Der Ruf nach fachlich kompetenter und durch eine Art Supervision unterstützter kontinuierlicher Begleitung von Musikkolleginnen und -kollegen verhallt derzeit noch weitgehend unerhört. Man ist im Schulalltag, nicht nur als Musiklehrer/-in, vor allem auf sich allein gestellt. Die Probleme vieler – auch engagierter – Lehrkräfte in Bezug auf Überlastung, Vereinsamung, die Erhöhung der Lehrerarbeitszeit, das Burn-out-Syndrom, die Überalterung der Kollegien sowie eine oftmals zu geringe Unterstützung seitens der Arbeitgeber sind hinlänglich bekannt. Konträr dazu stehen immer lauter werdende Forderungen nach Teamfähigkeit, Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft, (Selbst-)Evaluation und „lifelong learning“. Diese Aspekte lassen sich in der Institution Schule gegenwärtig weder erlernen noch ohne unnötige Reibungsverluste umsetzen. Immerhin gehören die Fragen einer sinnvollen Lehrerbildung und von Evaluation mittlerweile – nicht zuletzt wegen der heiß diskutierten Schulleistungsstudien – zum Standard der aktuellen pädagogischen Diskussion.
Der Ruf nach fachlich kompetenter und durch eine Art Supervision unterstützter kontinuierlicher Begleitung von Musikkolleginnen und -kollegen verhallt derzeit noch weitgehend unerhört. Man ist im Schulalltag, nicht nur als Musiklehrer/-in, vor allem auf sich allein gestellt. Die Probleme vieler – auch engagierter – Lehrkräfte in Bezug auf Überlastung, Vereinsamung, die Erhöhung der Lehrerarbeitszeit, das Burn-out-Syndrom, die Überalterung der Kollegien sowie eine oftmals zu geringe Unterstützung seitens der Arbeitgeber sind hinlänglich bekannt. Konträr dazu stehen immer lauter werdende Forderungen nach Teamfähigkeit, Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft, (Selbst-)Evaluation und „lifelong learning“. Diese Aspekte lassen sich in der Institution Schule gegenwärtig weder erlernen noch ohne unnötige Reibungsverluste umsetzen. Immerhin gehören die Fragen einer sinnvollen Lehrerbildung und von Evaluation mittlerweile – nicht zuletzt wegen der heiß diskutierten Schulleistungsstudien – zum Standard der aktuellen pädagogischen Diskussion.Mit „accompagnato“ könnte sich schon bald ein neuer Typus von Lehrerfort- und -weiterbildung (im weiteren Sinne) etablieren, der im Prinzip auf alle Fächer übertragbar ist und den Lehrkräften wertvolle Hilfen für die Eigen- und Fremdwahrnehmung unterrichtlicher Prozesse geben kann. Der 1997 am Institut für Musikpädagogik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien entwickelte und auf jeweils ein Jahr konzipierte Lehrgang „accompagnato – Brücken zwischen Studium und Beruf des Musiklehrers“ wird unter der Leitung von Brigitte Lion-Slovak, Franz Niermann und Christine Stöger seitdem regelmäßig durchgeführt. Er verknüpft die Berufseinführung mit der Weiterbildung von Musiklehrerinnen und -lehrern und ist – wie auch die weiteren Instituts-Angebote „animato“, „con brio“ und „continuo“ – eine innovative, gut angenommene Form der Weiterbildung.Die Teilnehmer setzen sich aus Studierenden, Unterrichtspraktikanten (das einjährige österreichische Praktikum entspricht in etwa dem deutschen Referendariat) oder Berufsanfängern und erfahrenen Lehrkräften zusammen. Es ist beabsichtigt, „die Eigenheiten der verschiedenen Lernphasen zu erkennen, zu nützen und sie miteinander zu verschränken“1. Die traditionell eher getrennten Bereiche Aus- und Weiterbildung werden durch gegenseitige Unterrichtsbesuche in kleinen, betreuten Hospitationsgruppen und nachbereitenden Seminarsitzungen (im Plenum) vernetzt, wodurch im Idealfall ein Lernkreislauf entsteht, „der später von den Teilnehmern immer wieder selbstständig durchlaufen werden kann“2. Es handelt sich also um eine Form von stark individualisierter Weiterbildung im weiteren Sinne mit Hochschulanbindung, die den Vorteil hat, dass sie in einem bewertungsfreien Raum stattfindet und altersmäßig breit gestreute Adressaten erreicht. Die Teilnehmer können durch eine ständige Pendelbewegung zwischen Alltagspraxis, Reflexion und theoretischen Impulsen – in einer Art musikpädagogischer Werkstatt – ins Gespräch kommen und dabei voneinander profitieren.
Warum diese Art „kollegialer Supervision“? Dieses ursprünglich aus sozialen Arbeitsfeldern und der klinischen Psychologie stammende Verfahren ist gut geeignet, um in einem von gegenseitigem Vertrauen geprägten Klima – man sitzt „im gleichen Boot“ – im Team über die eigenen Stärken und gemeinsam zu analysierenden Schwächen nachzudenken. Es hat sich gezeigt, dass Fortbildungen im so genannten „KOPING-Verfahren“ (Kooperative Praxisbewältigung in regional nicht allzu weit entfernten Kleingruppen, flankiert von mehreren Treffen der Gesamtgruppe) eine hohe Effizienz haben3.
