„Ginge ich hier durch die Reihen, ich würde garantiert bei 90 Prozent aller hier Anwesenden leichtere bis schlimmere Fehlhaltungen finden!“ schmetterte der Mannheimer Osteopath Dr. Manfred Hülse durch den Konzertsaal der Leipziger Hochschule für Musik und Theater. Beim Blick in die Runde mussten wir 280 Besucherinnen und Besucher des 3. Leipziger Symposiums über die Kinder- und Jugendstimme (18.bis 20.2.2005) einräumen, dass wir uns seit der Zeit, in der wir nicht mehr als Jäger und Sammler durch die Steppe traben, mehr oder weniger deformiert haben. Die „Sängerische Haltung“ – einerseits körperlich, aber auch innerlich – war das Motto dieser dreitägigen interdisziplinären Veranstaltung, die durch eine perfekte Organisation, hervorragende Dozenten und Referenten und hochmotivierte Teilnehmer auf der ganzen Linie überzeugen konnte. Sowohl die Teilnehmer als auch die Dozenten rekrutierten sich aus den Bereichen Medizin (HNO, Pädaudiologie, Phoniatrie), der Therapie (Logopädie, Ergotherapie, Manualtherapie, Atemtherapie) und aus der Pädagogik (Musik-, Gesangs-, Theater-, Atempädagogik und Rhythmik). Auch waren Regisseure und Choreografen anwesend, die das ihre zum Gelingen des Symposiums beitrugen.
In einem straffen Zeitplan wurden die Gäste thematisch bei der Hand genommen und durch Vorträge geführt, die aufeinander aufbauten und alle Teilnehmer auf den gleichen Wissensstand bringen sollten, um die anschließenden Diskussionen zu ermöglichen. Die hier angerissenen Themen konnten bei geselligen Abenden im persönlichen Kontakt weitergeführt werden. Ein Farbsystem gliederte die Teilnehmer in vier Gruppen, die in einem rotierenden System an vier interessanten Workshops teilnahmen. In diesen wurde durchweg an der Praxis orientiert gearbeitet. Als besonders beeindruckend erwies sich der Workshop, in dem eine Gesangspädagogin, eine Physiotherapeutin und eine Theaterpädagogin mit einer Gruppe des Mädchen- und Knabenchores der Chorakademie am Konzerthaus Dortmund am Klang arbeiteten: die Theaterpädagogin nahm die Kinder mit auf eine Körperreise, die Gesangspädagogin griff diese Bilder auf, die Physiotherapeutin erklärte die positive Veränderung der Haltung und wir Teilnehmer hörten mit eigenen Ohren die klangliche Verbesserung des Gesangs und sahen vor allem die Zunahme an Bühnenpräsenz.
Körper und Stimme hängen unmittelbar zusammen und alle, die mit Kindern und Jugendlichen stimmlich arbeiten, sind dafür verantwortlich, dass sie die jungen Sänger zu einem bewussten Umgang mit beidem führen. Dass hierfür Forschungen und Erfahrungswissen aus den verschiedenen Disziplinen zusammen geführt werden müssen, war das Fazit dieses gelungenen Leipziger Symposiums, organisiert von Dr. Michael Fuchs und dem Arbeitskreis Musik in der Jugend.