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Sponsoring – ein Reizwort, das Mißverständnisse evoziert, Erwartungen und falsche Hoffnungen weckt, Schlagzeilen macht, Bücher und Regale, Kurse und Seminare füllt, neuen Berufen eine Daseinsberechtigung zu geben scheint. Sponsoring, ein Wunder – gar ein Allheilmittel, ein Teufelskraut? Und wenn, für wen, wofür? Für den Sponsor? Für den Gesponserten? Für Kunst und Kultur? Positiv-Negativsichten sind ebensowenig hilfreich wie Schwarz-Weiß-Malereien. Es gilt, Sponsoring unter der Lupe etwas differenzierter zu analysieren. Zuständig für die BMW KulturKommunikation, will ich dies aus meiner Sichtweise tun.Da Sponsoring im weitesten Sinne als ein kommunikativer Akt zwischen Kommunikationspartnern begriffen werden kann, ließe sich Kulturkommunikation als eine spezifische Ausprägung des Sponsoring definieren. Da mir jedoch daran gelegen ist, eher zu differenzieren, als einen gemeinsamen Nenner zu finden, werde ich versuchen, die Unterschiede zwischen Kulturkommunikation im engeren Sinne und Kultursponsoring herauszudestillieren.
Die BMW KulturKommunikation ist in der Presse und Öffentlichkeitsarbeit der BMW AG angesiedelt, Kultur- (und Sport-) Sponsoring hingegen im Marketingbereich. Diese unterschiedliche bereichsspezifische Zuordnung verweist bereits auf die verschiedenen Zielgruppenansprachen: Hier BMW Kunden, da Presse und Teilöffentlichkeiten (Überschneidungen der anvisierten Zielgruppen das heißt Teilidentitäten sind durchaus gewollt). Während klassisches Sponsoring eine von vielen vertriebsunterstützenden Maßnahmen im Marketingmix ist, soll auf dem Wege der Kulturkommunikation vornehmlich das Selbstverständnis des Unternehmens vermittelt werden.
Im Mittelpunkt des Sponsoring steht für den Sponsor das Produkt und die Frage, wie er sich, indem er das Produkt und/oder das Logo (das dieses gleichsam symbolisiert) plaziert, sich einen Auftritt „erkaufen“ kann. Den Gesponserten interessiert primär die Sponsorsumme. Er „kauft“ sich mit dem Geld die Verpflichtung ein, dem Sponsor adäquate Auftrittsmöglichkeiten zu schaffen. Kultursponsoring ist zumeist Sponsoring von Kulturevents. Sie zeichnen sich – pointiert gesagt – meist durch Einmaligkeit und Popularität, manchmal auch durch künstlerische Qualität aus. Kultursponsoring funktioniert längerfristig auch als Partnerschaft, beispielsweise zwischen öffentlicher und privater Hand. Renommierte Häuser, Festspiele sind hier meist Austragungsorte eines Zusammenspiels, zu dem gezielt auch Kunden eingeladen werden können. Im Rahmen seiner „Nachbarschafts-PR“ hat zum Beispiel die Münchner BMW Niederlassung anläßlich der Opernfestspiele 1998 durch Live-Übertragung auf Videoscreen vor die Oper „Oper für alle“, konkret für circa 18.000 Menschen, möglich gemacht. Das „Sponsoringpaket“ wiederum sah vor, daß die privilegiert eingeladenen Kunden in der Staatsoper bei Aufführung und Empfang Placido Domingo live erleben konnten.