Bei „accompagnato“ nimmt ein unterrichts- und weiterbildungserfahrener Hochschulvertreter moderierend an den Auswertungsgesprächen teil, die in der Regel ein vom Unterrichtenden zuvor formuliertes „Anliegen“ zum Schwerpunkt haben, zum Beispiel Unterrichtseinstieg, Gesprächsführung, Disziplin, Gruppenarbeit, Bewertung oder Schließen. Diese Themen werden in den Plenumssitzungen durch zusätzlich vorgegebene, zentrale Themen des Lehrerberufes ergänzt. Feste Regeln für die Stundennachbesprechung sowie gemeinsam erworbene Beobachtungs- und Feedbacktechniken spielen eine prägende Rolle. Durch systematisches Auswerten der Erfahrungen werden neue Spielräume für individuelle Lernbewegungen und Transferleistungen gewonnen.
Das eben beschriebene Wiener Modell bildet die Grundlage für das auf drei Jahre angelegte Comenius-Projekt „accompagnato – Brücken zwischen Studium und Beruf des Musiklehrers: ein Curriculum“. Mit Schweden (Umeå), Slowenien (Ljubljana), Österreich (Wien) und Deutschland (Hannover) sind vier Länder und zugleich Musikhochschulen am Projekt beteiligt, die sich zur Adaption – nicht Imitation! – des Wiener Modells verpflichten. Es gibt durchaus unterschiedliche Voraussetzungen und Vorerfahrungen, die es zu nutzen gilt, zum Beispiel in Hannover schon seit 1995 vielfältige Formen der Kooperation zwischen den verschiedenen Ausbildungsphasen. So finden im Studiengang Schulmusik (Sekundarstufe I und II) regelmäßig Kooperationsseminare mit dem Ziel der Verzahnung der 1. und der 2. Phase statt, außerdem gibt es viele (schul-)praxisbezogene Angebote wie die von engagierten Mentorinnen und Mentoren betreuten „Hospitationen und Lehrversuche“ des 3. und 4. Semesters. Durch diese Veranstaltungen soll der Blick nach vorn gerichtet, der von den Referendarinnen und Referendaren oft als problematisch empfundene Übergang von der 1. zur 2. Ausbildungsphase in einen neuen Zusammenhang gestellt und damit die Spannung zwischen der „Theorielastigkeit“ des Studiums und der vermeintlich ausschließlichen Praxisorientierung des Referendariats überwunden werden.
„Accompagnato“ möchte allerdings noch mehr erreichen. Es soll nicht nur der Einbezug der 3. Phase umgesetzt, sondern auch eine professionelle (Selbst-)Reflexion im Sinne eines „lifelong development“4 erreicht werden. Zu diesem Zweck werden E-Learning-Materialien entwickelt und in den beteiligten Hochschulorten erprobt. Lernplattformen können hier helfen, zudem wird ein Dozententraining stattfinden. Der Einsatz von E-Learning-Elementen muss allerdings genau überlegt werden.
Klaus Winkels Forderung nach einem neuen „Zentrum für Lehrerbildung“ zur Milderung der Differenzen zwischen Theorie und Praxis5 ist prinzipiell zuzustimmen. Mit dem „accompagnato“-Projekt liegt eine ähnlich effektive Alternative vor, die allerdings wesentlich preisgünstiger und zum Beispiel für das Fach Musik wegen der Hochschulanbindung sicher attraktiver ist. Zudem wird eine Realisierung im Fach Musik über die Kooperation mit der Hochschule erheblich früher als für andere Fächer möglich sein, da die Institute für Musikpädagogik beziehungsweise die Schulmusik-Abteilungen diese Aufgabe nicht nur aus eigenem Interesse wahrnehmen werden, denn durch die institutionelle Anbindung an eine Hochschule dürfte auch die Motivation der potenziellen Teilnehmer deutlich gestärkt werden.
Nicht nur wegen der aktuellen bildungspolitischen Forderungen nach Teamfähigkeit, Kooperationsbereitschaft und Evaluation ist das „accompagnato“-Projekt ein überzeugendes innovatives Konzept mit beachtlicher Tragweite und große Erfolgschancen. Hier werden die Lehrerinnen und Lehrer mit ihrer Persönlichkeit, ihren individuellen Stärken und Ressourcen, aber auch ihren Schwächen ernst genommen.
Anmerkungen
1 Christine Stöger: accompagnato – Brücke zwischen Studium und Beruf des Musik-lehrers. In: Deutscher Musikrat: Memoran-dum Musikpädagogik. www.deutscher-musikrat.de/bufa_mp
2 Christine Stöger, a.a.O. Weitere Informa-tionen zur Konzeption und den Veranstal-tungen des Wiener Instituts für Musikpäda-gogik unter www.musikpaedagogik-wien.at
3 Silke Traub: Lehrer lernen Freiarbeit. Beschreibung und Analyse eines Lehrerfort-bildungskonzepts. In: Die Deutsche Schule, 94. Jg. 2002, Heft 1, S. 50 ff.
4 Am Wiener Institut für Musikpädagogik wird es im Mai 2003 einen internationalen Kongress zum Leitgedanken des „lifelong development“ geben.
5 Klaus Winkel: Auf dem Weg zu einer professionellen Lehrerbildung? In: Die Deutsche Schule, Heft 6/2000, S. 226 ff. Weitere innovative Ansätze zur Evaluation finden sich neben den Veröffentlichungen von Jürgen Oelkers und Ewald Terhart in H.-U. Grunder/T. Bohl (Hrsg.): Neue Formen der Leistungsbeurteilung in den Sekundarstufen I und II. Hohengehren 2001, im Friedrich Jahresheft XIX 2001 mit dem Titel „Qualität entwickeln: evaluieren“, Seelze 2001, sowie im Band „Evaluation in der Lehrerausbildung“, Seminar – Lehrerbildung und Schule, 2/2001, hrsg. vom Bundesarbeitskreis der Seminar- und Fachleiter/-innen e.V.