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„Tocar, cantar y luchar“: Spielen, Singen und Kämpfen – das Motto des venezolanischen „Sistema“ wird im núcleo „Los Chorros“ und in der Instrumentenbauwerkstätte in Caracas mit Leben erfüllt. Fotos: Juan Martin Koch
„Tocar, cantar y luchar“: Spielen, Singen und Kämpfen – das Motto des venezolanischen „Sistema“ wird im núcleo „Los Chorros“ und in der Instrumentenbauwerkstätte in Caracas mit Leben erfüllt. Fotos: Juan Martin Koch
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Spielt und singt, sonst seid ihr verloren

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Eine Begegnung mit dem „Sistema“ in Venezuela – und mit seinen Chören
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Maestro Ubensio schweigt. Er hat keine Ansprache für ausländische Gäste in der Schublade. Wer ihn in seiner Werkstatt bei der Arbeit unterbricht, muss schon Fragen stellen, die einer Beantwortung wert sind. Schließlich erzählt er doch noch davon, wie er in Paraguay den Bau der „Arpa llanera“, der lateinamerikanischen Harfe erlernte, wie ihm aber das Wissen zur Herstellung von Nylonsaiten vorenthalten wurde. „Da habe ich es eben selbst probiert. Von morgens um sieben bis in die Nacht hinein bin ich an meiner ersten Saite gesessen, bis ich den Kern mit genügend dünneren Fäden umwickelt hatte. Es kommt auf die Spannung an. Lässt du nur einen Moment locker, war alles umsonst.“ Seither sind seine Saiten, nicht wie bei den Paraguayos 10- bis 11-mal, sondern 13- bis 14-mal umsponnen. Seine Hände – ein langes Arbeitsleben hat ihnen Falten wie Jahresringe eingegraben – ruhen auf einem ausgewachsenen, reparaturbedürftigen Instrument. In der Ecke liegen grün, blau und braun bemalte kleinere Harfen. Klein genug für venezolanische Kinderhände.

Wo in einem Land zwischen tropischem und alpinem Klima an die 400.000 Kinder in Orchestern spielen, müssen Instrumente beschafft, hergestellt und vor allem repariert werden. Wie so manches im venezolanischen Orchestersystem ist auch der Umgang mit diesem Problem eigentlich ganz einfach. Man muss eben mit der Arbeit anfangen: Das 1982, also sieben Jahre nach Beginn des „Sistema“ gegründete „Centro Académico de Lutería“ kümmert sich genau darum, zusammen mit jungen Menschen natürlich. Nach einer dreimonatigen Probezeit können sie in der Instrumentenbauschule ihre Ausbildung beginnen. Manchen, so der Leiter Henry Parra, hat dies vor dem Abdriften in die Kriminalität bewahrt. Sind die Lehrjahre abgeschlossen, schwärmen einige von ihnen ins Land aus, um bestehende Werkstätten zu verstärken oder neue aufzubauen. Denn noch können die Instrumentenbauer mit der rasanten Entwicklung bei den „núcleos“, den Sistema-Musikschulen, nicht Schritt halten. „Wie Popcorn – plop, plop – erscheinen die auf der Bildfläche.“ In Henry Parras Augen mischt sich Freude mit einem Anflug von Nachdenklichkeit, als wollte er sagen: Dieses Popcorn schmeckt prima, macht aber ganz schön Arbeit.

Die Kraft der Bilder

Der Stolz, mit dem der Schüler des Gitarrenbaumeisters Luis Rómulo Alaluna sein Gesellenstück herzeigt, ist ein wissender, ein wie das verarbeitete Holz gereifter. Und doch ähnelt er dem Übermut, mit dem ein Vorschulmädchen aus dem „Papierorchester“ ihre Kartongeige in die Höhe hält, dem Selbstbewusstsein, mit dem ein Zehnjähriger sein Fagott bläst, oder dem Ernst, mit der eine Teenagerin zu Elgars „Pomp and Circumstance“ den Kontrabass streicht. Diese Gesichter, aus denen die Gewissheit spricht, etwas essenziell Wichtiges zu tun, eignen sich auf ideale Weise dazu, als Bilder einer staunenden internationalen Musikwelt unter die Augen gerieben zu werden. Erst langsam, in den letzten Jahren aber umso gebannter, hat sie von diesem Wunder der venezolanischen Jugendorchester Notiz genommen.

