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Sprenbagger 1010 nimmt am 18. März seine Arbeit wieder auf. Foto: ZDF/ARTE
Sprengbagger 1010 nimmt am 18. März seine Arbeit wieder auf. Foto: ZDF/ARTE
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SPRENGBAGGER 1010 – Come-back nach mehr als 80 Jahren in der Zeche Zollverein

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Nach "Der Bettler vom Kölner Dom" und "Schlagende Wetter" geht die Zusammenarbeit zwischen dem WDR Rundfunkorchester Köln und der Filmredaktion von ZDF/ARTE in ihre dritte Runde. Dieses Mal steht eine hochinteressante Ausgrabung aus der Filmgeschichte auf dem Programm – "Sprengbagger 1010" mit der historischen Originalmusik für Orchester, Chor, Sauerstoffflaschen und Sirenen.

Als Location für die Live-Aufführung des Industriedramas am 18.03.2011 bietet die „Zeche Zollverein“ in Essen das ideale Ambiente. Zeitgleich wird die Aufführung durch ein Live-Streaming im Internet zu verfolgen sein, ergänzt von einer zwanzigminütige Live Berichterstattung aus der Zeche Zollverein und einer Reihe von making-of-Beiträgen, welche die komplette Story der Filmrestaurierung erzählen. Filmhistorisch ist das Projekt eine kleine Sensation, denn Sprengbagger 1010 gehört zu den wenigen Produktionen der Stummfilmzeit, zu denen sich die Originalmusik erhalten hat. In den Beiträgen kommen u.a. der Dirigent des Konzerts, Titus Engel, der musikalische Bearbeiter Bernd Thewes und viele andere an der Rekonstruktion beteiligte Personen zu Wort. Das Live-Streaming der Veranstaltung startet am 18. März ab 19:00 Uhr unter www.arte.tv bzw http://liveweb.arte.tv

Der Film
Mitten im westsächsischen Braunkohle Tagebaugebiet fanden im Sommer 1929 die Dreharbeiten zu einem der letzten deutschen Stummfilme statt. Vor der imposanten Kulisse der „Leuna-Werke“ entwickelt sich ein packendes Melodram, das mitten hinein in das Konfliktfeld zwischen Natur und Technik führt.

Ein Ingenieur entwickelt einen gigantischen Bagger, mit dem innerhalb kürzester Zeit große Mengen von Braunkohle gefördert werden können. Kurz vor der Fertigstellung der Konstruktion gönnt er sich einen Urlaub in seiner alten Heimat weit draußen auf dem Land, wo Menschen und Natur noch in Harmonie miteinander leben. Ausgerechnet hier stößt er auf Braunkohle. „Hier müsste man meinen Bagger ansetzen!“ – Zu verlockend ist die Aussicht auf Ruhm, Anerkennung und Karriere. Während der Generaldirektor des Braunkohlewerks in aller Eile Grund und Boden zusammenkauft, vollendet der Ingenieur die Konstruktion der Maschine, die bald darauf ihr zerstörerisches Werk an der Natur beginnt. Doch der Ingenieur zahlt am Ende einen hohen Preis für sein Handeln...

Der Film Sprenggbagger 1010 verbindet auf geschickte Art die Stilmittel des Industriefilms mit denen einen publikumswirksamen Melodramas, inszeniert von Carl Ludwig Achaz-Duisberg, einem Sohn des Großindustriellen Carl Duisberg. Die Außenaufnahmen entstanden im Braunkohlegebiet rund um die Leuna-Werke. Die Kameramänner Helmar Lerski, Artur von Schwertführer und Hugo von Kaweczynski liefern von den Industrieanlagen und gewaltigen Baggern dokumentarische Bilder, die vom Geist der Neuen Sachlichkeit und einem seinerzeit ungebrochenen Fortschrittsoptimismus inspiriert sind. Besetzt ist der Film mit bekannten Schauspielern der deutschen Stummfilm-Ära, allen voran Metropolis-Star Heinrich George als skrupellosem Industriemogul.