De facto wirkt Sponsoring eher affirmativ-applaudierend; es dient kaum dort, wo innovativ-experimentierend in Frage gestellt, wo mutig riskiert wird. Hier liegt die Chance der Kulturkommunikation wie sie zum Beispiel von BMW wahrgenommen wird. Es wäre jedoch Irrtum und Illusion, zu glauben, im Gegensatz zum zweckgebundenen Sponsoring fröne Kulturkommunikation zweckfreiem Mäzenatentum. Jede Maßnahme in einem Wirtschaftsunternehmen hat primär das Ziel, zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beizutragen. Die Annahme, der Kultur käme im Rahmen aller Maßnahmen maßgebliche Bedeutung zu, ist – nimmt man die verfügbaren Mittel zum Maßstab – erfahrungsgemäß nicht zutreffend. Aufgabe der BMW Kulturkommunikation ist es, wie erwähnt, das Selbstverständnis des Unternehmens zu vermitteln. Dem Unternehmen geht es dabei jedoch um einen wechselseitigen Dialog: zu verstehen, was Kultur, Kulturschaffende und Künstler zum Ausdruck bringen, und sich selbst über das Medium Kultur verständlich zu machen.
Kunst setzt Signale, zeigt Trends und Wege in die Zukunft auf. Der vorausschauende Blick in die Zukunft ist für ein Unternehmen wie BMW überlebenswichtig, denn die Automobilindustrie gehört den langsamen Industriezweigen an: Ein Automobil durchläuft von der Entwicklung bis zum Recycling im Schnitt eine Zeitspanne von ungefähr 23 Jahren. Daß ein Unternehmen mittels Kultur auch die Chance hat, sich ins rechte Licht zu setzen, recht verstanden und geschätzt zu werden, wird meist zu einseitig, kurzsichtig und emotionslos als „Imagefaktor“ der Kultur apostrophiert. Der Stellenwert, den Vertrauens- und Sympathiezuwachs zu einem Unternehmen einnimmt, ist zwar schwer evaluierbar, schon gar nicht quantifizierbar, er ist aber von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit.
Es müßte ein Thermometer für die Messung entsprechender zu- beziehungsweise abnehmender Wärmegrade wechselseitiger Ausstrahlungen erfunden werden; qualitative Langzeitinterviews werden im Zusammenhang mit Kulturkommunikation kaum gestartet, da sie unverhältnismäßig aufwendig sind.
Wenn im Rahmen der BMW Kulturkommunikation die Werte des Unternehmens und der Marke ins Spiel kommen und zudem die Rolle des Unternehmens als „Global Player“, so wird der Unterschied zum klassischen Sponsoring noch deutlicher. In der Kulturkommunikation geht es zunächst um die Interpretation der Werte Dynamik, Innovation und Ästhetik, das heißt um die Frage, welche Kunstbereiche und „Spielarten“ diese Werte angemessen vermitteln. Es ist daher nicht zufällig, daß Musik für BMW ein wesentliches Medium ist, und auch nicht, daß unterschiedlichste musikalische Richtungen dieses Jahrhunderts eher als angemessene Ausdrucksqualitäten verstanden werden, als beispielsweise „eingefahrene“ klassische. Innovation heißt zudem: Initiieren, Grenzen überschreiten von Gattungen, Sparten, Räumen, offen sein für Experimente, für Zukünftiges. Innovation heißt dezidiert, auch Nachwuchskünstlern eine Chance geben. Der Wert „Ästhetik“ hat nichts zu tun mit „Schönheit“ oder „Geschmack“, sondern steht für künstlerische Qualität.
Als ausgewählte Beispiele der BMW KulturKommunikation seien genannt: der internationale „BMW Kompositionspreis der musica viva“ für junge Künstler, „Thema Musik live“ (beide in Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk), die langfristig angelegten, interdisziplinären Avantgarde-Reihen „Unterwegs. Musik erfahren“ im Marstall und „Jazz & More“ im Werkraumtheater.
Zuständig für die BMW KulturKommunikation bin ich, so gesehen, in der glücklichen Lage, mäzenatisch zu wirken, ohne primär mäzenatisch zu arbeiten. BMW profitiert von dem kulturellen Dialog auf seine Weise (auch und vielleich gerade, weil das Unternehmen sich vornehm-diskret zurückhält und nicht mit seinen „guten Taten“ hausieren geht. Es gilt: Tu Gutes und lasse andere gut darüber reden). Dies ist Zweck der Kulturkommunikation. Daß Kunst und Künstler quasi vom Sekundäreffekt der BMW Kulturkommunikation profitieren, stiftet Sinn und stimmt motivierend.