Diese Bilder vermischen sich mit den Film- und Tonaufnahmen eines riesigen, in Nationalfarben hin- und herwogenden Klangkörpers, der unter der Leitung eines ebenso charismatischen wie kompetenten Wuschelkopfs bei spätromantischem Repertoire über sich hinauswächst oder Bernsteins „West Side“-Mambo in einen entfesselten Instrumentaltanz übersetzt. Dass da in Beethovens Neunter oder Mahlers Zweiter neben der „Sinfónica de la Juventud Venezolana Simón Bolívar“ unter Gustavo Dudamel auch ein nicht minder riesiger Chor Herausragendes leistet, scheint dagegen bisher kaum wahrgenommen worden zu sein. Singen können sie halt auch, die Venezolaner – na gut. Den Bereich des Chorsingens als einen für ein bestimmtes Repertoire notwendigen Nebenschauplatz anzusehen, hieße aber, die visionäre Weitsicht und die pragmatische Beharrlichkeit eines José Antonio Abreu gründlich zu unterschätzen.

Sein Ziel formuliert der Gründer und Übervater des Sistema ganz klar: In den kommenden Jahren sollen die Kinder- und Jugendchöre des Landes quantitativ und qualitativ mit den Orchestern gleichziehen. So ist kürzlich auch der schon jetzt unaussprechliche Name der Stiftung, „Fundación del Estado para el Sistema Nacional de las Orquestas Juveniles e Infantiles de Venezuela“ – kurz FESNOJIV – noch um den Zusatz „y Coros“ erweitert worden. Unterstützung bei der Fortbildung der Chorleiter erhofft sich Abreu aus Deutschland, wo unter Vermittlung des Deutschen Musikrates (schon 2008 hatten, vom DMR organisiert, deutsche Instrumentalisten für einige Monate im Sistema gearbeitet, siehe nmz 10/08) und des früheren Botschafters von Venezuela in Deutschland, Erik Becker Becker, im vergangenen Jahr beim Bonner Beet-hovenfest erste Gespräche mit Vertretern der Hochschule für Musik und Tanz Köln geführt wurden. Bei einem Besuch in Venezuela sollten sich nun Dekanin Christine Stöger, Prorektor Heinz Geuen und Robert Göstl, Professor für „Kinderchorleitung/Singen mit Kindern“ ein Bild von der Chorarbeit innerhalb des Sistema machen und erste Schritte für eine konkrete Kooperation vereinbaren.

Beim Tagesausflug nach Barquisimeto, der etwa 300 km westlich von Caracas gelegenen Hauptstadt der Provinz Lara, drängt sich den akademischen Gästen freilich die Frage auf, wer hier von wem zu lernen hätte.

Hier gilt’s der Kunst und den Menschen

Auf dem Kirchplatz von Santa Rosa ist wenig von der Armut zu spüren, die diesen Vorort der Millionenstadt prägt. Von der Basilika aus wird im Januar in einer der größten Marienprozessionen der Welt die „Divina Pastora“, die göttliche Hirtin, ins Stadtzentrum getragen. An diesem heißen Vormittag scheint einzig der Taubenschlag nennenswert bevölkert, bis sich am gegenüberliegenden Ende des Platzes die ehemalige Schulkantine zu füllen beginnt. Vor gut einem Jahr noch war Libia Gómez – sie hat in Lara das Chorwesen innerhalb des Sistema maßgeblich aufgebaut – von Haus zu Haus gezogen, um kleine Sängerinnen und Sänger anzuwerben, nun gibt es in dem Viertel, wo das Sistema bisher nicht Fuß gefasst hatte, schon drei Chöre in Altersstufen zwischen vier und elf Jahren. Kleine Geschichten sind es meist, die sie in ihren Liedern, von Gesten unterstützt, erzählen, auch die Solmisationssilben werden singend rekapituliert, und die Ältesten verwandeln sich in dem beliebten Kanon („Die Geige die singet …“) in ein vielstimmiges Orchester. Dass es den auch auf Deutsch gibt, wie Robert Göstl vorführen kann, nehmen sie mit Begeisterung auf.

