Berlin - Der «Dirigent des Jahres 2010», Ingo Metzmacher, plädiert für mehr Aufführungen zeitgenössischer Musik an den Opernhäusern. «Es gibt so viele großartige Werke von Alban Berg, Leos Janacek oder Franz Schreker, die man verstärkt spielen sollte», sagte der 53-jährige Musiker der Nachrichtenagentur dapd in Berlin.
Mehr Interesse und Verständnis für die Musik des 20. Jahrhunderts könne man aber nur wecken, «wenn man das Repertoire dieser Zeit auch regelmäßig zeigt, und nicht als Rarität ab und zu mal aufführt».
Neben einem langen Atem und viel Kraft bei den Intendanten hält Metzmacher aber auch ausreichende politische Rückendeckung für notwendig, um die Neue Musik an den Opernhäusern zu etablieren. Der Dirigent war von dem Fachmagazin «Opernwelt» unter anderem für seine Aufführung von Luigi Nonos «Al gran sole» bei den Salzburger Festspielen ausgezeichnet worden. Zuletzt wurde er für die Uraufführung von Wolfgang Rihms Oper «Dionysos» gefeiert.
Bei den großen Orchestern, mit denen Metzmacher seit vielen Jahren arbeitet, sieht er keine Vorbehalte mehr gegen die Musik des 20. Jahrhunderts. «Am Anfang meiner Karriere habe ich das hier und da noch gespürt, aber inzwischen hat man das nicht mehr», sagte er. Die jungen Leute in den Orchestern seien heute gut geschult und wach für neue Dinge. «Selbst die Wiener Philharmoniker waren von der ersten Probe für Nonos 'Al gran sole' besonders aufmerksam. Da gab es nicht den Hauch eines Widerstandes.»
Metzmacher forderte zudem mehr Aufmerksamkeit für Musik der DDR. «Es gab da wichtige Komponisten wie Paul Dessau, Friedrich Goldmann, Reiner Bredemeyer und andere. Es ist nicht richtig, die Musik der DDR heute einfach auszublenden», sagte der in Hannover geborene Dirigent. Zum 25. Jahrestag des Mauerfalls sollte es daher eine Aufführungsreihe geben, die Kompositionen aus der DDR und der Bundesrepublik nach 1945 gegenüberstellt. «Es wäre spannend und auch richtig, das mal in Angriff zu nehmen.»