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Zurück zu den Reformen, aber nicht ohne Musik

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PISA: Gute Noten, schlechte Noten – jedenfalls keine klingenden Noten
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Die PISA-Studie macht den Bildungspolitikern Beine, so scheint es. Der Schreck ist allen in die Glieder gefahren, denn die Untersuchungen haben ergeben:

Die PISA-Studie macht den Bildungspolitikern Beine, so scheint es. Der Schreck ist allen in die Glieder gefahren, denn die Untersuchungen haben ergeben:Das Leistungsniveau von Schülern in Deutschland muss den Vergleich mit vielen anderen Kulturnationen und Industrieländern durchaus scheuen. Innerhalb Deutschlands bestehen zwischen den Bundesländern, teilweise auch schularten- oder fächerspezifisch, erhebliche Leistungsunterschiede.
  • Besonders in Deutschland ist das Bildungswesen weit davon entfernt, Chancengleichheit herzustellen; es ist damit schon in seinen Strukturen undemokratisch.
  • Deutschland produziert zu wenig Abiturienten und Hochschulabsolventen, gemessen an seinen eigenen Ansprüchen wie im Vergleich zu wirtschaftlich, wissenschaftlich und kulturell konkurrierenden Nationen.
  • Was an diesen Feststellungen am meisten verblüfft: Sie sind weitgehend identisch mit Prognosen und Warnungen, die vor 35 (in Worten: fünfunddreißig) Jahren in der Bundesrepublik für Aufregung sorgten, zur Einsetzung des Deutschen Bildungsrates führten und Studien, Analysen und Modellversuche wie die Pilze aus dem Boden schießen ließen. Was ist daraus geworden? Nur wenige Ansätze führten zu „Reformen“, die diese Bezeichnung verdienen; die meisten wurden erstickt, entweder von einem Konservatismus, der, noch im Rausch des Wirtschaftswunders und jede Systemveränderung im Bildungswesen zurückweisend, die Forderung von Chancengleichheit hartnäckig als sozialistischen Trick zur Rechtfertigung einer Einheitsschule missverstehen wollte, oder von jenen Radikalinskis am anderen Ende, denen Leistungsorientierung grundsätzlich suspekt war und die die Heranwachsenden von allem befreien wollten, was sie als Zwänge definierten; Fördern und Fordern schlossen sich in deren pädagogischem Weltbild aus.

    Viel Kraft, viel Zeit, viele Ideen und auch kreative Konzepte gingen damals schon in einem Ideologiestreit verloren, geschuldet nicht zuletzt den parteipolitischen Grabenkämpfen, die im Dschungel des Föderalismus ausgefochten wurden. – „Da steh’n wir nun als kollektiver Tor und sind so dumm wie vierzig Jahr’ zuvor.“

    Ach, da war ja noch etwas: Auch damals wurden Untersuchungen gefordert und durchgeführt – über Curricula, Lehrmethoden und Lernerfolge in Mutter- und Fremdsprachen, Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern, politischer Welt- und Sozialkunde – Punkt, Ende. Schließlich trat eine weitere Spezies von Pädagogen auf den Plan; die legten dar, wie wichtig, auch im Sinne Fach-übergeordneter Werte und Lernziele, die Vermittlung von Musik ist, wenn man sie dabei, entsprechend allen anderen Disziplinen, ernst nimmt: die Schüler und die Musik. Die Fachverbände wurden aktiv, der „Arbeitskreis Musikpädagogische Forschung” (AMPF) wurde gegründet, Untersuchungen und Publikationen schossen wie die Pilze … (s.o.).

    Eigentlich sind wir seither doch ein bisschen klüger und können verdeutlichen, welche ganz spezifische Bedeutung der Musik für die Persönlichkeitsentwicklung – mental, emotional, sozial – beizumessen ist, wie sehr es dabei jedoch auf ihre Vermittlung ankommt. Aber diese Erkenntnis selbst ist, wie sich gezeigt hat, verdammt schwer zu vermitteln an den mächtigen Rest der Welt. Auch da haben sich, im Rückblick, antagonistische Kräfte gegenseitig eher neutralisiert als befruchtet.

    Den Konservativen, selbst liberalen Reformern, die freilich noch im Bildungsbürgertum verwurzelt waren, fiel es schwer, Musik als etwas anderes zu verstehen als das viel zitierte Sahnehäubchen auf dem Kuchen, nämlich als in allen gesellschaftlichen Bereichen macht- und wirkungsvolles Kommunikationssystem und Genussmittel, mit dem umzugehen deshalb von früher Kindheit an gelernt werden sollte und kann. Die Radikalreformer hingegen wollten vor allem den Missbrauch von Musik innerhalb und außerhalb der Schule, für Volk und Vaterland, als Droge wider den kritischen Durchblick aufdecken und forderten von der Schule vorrangig rationale Aufklärung über statt Unterricht in Musik; allenfalls wollten sie freies, spontanes, von erworbenen Fertigkeiten möglichst ungetrübtes Ausleben in Klängen zulassen.
    Unter dem Strich haben die sachlichen und die politischen Auseinandersetzungen Erkenntnisse wie Verunsicherungen in etwa gleichen Mengen erzeugt. An der Kraft, neue, umfassende Konzepte, stimmige Reformen zu entwickeln und in der Lehrerbildung, in den Lehrplänen, auch in der Zusammenwirkung von Schule, Medien und Institutionen des Musiklebens umzusetzen, hat es weitgehend gefehlt.

    Trauriges Fazit: Musik ist im Bildungswesen, aufs Ganze gesehen, in den vergangenen drei Jahrzehnten eher weiter verkümmert, in der täglichen Praxis, aber auch in der Schul- und Jugendpolitik.

    Nun also PISA, und alles geht von vorne los? Steht Musik dabei und in der Diskussion über die Konsequenzen wieder auf einem anderen Blatt oder gleich auf verlorenem Posten? Geht es wieder nur um gute und schlechte Noten oder auch um Viertel- und Sechzehntel? Bisher steht da nur „Tacet“.

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