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Patriotische Gotteskinder versus quietschbunte Discoqueen

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Pop-Diven im Live-Vergleich: Kylie Minogue und Destiny’s Child in Frankfurt am Main
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Innerhalb von einer Woche waren im Juni in der Festhalle zu Frankfurt am Main zwei Diven-Acts der internationalen Charts zu erleben: Destiny’s Child und Kylie Minogue. Die Konzerte sind natürlich groß, bunt und perfekt. In Ästhetik und Aussage jedoch waren eklatante Unterschiede festzustellen.

Innerhalb von einer Woche waren im Juni in der Festhalle zu Frankfurt am Main zwei Diven-Acts der internationalen Charts zu erleben: Destiny’s Child und Kylie Minogue. Die Konzerte sind natürlich groß, bunt und perfekt. In Ästhetik und Aussage jedoch waren eklatante Unterschiede festzustellen.Halten wir fest: Alle kommen sie gern per Hebebühne aus dem Bühnenuntergrund hochgefahren. Destiny’s Child mit Donner, Blitz und Gloria, Kylie als „Metropolis“-Menschmaschine Maria Minogue – mit dem lächelnd implizierten Programm „Hallo, ich bin ein Industrieprodukt.“ Eine von vielen ihrer Rollen, wie sich im weiteren Verlauf herausstellt.

Destiny’s Child ziehen sich zwar beinahe genauso oft um wie die Disco-Queen aus Australien. Doch ihre professionelle Show dient nicht einem Rollenspiel, sondern einer Verbildlichung der Künstlerinnen-Facetten. Und da strebten sie nicht weniger an als eine Selbst-Definition über Gott und Vaterland.

Rechts. Mitte. Links. Selten wirkt das Prinzip der Dreifaltigkeit angemessener als beim Konzert von Destiny’s Child. Ihr Trio-Dasein manifestiert sich als gottgegebene Symmetrie: Drei Videowände, drei Bühnenebenen, drei Showtreppen. Damit jeder Schritt klappt, dafür gilt es Gott zu danken. Nicht nur im Gebet vor jedem Konzert, sondern auch in dessen Verlauf, der sich streng an der Idee des Triptychons ausrichtet. Als Altarflügel werden zwei Strecken mit den Powerhits aufgeklappt, aber im Zentrum, im Mittelteil, stehen die Balladen, „songs, that are important for us“. Dazu zählt neben den obligatorischen Solos vor allem ein gemeinsamer Gospelsoul voller überambitionierter Vocal-Koloraturen. Mit „I Surrender, Amen“ endet er, mit der unmissverständlichen Widmung „Dedicated to our troops“ beginnt er.

Und beinahe hätte man es gar nicht gemerkt. Man fühlte sich, je nach Hit-Qualität, genügend bis begeistert unterhalten. Man fühlte sich schon so unpolitisch o.k., wie der Destiny’s Child-Clan aus Houston, Texas es immer für sich und seine Schützlinge behauptet hat. Doch an dieser Stelle wird einem wieder bewusst, dass man es eben doch mit einem durchkalkulierten amerikanischen High-Class-Produkt zu tun hat, das in raffinierter Weise die Kultur des Vaterlandes vereinnahmt, um dessen Stärke und Größe zu feiern. Destiny’s Child brauchen dazu keine Flagge. Sie singen den Gospel einfach in der Art, in der auch die Landes-Hymne in Stadien gesungen wird. Oder sie holen sich mit dem charakteristischen Gitarrensample aus dem „Rocky“-Evergreen „Eye of the Tiger“ für ihren Hit „Bootilicious“ dessen patriotischen Siegeswillen ins Boot. Und sie sichern das Ganze am Ende mit dem unwiderstehlich wuchtigen „Survivor“ ab.

Kylie Minogue singt am Ende „Lalala Lalalalala Lalala“, ihren Hit „Can’t Get You Out Of My Head“. War sie zu Beginn noch kühl, ist sie zwei Stunden später zum fröhlich hüpfenden Girlie-Kylie gereift, eine erfrischende Verkehrung der üblichen Popstar-Entwicklung in Richtung Seriösität. Rank und schlank in Miniröckchen, Top und Mieder? Die Show zeigt: Stimmt alles. Und Kylie Minogue zeigt, dass sie weiß, dass alle wissen, dass das alles stimmt. Sie trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Slim Lady“, sie räkelt sich im „Moulin Rouge“-Style auf einem Go-go-Podest, sie lässt perfekt den Popo kreisen. Und dann lacht sie dabei mit ein wenig Stolz in den Mundwinkeln, weil es ihr Spaß macht, es draufzuhaben, dieses Disco-Posing. Das ist das, was auf der Straße oder im Büro doof aussieht, auf der Tanzfläche im Club aber der absolute und unverzichtbare Knaller ist. Das ist das, was fern und gekünstelt bleibt und gleichzeitig für die Dauer einer Sternschnuppe nah und persönlich wirkt. Wenn Kylie „Deine Disco braucht dich“ ruft oder „Welcome To The Club“ schnurrt, dann ist allen der Moment des Glamours genug.

Minogues Seriösität besteht darin, dass sie mit ihrer Show nicht mehr ausformuliert als ihr Pop-Image vorgibt. In einer prall choreografierten Buntheit und mit geringstem Balladenanteil zitiert sich ihre Revue durch die Sounds, Outfits und Sujets des Dancefloor-orientierten Pop: HipHop, Techno, Gay-Disco und ein Donna-Summer-Tribut. Nicht mehr und nicht weniger. Dabei bleibt es, und alle haben leidlich Spaß, solange es dauert. Und wenn es vorbei ist, ist es auch gut.

Sicher, auch bei Destiny’s Child haben alle leidlich Spaß angesichts dieses ganz bestimmten wonnigen Selbstbewusstseins, das die US-Kultur wie niemand anderes zu schaffen imstande ist. Aber wenn es vorbei ist, ist es nicht mehr gut. Da hängt einem das religiöse Gedöns und der implizierte Patriotismus wie bleiern am Leib. Die Luftballons, die von der Hallendecke trudeln, müssen nicht einmal die US-amerikanischen Farben verteilen. Sie sind mit dem guten alten gelben Smiley-Emblem bedruckt. Doch selbst das wirkt am Ende dieser Show nur wie das Zwinkern im Auge eines egozentrischen, anmaßenden Siegers.

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