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Baglama-Koryphäe Kemal Dinc. Fotos: Patrick Erb
Baglama-Koryphäe Kemal Dinc. Fotos: Patrick Erb
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Botschafter einer großen Musikkultur

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Das Bağlama-Symposium an der Popakademie Mannheim
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Am 18. Dezember 2022 fand an der Pop­akademie in Mannheim ein Symposium statt, das sich der Bağlama widmete. Zu dieser Veranstaltung, die von der Popakademie in Zusammenarbeit mit dem Landesmusikrat Baden-Württemberg, der Musikschule Mannheim und der Orientalischen Musikakademie Mannheim ausgerichtet wurde, erschienen etwa hundert am Instrument interessierte, darunter waren sehr viele jugendliche Spielerinnen und Spieler, was von einer lebendigen Bağlama-Szene zeugt.

Auf die Vorstellung der angereisten Gäste und Referenten durch den Akademiedirektor Prof. Udo Dahmen folgten einige kleinere Infovorträge der Kooperationspartner der Popakademie zu Veranstaltungen und Stellung der Bağlama als außereuropäisches Instrument: Den Anfang machte Prof. Dr. David-Emil Wickström, Leiter des Studiengangs Weltmusik an der Popakademie, zu dessen Kerninhalten die Möglichkeit des Bağlama-Studiums gehört. Dieser referierte über das breite Angebot, das im Studiengang geboten wird – die Möglichkeit, neben Bağlama auch Oud, Kanun oder Djembe zu studieren –, betonte aber auch die Balance in der Vermittlung von kreativen Kompetenzen auf der einen und wirtschaftlich-praktischen auf der anderen Seite. Zu letzterer gehören Multimedia-Produktion, Musikbusiness, etcetera.

Darauf folgten einige Worte von Prof. Dr. Hermann Wilske, der als Landesmusikrat Baden-Württemberg auf die steigende Bedeutung der Bağlama für Jugend musiziert hinwies: So sei diese bereits seit 2012 beim Bundeswettbewerb vertreten. Auch er betonte das weitläufige Interesse am Instrument und wies auf die Steigerungsfähigkeit der Bewerbungen hin, die bei einem baldigen Bundeswettbewerb mit Ausrichtung der Kategorie Bağlama bestehen werde – bisher gäbe es nur ein Bağlama-Ensemble, das teilgenommen hätte. Bjoern Strangmann, Leiter der Musikschule Mannheim, hob die Zusammenarbeit der Musikschule und der Orientalischen Musikakademie mit der Stadt Mannheim hervor: Gerade Mannheim sei vor allem aufgrund seiner großen und bis mittlerweile in die vierte Generation eng verwurzelten türkischen Community ein fruchtbarer Ort zur Förderung und Verbreitung von orientalischen Musiktraditionen. Schließlich schilderte Mehmet Ungan, Dozent an der Orientalischen Musikakademie Mannheim, in einem kurzen Ausschnitt seiner Biografie, über welche Umwege er und seine Idee der Vermittlung orientalischer Musikpraxis nach Mannheim gekommen sind. Über das Spielen als Hochzeitsmusiker und das Besuchen von Workshops in aller Welt, kam er zum Ergebnis, die Musik und die damit verbundene philosophisch-ästhetische Wertschätzung müsse hier nach Deutschland, nach Mannheim kommen – sie sind geblieben, sind eine feste Ins­titution geworden.

Das Symposium war als eine Folge von Workshops strukturiert, zu denen fünf Experten im praktischen Spiel der Bağlama geladen worden waren, darunter Kenan Tülek, Erdem Simsek, Taner Akyol, Kemal Dinc und Erdal Erzincan. Gerade letzterer gilt als einer der einflussreichsten lebenden Vertreter dieser Musik. Kurz vor dem Symposium entschied man sich allerdings für ein offenes Podiumsformat, in dem alle fünf Dozenten mit dem Publikum diskutieren, Anregungen aufgreifen und hilfreichen spielerischen Rat geben konnten. So riet Erzincan dazu, jeden einzelnen Klang bewusst und betont zu spielen. Man müsse sich stets darüber bewusst sein, was man spielen und was man damit ausdrücken will. Einer Frage aus dem Publikum bezüglich des Unterschiedes von Saz und Bağlama begegnete Erzincan dahingehend, dass es nach seiner Auffassung keinen wirklichen Unterschied gibt und es lediglich regionale Präferenzen in der Terminologie gibt. Dinc schloss daran an und erklärte die Bedeutung der Bindung zum eigenen Instrument. Man solle es als einen Freund betrachten, und damit in einen Dialog treten. Es sei daher wichtig, nicht nur eine technische Virtuosität, sondern auch ein psychisches Verständnis zum Instrument zu entwickeln. Akyol ergänzte das Vorangesagte in Hinblick auf das Spiel mit anderen Ensemblemitgliedern. Gute Spielerinnen und Spieler kommunizieren untereinander, um die verschiedenen Charakteristika der Instrumente hervorzuheben.

Nachdem die allgemeinen Ansichten zu spielerischen Grundsätzen erklärt wurden, konnten die Teilnehmer den Meistern ihren persönlichen Spielstil vortragen und direkt auf Verbesserungen angeregt werden. Erdal Erzincan, der in der Haltung von Instrument und Spieler sowie in differenziertem Anschlag Aspekte von zentraler Wichtigkeit sieht, war erfreut von den verschiedenen originellen Spielweisen, warnte aber davor, ein gutes Rhythmusempfinden dadurch nicht zu vernachlässigen. Jeder Virtuose müsse seine Technik entwickeln, aber nur so weit, wie es der Klang zulässt. Um den Blick auf das kompositorische zu wenden, riet Dinc zur Offenheit gegenüber verschiedenster Weltmusik, diese in den eigenen Stil miteinfließen zu lassen. Dinc sah sich dabei selbstkritisch, denn sein Blick auf die Bağlama-Musik als „größte“ Musik sei vergleichbar mit jenem, der in Europa auf der Klassik liegt.

Vor allem jene, die bereits mit dem Instrument vertraut sind, konnten von der Gegenüberstellung mit den Meis­tern profitieren. Der zahlreichen Zuhörerschaft, vor allem aus der türkischen Community, bot das Bağlama-Symposium interessante Einblicke in diese reiche Musikkultur. Allerdings gibt es Ausbaubedarf im Interesse von Seiten der nichttürkischen Gemeinde, denn nur wenige davon haben ihren Weg in die Popakademie gefunden. Dabei ist es sicherlich nicht förderlich gewesen, den Hauptteil des Symposiums in türkischer Sprache abzuhalten. Zweisprachigkeit hätte der Botschaft des Symposiums, der es um die Öffnung und Entfaltung der orientalischen Musik in Deutschland ging, zu mehr Durchschlagskraft und Verständnis verholfen.

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