Hauptbild
Wagner-Prozess um Einfluss auf Grünem Hügel in Bayreuth vor dem Ende. Foto: Juan Martin Koch
Wagner-Prozess um Einfluss auf Grünem Hügel in Bayreuth vor dem Ende. Foto: Juan Martin Koch
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Wagner-Prozess um Einfluss auf Grünem Hügel in Bayreuth vor dem Ende [update 15.12.: Erfolg für Festspiele]

Publikationsdatum
Body

Bayreuth - Es gibt Streit um den Mietvertrag für das Bayreuther Festspielhaus. Dabei geht es um viel mehr als nur um das Gebäude. Das Urteil des Landgerichts Bayreuth wird deshalb nicht nur von den Angehörigen Wieland Wagners mit Spannung erwartet.

Die Nachkommen von Wieland Wagner streiten sich weiter mit der Richard-Wagner-Stiftung und der Bayreuther Festspiele GmbH um Einfluss auf dem Grünen Hügel. Die Parteien hatten sich nicht gütlich einigen können, wie ein Anwalt der Kläger - der Kinder und einer Schwester von Wieland Wagner - sagte. Deshalb wird nun am Donnerstag (8.50 Uhr) das Landgericht Bayreuth eine Entscheidung verkünden.

In dem Streit geht es um den Mietvertrag des Festspielhauses - und um das Prozedere, wie die Festspielleitung bestimmt wird. Das berühmte Operngebäude gehört der Richard-Wagner-Stiftung. Im Stiftungsrat sitzt auch die Familie Wagner, aber Bund und Freistaat Bayern haben dort die Mehrheit. Die Stiftung hat das Haus bis zum Jahr 2040 an die Festspiele GmbH vermietet - zu deren Gesellschaftern wiederum Bund und Freistaat gehören. Aufgrund der ausgehandelten Details können Bund und Land daher nun fast allein über die Festspielleitung entscheiden.

Das aber passt den Kindern Wieland Wagners nicht. Zu ihnen gehört die Leiterin des Bonner Beethovenfestes, Nike Wagner. Auch Wielands Schwester, Verena Lafferentz-Wagner, hat sich angeschlossen. Die Angehörigen werden durch den früheren Linke-Fraktionschef Gregor Gysi vertreten. Sie klagen gegen den Vertrag, denn in der Festspielsatzung (Paragraf 8) der Stiftung steht, dass ein Mitglied der Familie Wagner ein Vorrecht auf die Leitung habe. Das sei, so die Sicht der Kläger, nun untergraben.

Denn Bund und Freistaat Bayern gehören nicht nur zu den Vermietern, weil sie im Stiftungsrat sind, sondern sind als Gesellschafter der GmbH auch Mieter. Durch diese Doppelrolle könnten sie die Familie Wagner umgehen. Die Kläger wollten, dass der Mietvertrag gekündigt werden kann, wenn die GmbH - also der Mieter - sich nicht an die Stiftungssatzung, vor allem an Paragraf 8, hält. Doch eine Nebenregelung zum Mietvertrag legt fest, dass dieser nicht gekündigt werden kann, selbst wenn gegen den Paragrafen verstoßen werden würde.

Ein erster Verkündungstermin des Gerichts am 17. November war verschoben worden, um den Streitparten mehr Zeit für eine Einigung zu geben. Die Gütevorschläge des Gerichts führten aber nicht zum Ziel.

Wieland Wagner hatte die Richard-Wagner-Festspiele von 1951 bis 1966 gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Wolfgang geleitet. Nach seinem Tod übernahm Wolfgang Wagner allein die Führung. Inzwischen ist dessen Tochter Katharina die alleinige künstlerische Leiterin.

 

[update 15.12.: Erfolg für Festspiele]

Erfolg für Festspiele im Bayreuther Wagner-Prozess

Bayreuth (dpa) - Um die Bayreuther Festspiele am Leben zu erhalten, gibt es die Richard-Wagner-Stiftung - ihr gehört das weltbekannte Opernhaus auf dem Grünen Hügel. Nun sitzt in dieser gemeinnützigen Institution aber nicht nur die Familie Wagner - die Mehrheit der Stimmen im Stiftungsrat haben die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern. Bund und Land sind die Hauptgegner in einem komplexen Streit um Einfluss, den die Angehörigen von Wieland Wagner nun verloren haben.

