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Eigenständige und eigenwillige Position

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Dietmar Brehm und Yoko Ono im Museum Moderner Kunst in Passau
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Noch bis 9. Oktober 2005 wird im MMX (Museum Moderner Kunst) in Passau das künstlerische Werk Dietmar Brehms gewürdigt. Es umfasst filmische Arbeiten, Malerei, Fotografie und Zeichnung. Im Bereich der internationalen Kino-Avantgarde zählt Brehm mit mehr als 900 Vorführungen bei Festivals und Filminstitutionen auf allen Kontinenten seit vielen Jahren zu den international angesehensten Künstlern dieses Genres. Sein malerisches, grafisches und fotografisches Werk wurde hingegen erst in letzter Zeit in Verschränkung mit der Methodik seiner filmischen Arbeiten verstärkt einer Betrachtung unterzogen.

Im Rahmen der Ausstellung „Blickzwang“ im MMK-Passau werden aus all diesen künstlerischen Genres exemplarische Werke präsentiert. Die inhaltlich wie medial miteinander verschränkten Werke entstehen parallel zueinander. Obwohl sie als unabhängige Bildzyklen konzipiert sind, verdeutlichen sie das den verschiedenen medialen Ausdrucksformen zugrunde liegende Interesse seiner Auseinandersetzung mit einer reproduzierten Wirklichkeit. Dietmar Brehm bedient sich aus dem Überfluss an Bildarsenalen der Medienwelt und versucht das ihnen inhärente Unterbewusste durch Verfremdung des Ausgangsmaterials freizulegen. Das vorgefundene Bildmaterial wird von Brehm so lange transformiert, bis sich kein eindeutiger Interpretationsschlüssel mehr finden lässt. Bewusst vollzieht er einen Zusammenschluss von Bildern aus einem aktuellen wie tradierten Kunstkontext, aus Alltagsbildern, Kriminalfilmen et cetera. Er kombiniert Abstraktion und Gegenstandsorientierung und erzeugt dadurch eine gefilterte, oftmals hypnotisierende und geheimnisvoll wirkende Wirklichkeitsebene. Seine Bilder und Bildabfolgen evozieren damit neue Wahrnehmungsstrukturen und Erzählwirklichkeiten.

Ebenfalls noch bis 9. Oktober 2005 dauert die Ausstellung von Yoko Ono. „Basically I am interested in communication and therefore participation of everybody. I’m just part of the participation and the thing to participate should be basically a mindsort of thing. I can express it in any medium, just as you use water in everything for cooking.“ Diese Aussage Yoko Onos dient gerade beispielhaft als Metapher für Ihr gesamtes, grenzüberschreitendes Œuvre. In ihrem sich über mehr als vier Jahrzehnte erstreckenden künstlerischen Werk verwendet die zur Pop- und Kultfigur gewordene Künstlerin die verschiedensten Ausdruckformen und Darstellungsweisen. So verbindet sie in ihrer Arbeit Musik, Klangcollagen, Performance, Lyrik, Fotografie, Film und avantgardistische Konzept- und Installationskunst. Sie greift auf all diese medialen Formen zurück, und zwar Jahrzehnte bevor der Begriff „Crossover“ in den 90er-Jahren zu einem inflationär verwendeten Schlagwort der Jugend-Eventkultur geworden ist.

Die 1933 in Tokyo geborene und in New York lebende Yoko Ono trat erstmals in den späten 50er-Jahren als Avantgarde- und Performancekünstlerin im Umkreis der New Yorker Fluxusbewegung um George Maciunas, John Cage, Merce Cunningham, LaMonte Young oder Yvonne Rainer in Erscheinung. In den post-dadaistischen Debatten, die von Michel Duchamp und John Cage geprägt waren, ging es um das Niederreißen der Grenze zwischen hoher Kunst und dem täglichen Leben. Yoko Ono hat diesen fluxusorientierten Ansatz verinnerlicht. Vor allem in Ihren frühen Arbeiten wie „Ceiling Painting“ und „Painting to hammer a nail“ verwandelte sie den Alltag in Kunstobjekte und forderte damit die Frage heraus, was Kunst sei. In überraschenden und provokanten Arbeiten entstanden frühe Dichtung, Musikstücke und Performances. Sie zielten darauf ab, die konventionellen Betrachtungsweisen der bildenden Kunst und das passive Verhältnis des Betrachters gegenüber der Kunst in Frage zu stellen und zu verändern.

Die Ausstellung „YOKO ONO“, die erste in Deutschland stattfindende Personale in diesem Umfang der Künstlerin, präsentiert nahezu ihr gesamtes filmisches Werk; darunter die bekannten Arbeiten „Bottoms, FIy, Smile“ oder „Rape“, die Yoko Ono als eine formal radikale Filmemacherin der 60er-Jahre darstellen. Darüber hinaus wird in einem Musikraum eine Selektion ihres musikalischen Werkes zu hören sein. Die Schau vereint in den Bereichen Film, Musik und bildende Kunst ihre - von den frühen 60er-Jahren bis in die Gegenwart reichenden, genreüberschreitenden Arbeiten.

Die Filme von Yoko Ono stellen eine besonders eigenständige und eigenwillige Position in der Geschichte des experimentellen amerikanischen Avantgardefilms dar. Ihre Besonderheit ergibt sich durch den Kontext der Fluxuskunst und den daraus entstehenden ästhetischen und philosophischen Herangehensweisen. Ihre Erfahrungen in experimenteller Musik und Performance führten Yoko Ono um 1966 zu den ersten filmischen Experimenten, aus denen etwa die avantgardistischen Filme „Eyeblink“, „Match“ und „Bottoms“ entstanden sind. Dabei reduzierte sie die Handlung meist auf das Allernotwendigste, und stellt – nur scheinbar nebensächliche – Details ins Zentrum der Betrachtung. Charakteristisch bei ihren Filmen ist die serielle Darstellungsform, die vertraute Zeitstrukturen unterwandert und den Fokus auf das Bild als Phänomen per se richtet. Die eigenartige Verwendung und Bearbeitung der Tonspur fügt den Filmen eine weitere außergewöhnliche Erfahrungsebene hinzu. Auf musikalischer Ebene ist Yoko Ono mit ihren Musikexperimenten, dem extremen Gesangstil und den minimalistischen Tendenzen in ihren Kompositionen und Soundperformances stets ihrer Zeit voraus gewesen. Dabei war sie wesentlich von der Zwölftonmusik der zweiten Wiener Schule um Schönberg und Webern geprägt. Diese musikalische Ausdrucksweise kam ihrem fluxusorientierten Ansatz sehr nahe, da die Kompositionsweise eine war, welche die strengen formalen Fesseln der Tonalität ablegen wollte, wenn nicht gar zu sprengen versuchte.
Die bildende Künstlerin, Musikerin und nach wie vor politisch engagierte Frau Yoko Ono, bei der Kunst, Leben und Selbstfindung eins sind, soll mit dieser Ausstellung, der ersten umfassenden Retrospektive in Deutschland, erstmals einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert werden.

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