„Nie war Oper populärer!“ Dieser Schlachtruf tönt uns aus der DVD-Box entgegen, die das Magazin „Stern“ zusammen mit Arthaus herausgebracht hat. Der Stern? Dessen Leidenschaft für die Gattung hat man bisher offenbar erfolgreich geheim gehalten, dafür legt man sich nun um so mächtiger ins Zeug, um auf den maßgeblich von Mitropa-Mitarbeiterin A. Netrebko bei Laune gehaltenen Erfolgszug aufzuspringen.
Ihrer Salzburger Darbietung zusammen mit R. Villazón (seinerzeit noch bei Stimme) verdankt sich wohl auch die Tatsache, das „La Traviata“ beim 3sat-Voting zur „schönsten“ (!) Oper aller Zeiten gekürt wurde. Mit dieser Produktion kann die Box nun nicht punkten, der inszenatorisch biedere Scala-Mitschnitt hat mit Angela Gheorghiu aber eine stimmlich facettenreichere Protagonistin zu bieten.
Auch sonst scheinen eher klangvolle Namen die (aufgrund des Partners ohnehin begrenzte) Auswahl bestimmt zu haben als die Suche nach gültigen szenischen Deutungen der Werke: Cecilia Bartoli als hinreißende Rosina in einer flotten Schwetzinger „Barbier“-Produktion, Elina Garanča als innige Charlotte an der Seite des effektvoll schmachtenden Marcelo Álvarez in einem dekorativen „Werther“ aus Wien, das nicht mehr ganz taufrische, aber immer noch berührende „Bohème“-Traumpaar Freni-Pavarotti (San Francisco 1988), Waltraud Meier als souverän verführerische Venus in David Aldens passablem Tannhäuser-Bilderreigen: da macht man kaum was verkehrt.
Weil mit Harnoncourts Züricher „Fidelio“ (samt Jonas Kauffmann) ein bemerkenswertes und mit Kleibers Wiener „Carmen“ ein unübertroffenes Dirigat vorliegt, kann man aber angesichts des Preises (gut 100 Euro für die ganze Box, knapp 15 Euro für die Einzelscheiben) getrost zugreifen, sofern man diese Klassiker nicht schon längst im Regal hat. Gleiches gilt für Harry Kupfers imposante, aber auch detailintensive „Elektra“ (Salzburg 1989, Claudio Abbado dirigiert) und die unverwüstliche „Fledermaus“ Otto Schenks, hier in einer Luxusbesetzung mit Lucia Popp, Edita Gruberova und, vor allem, Brigitte Fassbaender.
Ob der „Stern“ mit dieser Zusammenstellung nun wirklich zur Popularisierung der Oper beiträgt, sei dahingestellt. In die Wiederverwertungskette hat man sich jedenfalls geschickt eingegliedert.
„Sternstunden der Oper“ (Arthaus):
Gioachino Rossini: Il Barbiere di Siviglia
Cecilia Bartoli, David Kuebler, Gino Quilico, Carlos Feller
Regie: Michael Hampe
Chor der Oper Köln, Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, Gabrielé Ferro
Schwetzinger Festspiele 1988Giuseppe Verdi: La Traviata
Angela Gheorgiu, Ramón Vargas, Roberto Frontali
Regier: Liliana Cavani
Chor und Orchester des Teatro alla Scala die Milano, Lorin Maazel
Mailand 2007Jules Massenet: Werther
Elina Garanča, Marcelo Álvarez,
Regie: Andrei Serban
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper, Philippe Jordan
Wien 2005Giacomo Puccini: La Bohème
Mirella Freni, Luciano Pavarotti, Gino Quilico, Sandra Pacetti
Regie: Francesca Zambello
Chor und Orchester der San Francisco Opera
San Francisco 1988Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte
Piotr Beczala, Dorthea Röschmann, Désirée Rancatore
Regie: Benno Besson
Chor und Orchester der Opéra National de Paris
Paris 2001Georges Bizet: Carmen
Elena Obraztsova, Placdio Domingo, Isobel Buchanan, Yuri Mazourok
Regie: Franco Zefirelli
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper, Carlos Kleiber
Wien 1978Ludwig van Beethoven: Fidelio
Jonas Kaufmann, Camilla Nylund, Lászlo Polgar
Regie: Jürgen Flimm
Chor und Orchester des Opernhaus Zürich, Nikolaus Harnoncourt
Zürich 2004Richard Wagner: Tannhäuser
Waltraud Meier, René Kollo, Nadine Secunde, Bernd Weikl
Regie: David Alden
Bayerisches Staatsorchester, Chor und Ballett der Bayerischen Staatsoper, Zubin Mehta
München 1994Richard Strauss: Elektra
Eva Marton, Brigitte Fassbaender, Cheryl Studer, Franz Grundheber
Regie: Harry Kupfer
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper, Claudio Abbado
Salzburg 1989Johann Strauß: Die Fledermaus
Lucia Popp, Edita Gruberova, Brigitte Fassbaender, Bernd Weikl
Regie: Otto Schenk
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper, Theodor Guschlbauer
Wien 1978