Wielands Tochter Nike, die Leiterin des Bonner Beethovenfestes, ihre Geschwister und ihre Tante Verena Lafferentz-Wagner fürchten um den Einfluss der Familie auf die Geschicke der berühmten Festspiele - wegen eines Mietvertrags für das Opernhaus. Sie sehen in den Details des Vertrags ein Mittel, ihre verbrieften Rechte zu beschneiden. Deshalb klagten sie vor dem Landgericht Bayreuth gegen zwei Einrichtungen, in denen Bund und Freistaat viel Einfluss haben: die Bayreuther Festspiele GmbH und die Richard-Wagner-Stiftung. Am Donnerstag aber erlitten sie eine Niederlage.

Zum geschichtlichen Hintergrund: Wieland Wagner hatte die Richard-Wagner-Festspiele von 1951 bis 1966 gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang geleitet. Nach Wielands Tod übernahm Wolfgang allein die Führung. 1973 entstand die gemeinnützige Stiftung, das Festspielhaus und alle anderen Liegenschaften gingen auf sie über.

Die Bayreuther Tradition will es, dass die Wagner-Familie - die eine besondere Beziehung zum Werk des Komponisten beansprucht - mitreden kann. Und so steckt hinter der scheinbar wenig aufregenden Angelegenheit «Mietvertrag» die Frage um die Macht in jenen beiden Einrichtungen, die über die Festspiele entscheiden: die Richard-Wagner-Stiftung und die Festspiele GmbH.

Die Stiftung soll garantieren, dass einzig die Werke des Bayreuther Komponisten auf dem Grünen Hügel aufgeführt werden. In Paragraf 8 ihrer Satzung steht auch, dass es Sache der Stiftung ist, den Festspielleiter zu bestimmen - die Familie Wagner aber ein Vorschlagsrecht hat. Außerdem sagt die Satzung, dass grundsätzlich ein Mitglied der Familie Wagner als Festspielleiter zu benennen ist, wobei bei Zweifeln ein geregeltes Verfahren festgelegt ist.

Hier kommt der Mietvertrag ins Spiel. Die Stiftung, in der eben Bund und Land die Mehrheit haben, hat das Opernhaus seit Frühjahr 2014 außergewöhnlich lange bis zum Jahr 2040 vermietet - und zwar an die Bayreuther Festspiele GmbH, die für den Spielbetrieb zuständig ist. Die Gesellschafter sind, neben anderen - wiederum Bund und Freistaat.

Das heißt: Bund und Land haben eine Doppelrolle, sie haben ein Geschäft mit sich selbst gemacht. Je nach Situation haben sie mal den Hut der Vermieter auf, mal den der Mieter. Im Unternehmen und in der Stiftung sitzen zum Teil dieselben Menschen, für den Freistaat etwa Ministerialdirigent Toni Schmid, für den Bund Martin Eifler.

Der Familien-Stamm von Wieland Wagner hatte nach Angaben seines Anwalts bei Vergleichsverhandlungen erreichen wollen, dass die Stiftung den Mietvertrag kündigen kann, wenn die GmbH sich nicht an die Satzung hält. Das konnte die Familie nicht durchsetzen, im Gegenteil: Aus einer Nebenregelung zum Mietvertrag ergibt sich, dass der Mietvertrag nicht außerordentlich gekündigt werden kann, selbst wenn die GmbH das Auswahlverfahren der Stiftung missachten würde. Bund und Land könnten nun wegen dieser ausgehandelten Details fast allein über die Leitung entscheiden.

Der Mietvertrag sei zwar schwebend unwirksam, weil in einer Nebenregelung eine Unterschrift fehle, sagt der Richter in seiner Urteilsbegründung. Der Vertrag diene aber nicht dazu, die Kläger zu schädigen. Die Kläger-Seite will mit Kommentaren zum Urteil warten, bis das Urteil schriftlich vorliegt. Ein Anwalt der Festspiele GmbH sieht sich aber bestätigt: Die Unterschrift könne nachgeholt werden, es handle sich nur um einen formellen Fehler.

Falls die Stiftung das Problem «heilt» und die fehlende Unterschrift auf die Nebenregelung setzt, so ist das Opernhaus bis 2040 fix in den Händen der Festspiele GmbH. Derzeit ist Katharina Wagner, Wielands Nichte und Tochter von Wolfgang, künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin der GmbH, neben Holger von Berg als kaufmännischem Direktor. Sollten die Festspiele aber einst eine neue Leitung brauchen, wird sich zeigen, ob die GmbH an der Bayreuther Tradition festhält.

 

Ort