesten, die schon Händels Originalbesetzung bei der Erstaufführung vor 289 Jahren gezeigt haben dürfte, unterstreichen die Sänger den Text. Dabei geht es aber nicht darum, den Ur-«Radamisto» eins zu eins zu rekonstruieren, obwohl dank des erhaltenen Souffleurbuchs genau nachzuvollziehen ist, wer wann wo seinen Auftritt oder Abgang hatte und wie viele Statisten als Hofdamen und Soldaten die Bühne bevölkerten.

«Meine Inszenierung erzählt nichts anderes als was im Libretto steht», erläutert die Regisseurin den ihrer Ansicht nach größten Unterschied zum modernen Regietheater. Sie will die barocke Ästhetik zum Leben erwecken in einer Oper, die mit den Tanzeinlagen fast vier Stunden dauert.

Für die Solisten wie für die Musiker bedeutet die Ausrichtung an der Ästhetik des frühen 18. Jahrhunderts ungewohntes Neuland. Zwar sind die deutschen Händel-Solisten mit dem stilgerechten Spiel auf historischen Instrumenten vertraut. Aber in barocker Formation zu spielen, in zwei langen Reihen, kommt selten vor. Und die Sänger sollen die Emotionen, die in den Arien ausgedrückt werden, nicht ausleben, sondern mit einer gewissen inneren Distanz darstellen. «Je beherrschter der Sänger agiert, umso größer ist die Wirkung auf die Zuschauer», so bringt T'Hooft die barocke Opernästhetik auf den Punkt.



 

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