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Am Ende bin ich es vielleicht, der Ehrfurcht hat

Untertitel
Ein Gespräch mit dem Geiger Volkhard Steude
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Lange muß man nicht auf ihn warten hinter der Bühne der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Noch kurz vor der Generalprobe zum Jubiläumskonzert des Deutschen Musikschulorchesters, in dem er gemeinsam mit dem Pianisten Roland Batik Mendelssohns d-Moll-Doppelkonzert spielen wird, findet Volkhard Steude Zeit, über seine ganz persönliche Beziehung zu diesem jungen Streichorchester zu sprechen.

Da sitzt in seiner Künstlergarderobe ein Mann, der mit 27 Jahren Konzertmeister bei den Wiener Philharmonikern ist, stützt sein Instrument aufs Knie und antwortet auf die Frage, wie ein Top-Profi seine Zusammenarbeit mit dem DMO empfindet: „Das sind auch Top-Profis, das muß man einmal sagen.“ Schließlich sind schon viele aus dem Orchester in den 25 Jahren seines Bestehens in die Berufsmusikerlaufbahn eingeschwenkt, wie Volkhard Steude selbst auch, vor gut zehn Jahren. „Da bin ich nur ein Beispiel. Da ist es für mich kein Unterschied, was die Qualität angeht, aber ein großer Unterschied im Menschlichen und Enthusiastischen. Und das ist wirklich so. Ein tolles Zusammenspiel.“ Auch durch den persönlichen Umgang außerhalb der Konzerte und Proben fühlt er sich „irgendwie zurückversetzt in die Zeit, als ich selbst noch Mitglied des Orchesters war“. Natürlich ist seine persönliche Beziehung zu diesem Orchester ein Beweggrund gewesen, die Jubiläumstournee als Solist mit zu bestreiten. Als Volkhard Steude 1982 mit knapp zwölf Jahren in das damalige Rundfunk-Musikschulorchester der DDR eintrat, war das zugleich das erste Orchester-Probespiel seines Lebens. Wie heute auch noch, mußte man sich nicht nur mit eingeübten Stücken vorstellen, sondern auch mit Tonleitern und Stricharten, „damit man sehen kann: Wie sind die Anlagen? Denn man kann ja einen 12jährigen nicht als fertigen Geiger sehen. Man muß schon auf die mögliche Entwicklung schauen.“ Er jedenfalls hatte es geschafft und blieb Orchestermitglied bis zur Aufnahme seines Musikstudiums an der Musikhochschule „Hanns Eisler“ Berlin im Jahre 1988. Lob zollt er den Dozenten vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, die das DMO betreuen. „Sie sind ein wichtiges Rückgrat, haben einen Idealismus, den nicht jeder Orchestermusiker nach soundsovielen Dienstjahren noch aufbringt. Und neben dem Wissen, das sie weitergeben, finde ich es fast noch wichtiger, daß diese Einstellung mit übertragen wird.“ Zur gegenwärtig unsicheren Situation öffentlich finanzierter Kultur äußert er sich differenziert – „unser Fanclub ist halt kleiner als der beim Fußball“ –, aber mit klarem Standpunkt. „Die Musikschulen in Deutschland sind eine sehr gute Basis. Ich wünschte mir, daß die Zeit kommt, wo man sich darauf besinnen wird, daß Kultur nicht etwas ist, was man ausrechnen kann in Kosten und Nutzen.“ Daß heutige DMO-Mitglieder ehrfürchtig zu ihm aufblicken, das findet Volkhard Steude „nicht so wichtig wie den Kontakt, der sich auf freundschaftlicher Ebene aufbaut. Ich glaube, es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen“, sinniert er und schaut auf seine Geige, die er liebevoll in der Hand wendet. „Wer weiß, was aus denen mal wird, wenn die groß sind. Da bin ich vielleicht am Ende noch der, der die Ehrfurcht hat.“

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