Von dem Film ist eine einzige Kopie im Bestand des Bundesarchivs-Filmarchivs, Berlin, erhalten; diese Kopie wurde in Kooperation mit ZDF/ARTE digital restauriert und liegt nun in einer hochwertigen HD-Fassungen für den Einsatz in Kino- und Konzertsälen vor. Ein Abgleich mit der Zensurkarte zeigte, dass der Film kurz nach seiner Freigabe und Uraufführung um ca 1000 m gekürzt wurde; die nun vorhandene Fassung trägt die historischen Titel der im Bundesarchiv erhaltenen Kopie.

Die Musik
Ein seltener Glücksfall ist die Überlieferung der seinerzeit eigens für diesen Film komponierten Begleitmusik des Komponisten Walter Gronostay (1906-1937), der sich als Schüler von Arnold Schönberg schon früh den jungen Medien Film und Rundfunk zugewandt und der auch in den 1930er Jahren bis zu seinem frühen Tod wegweisende Filmmusiken geschrieben hat. Sein Nachlass wird in der Berliner Akademie der Künste aufbewahrt, darunter die handschriftliche Originalpartitur zum Sprenggbagger 1010. Gronostay geht hier experimentierfreudig ans Werk: seine Besetzung sieht neben einem erweiterten Kammerorchester auch Gasflaschen, Werkssirenen und einen achtköpfigen Sprechchor vor.

Im Auftrag von ZDF/ARTE wurde dieses Notenmaterial vom Mainzer Komponisten Bernd Thewes auf die überlieferten Filmfassung hin eingerichtet und liegt nun in einem kompletten neuen Notensatz für Filmaufführungen mit live-Musik bereit. Die Musik wird mit Chor und Extra-Instrumenten im März 2011 vom WDR Rundfunkorchester Köln unter der Leitung von Titus Engel eingespielt; Erstsendung auf ARTE am 27.06.2011. Mit der Live-Premiere in der Zeche Zollverein, Essen, am 18.03.2011 feiern ein hochinteressanter Film und eine spektakuläre Filmmusik ihr come-back, die über 80 Jahre nicht mehr zu erleben waren.

Pressestimmen von der Uraufführung:
„... die Aufnahmen aus den „Leuna-Werken“ sind großartig, auch vorzüglich photographiert. Man sieht zum ersten Mal in solcher Geschlossenheit und Eigengesetzlichkeit eine ungeheuere Maschinenwelt, bestimmt, einem neu heraufziehenden Zeitalter Gesicht und Ausdruck zu geben.“
(Berliner Börsen Courier, 26.11.1929)

„ ... Wenn es uns gelungen ist, dieser ewig bewegten, kreisenden, rastlosen Maschinenwelt in der ruhigen Schönheit der Landschaft, der milden Friedlichkeit eines Ackers ein Gegengewicht zu geben, das nicht nur den Kontrast aufzeigt, sondern beide Welten in ihrer eigentümlichen Schönheit erfasst, so hat auch der Kameramann zu diesem Film und seinen Problemen das Seinige beigetragen.
(Filmkurier, Nr. 281, 26.11.1929: Der Kameramann Helmar Lerski)

Daten zum Film
Regie & Drehbuch: Carl-Ludwig Achaz-Duisberg
Kamera: Helmar Lerski, Artur von Schwertführer, Hugo von Kaweczynski
Originalmusik: Walter Gronostay
Produktion: Carl-Ludwig Achaz-Duisberg
Uraufführung: 25. November 1929, Berlin, Mozartsaal, Länge: 2712m
Restaurierte Fassung (Bundesarchiv-Filmarchiv): 1818 m (88’/18 B/sec)

Musikbearbeitung und Synchroneinrichtung (i.A. des ZDF): Bernd Thewes
Einspielung: WDR Rundfunkorchester Köln
Dirigent: Titus Engel
Archivrecherche und Musikberatung: Jens Uwe Völmecke
Special features: Simon Ofenloch
Redaktion: Nina Goslar (ZDF), Michael Breugst (WDR)

Eine Koproduktion von WDR Rundfunkorchester Köln und ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE sowie: Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin, Akademie der Künste, Berlin.

Konzert: 18.03.2011, 20:00h
in der Halle 12, Zeche Zollverein Essen

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