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Anexperimentieren gegen die Genrespießigkeit: die Gebrüder Teichmann. Foto: Weimarer Frühjahrstage
Anexperimentieren gegen die Genrespießigkeit: die Gebrüder Teichmann. Foto: Weimarer Frühjahrstage
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Altbewährtes und elektronische Experimente

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Die 15. Weimarer Frühjahrstage für zeitgenössische Musik
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Es ist Samstagnacht, im Weimarer Gaswerk tanzen überwiegend jugendliche Anhänger elektronischer Tanzmusik zu wummernden Bässen und peitschenden Beats. Hinter den Mischpulten stehen die Gebrüder Teichmann und liefern den Sound für die Party, die der via nova – zeitgenössische Musik in Thüringen e.V. aus Anlass der 15. Ausgabe seiner „Weimarer Frühjahrstage für zeitgenössische Musik“ ausrichtet.

Um das gleich klarzustellen: Die Weimarer Frühjahrstage sind kein Festival für aktuellen Clubsound, sondern für Neue Musik. Aber, so der Festivalleiter Johannes K. Hildebrandt und seine Projektmanagerin Melanie Czarnofske: Schließlich müsse sich die zeitgenössische Musik mal erneuern und „,15 Jahre Frühjahrstage‘ schreien ja nach einer Auffrischung und nach einer Geburtstagsparty, auch um neue Publikumsschichten zu erreichen“.

Dieser Vorsatz gelang bei der Clubnacht und ein paar der Partygänger fanden auch ihren Weg in die übrigen Konzerte des Festivals, das am 25. April durch das norwegische „Ensemble neoN“ eröffnet wurde. Anlässlich William Shakespeares 450. Geburtstag waren Komponisten aus Deutschland und Skandinavien aufgefordert worden, sich kompositorisch mit dessen Werk und Worten auseinanderzusetzen. Der gelungene Festivaleinstieg war nicht nur ihren Kompositionen, sondern vor allem auch dem inspirierten Ensemble mit seiner großartigen Sopranistin Silje Aker Johnsen zu verdanken.

Eine besonders wichtige Rolle spielt bei den Weimarer Frühjahrstagen seit vielen Jahren die Fahndung nach musikalischem Nachwuchs. Mittlerweile traditionell sind die Konzerte des Landesjugendensembles Neue Musik Thüringen, das 2014 im Verbund mit seinem niedersächsischen Pendant aufspielte. Dieses wird geleitet von der Flötistin Carin Levine, die als Interpretin des Kompositionswettbewerbs für Kammermusik zum Ausklang des Festivals noch eine andere Aufgabe vor sich hatte. Das Preisträgerkonzert für Orchester wurde, wie schon seit Jahren von der Jenaer Philharmonie interpretiert. In dieser Zeit entstand unter dem ebenso regelmäßigen Dirigat von Markus L. Frank eine mehr als bewährte Tradition: Jedes Jahr agiert der Klangkörper überzeugender und selten mit mehr Spielfreude als 2014. Außer Konkurrenz wurde der Abend von Nikolaus Brass’ heikel instrumentierten, aber soghaft sich steigernden „Voci sommerse“ eingeleitet. Danach folgten drei völlig unterschiedliche Wettbewerbsstücke. Den Anfang machte Nuria Núñez Hierro mit „Lost in Sahara“ und legte damit gleich die Bestmarke vor: Sie gewann sowohl den ersten Preis der Jury wie auch die Publikumsgunst. Zu Recht, denn ihre Komposition besitzt eine ganz eigene Klangsprache, die sich durch die konsequente Reduktion aufs Geräuschhafte deutlich von den anderen abhob.

Albert Breiers von chinesischer Landschaftsmalerei inspirierter Beitrag „Nebelatem“ und Paul Leonard Schäffers Wettbewerbsstück konnten nicht ganz mithalten, hatten aber auch ihre Reize und wurden mit den Plätzen zwei und drei bedacht. Die Preisverteilung ging in Ordnung, allerdings lief der wahre Publikumsliebling außer Konkurrenz: Max Wutzlers „Maschine“ ist ein energiesprühendes und mitreißendes Stück mit Witz und Effekt, das auch einen Kontrapunkt zu den Wettbewerbsstücken setzte, die eine Tendenz zu flächig-reduziertem Ausdruck offenbarten. Dieser Eindruck bestätigte sich auch im Kammermusikwettbewerb, der 2014 für Akkordeon und Flöte ausgeschrieben war. Den beiden Interpretinnen Claudia Buder und Carin Levine fiel schon beim Durchsehen der Partituren auf, dass die jungen Komponisten wieder einfacher komponieren, während die älteren noch stark von der neuen Komplexität, also der Schule von Brian Ferneyhough, beeinflusst sind.

In der Instrumentalmusik scheint sich also ein Generationenwechsel anzudeuten, der eine neue Einfachheit zulässt. Dagegen gewinnt die elektronische Musik an Komplexität. Während bei den Wiener Festwochen die Konzerte von „Kraftwerk“ einen Besucheransturm versprechen, mehren sich auch in Weimar die Zeichen, dass die „digital natives“ die Bühnen der Hochkultur erstürmen.

Zu dieser Generation gehören die Gebrüder Teichmann. Hatten die beiden bei der Jubiläumsparty der Weimarer Frühjahrstage noch Clubsound geboten, kooperierten sie bei ihrem offiziellen Festivalauftritt mit dem Fathom String Trio um den großartigen Schweizer Cellisten Moritz Müllenbach. In der Kombination der Trio-Basso-Besetzung und den analogen Tüfteleien der Gebrüder Teichmann entstand ein reizvolles, instrumental-elektronisches Wechselspiel. Hier zeigten sich Wege, wie die erstarrten Grenzziehungen von U- und E-Musik aufzuweichen sind, denn Stil- oder Genre-Grenzen spielen für die Brüder Hannes und Andi keine Rolle. Als Teenager hatten sie eine Punkband und stellten schon hier eine Art von Genrespießigkeit fest, die es quer durch die Musiksparten gebe. Dagegen müsse man „anexperimentieren“ und zwar in beiden Richtungen. Sowohl die Avantgarde als auch der Pop müssen über ihre Schatten springen, denn: „sonst passiert nichts mehr, das uns vom Hocker haut“.

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