Und irgendwann fällt dann dieser aufmunternde Satz: „Musik ist natürlich auch super dazu!“ Für einen Workshop, der eine iPad-Anwendung für das Zeichnen, Animieren und Projizieren in Echtzeit vorstellt, ist der Satz im Prinzip völlig in Ordnung. Im Rahmen einer Musikvermittlungstagung macht er einen aber dann doch stutzig.
Worum es ging? Die Plattform Musikvermittlung Österreich hatte, veranstaltet von mica – music austria in Kooperation mit der Bruckneruniversität und Ars Electronica zu seiner 4. Tagung nach Linz geladen. Das Thema „Digital. Partizipativ. Sozial. Musikvermittlung 4.0“ war gleichermaßen mutig wie notwendig und wurde mit anregenden Vorträgen, anschaulichen Workshops und interessanten, ehrlichen Diskussionen so gut es in einem solchen Rahmen geht, umrissen: Die nicht mehr ganz neuen, im Vergleich zu teils jahrhundertealten Instrumenten und Spieltraditionen aber eben doch noch extrem jungen Technologien können – so etwa das Fazit von Matthias Krebs’ Vortrag zu Musikapps – helfen, auf niederschwellige Weise in „Musizierprozesse“ hineinzukommen, können also im besten Falle tatsächlich mittels Partizipation zu einer „Demokratisierung“ von Kultur beitragen. Auch das Programm Music:Eyes, mit dem auf ästhetisch ansprechende und den aktiven Hörprozess unterstützende Weise Partituren in Echtzeit visualisiert werden können, scheint als Instrument der Konzertpädagogik gewinnbringend einsetzbar zu sein.
Soweit zwei Hoffnung machende Aspekte des Themas. Schwieriger wird es bei Vorhaben wie dem der Wuppertaler Oper: Unter dem Motto „Share Your Opera“ werden Besucher – auf hinten im Zuschauerraum reservierten „Smartphone-Plätzen“ – während der Aufführung mit Hinweisen zur Handlung der gerade laufenden Szene oder, in einem anderen Kanal der App, mit Hintergrundinformationen zur Produktion versorgt.
Prima il smartphone poi l’opera? Zweifel an der Zukunftsfähigkeit dieser Form der Kulturvermittlung sind angebracht, zumal in einer Zeit, da verstärkt nicht mehr nur im Zusammenhang mit Film und VR-Brillen von „Immersion“, also dem völligen Eintauchen in Kunstwerke die Rede ist und Festivals gerade zeitgenössischer Musik mit entsprechend intensivierenden Formaten experimentieren.
Bei manchen Akteuren/-innen der Musikvermittlung scheint dagegen eine gewisse Wasserscheu um sich zu greifen. Ja nicht zu tief eintauchen lassen, das untrainierte Publikum könnte in den musikalischen Fluten ertrinken! Und flugs wird ein möglichst bunt blinkender Rettungsring in Form live produzierter Bilder und Animationen (siehe oben) an die Wand geworfen oder eben zum Ablenkblick auf den Hosentaschenrechner aufgerufen. Dass früher auch nicht alles besser war, etwa wenn im hell erleuchteten Opernhaus das Treiben in der Loge gegenüber eine willkommene Abwechslung zum mutmaßlich auch nicht immer packenden Bühnengeschehen bildete, kann heute nicht als Ausrede gelten. Vielmehr gilt: Die Musikvermittlung braucht Tauchlehrer statt Rettungsschwimmer!