Wohin diese, hier noch in ersten, aber vielversprechenden Anfängen steckende Basisarbeit einmal münden wird, ist dann im riesigen núcleo von Barquisimeto in höchster Intensität zu erleben. Dort, wo Gustavo Dudamel seine ersten musikalischen Schritte tat, ohne freilich in eines von Libia Gómez’ Ensembles aufgenommen zu werden („er sang einfach nicht gut genug“), werden in einem Chorraum bescheidensten Ausmaßes die Tische mit den Bürocomputern zur Seite gestellt, um den Sängern Platz zu machen. Neben weiteren, nicht bloß putzigen, sondern gut vorbereiteten Kinderensembles, ist auch ein Chor der Eltern darunter. „Leider können die nur dreimal in der Woche proben“, heißt es entschuldigend, bevor deren Stimmgewalt das Zimmerchen erbeben lässt. Die „Camerata Larense“ schließlich erweist sich unter Libia Gómez’ geschmeidig animierendem Dirigat als ein international konkurrenzfähiger Kammerchor. Hochgeschwindigkeits-Artikulationen bereiten ihm ebenso wenig Schwierigkeiten wie heikle harmonische Schwebezustände oder vertrackt ineinander verschobene Folklore-Rhythmen. Der Stolz darüber, dass ausländische Gäste das Sistema zum ersten Mal nur wegen der Chöre besuchen, scheint sie zu beflügeln. Den Leiterinnen der Kinderchöre aus Santa Rosa begegnet man hier nun als Sängerinnen wieder, und für den Nachwuchs an Dirigentinnen wird ebenfalls schon gesorgt: zwei junge Mädchen führen uns die Schlagbilder vor, die sie schon können; in Santa Rosa waren auf die Frage, wer einmal selbst einen Chor leiten wolle, alle Finger nach oben gegangen.

Tags darauf in Maracay, der Hauptstadt Araguas, kommen neue, nicht minder überwältigende Eindrücke hinzu: die von einer ganz selbstverständlich daherkommenden instrumentalen und vokalen Kompetenz getragene und vom Gehörlosen-Chor der weißen Hände ins Gestische übersetzte Ausdrucksfähigkeit des Ensembles behinderter Kinder und Jugendlicher; die Intonationssicherheit und Klangsensibilität der „Niños Cantores“ unter Maria Isabel Eulate in Leo Delibes’ „Agnus Dei“ aus der Missa Brevis; die beinahe unwirklich schöne Tenorstimme eines 16-jährigen Solisten; die Probe der „Cantata Criolla“ von Antonio Estévez, in der die Kinder und Jugendlichen ganz selbstverständlich neben den Profis des städtischen Orchesters sitzen; aber auch der Tonfall, mit dem Henry Crespo, Leiter der Stiftung in Aragua, den Gästen aus Europa seine Unterweisung in Sachen Sistema-Philosophie verpasst.

„Wir haben mit allen Regeln gebrochen“, doziert er mit einem Nachdruck, der entfernt nach missionarischem Eifer klingt. Als er dann aber von dem Gebäude berichtet, das nach mehreren Einschüssen infolge von Bandenkriegen aufgegeben werden musste, gewinnt der in den Präsentationen gewonnene Eindruck, dass hier junge Menschen um ihr Leben spielen und singen, plötzlich eine erschreckende Bestätigung. Und es wird klar, dass sich die Verantwortung der Unterrichtenden für ihre Schüler nicht auf den künstlerischen Bereich beschränken kann. Dass es künstlerische Wahrhaftigkeit bei der Vermittlung musikalischer Fertigkeiten ohne das Verantwortungsbewusstsein für den ganzen Menschen nicht gibt. Nicht in einem von Armut und Kriminalität gebeutelten Land, aber wohl auch sonst nicht.

Die Stärke des venezolanischen Modells – das zeigt die unmittelbare Begegnung – besteht nicht im Sozialen auf der einen und im Künstlerischen auf der anderen Seite. Beide Haltungen bedingen sich gegenseitig. Nur weil es als soziales Modell funktioniert, schafft es Kunst, nur weil die Kinder spüren, dass es, auf welchem technischen Niveau auch immer, künstlerisch stets ums Ganze geht, fühlen sie sich als vollwertiger Teil eines sozialen Gefüges. Und weil auch die Eltern, gleich welcher Herkunft, diese Bedeutsamkeit erkennen, gehen sie diesen Weg mit, vertrauen ihre Kinder Musikern an.

Der Meister denkt voraus

Weder ergibt indes Enthusiasmus allein ein System, noch organisiert und finanziert sich ein Projekt dieses Ausmaßes mittels Visionen. El Sistema gleiche einem Ministerium, meint eine Mitarbeiterin des Goethe-Instituts von Caracas, dem die Delegation zur Vorbereitung der künftigen Zusammenarbeit ebenso einen Besuch abstattet wie der Humboldt-Stiftung und dem deutschen Botschafter Georg Clemens Dick. Dieser Eindruck wird im Lauf der Woche in hektischer Betriebsamkeit bestätigt, verdichten sich doch die Hinweise, Präsident Hugo Chávez werde nun endlich dem neuen, aber bereits seit zwei Jahren genutzten „Centro de Acción Social por la Música“, dem Hauptsitz von FESNOJIV in Caracas die Ehre einer offiziellen Eröffnung zuteil werden lassen. „Vierzehn Tage lang hat man uns im vergangenen Jahr sein Kommen täglich aufs Neue zu- und dann wieder abgesagt, diesmal haben wir immerhin eine Woche Zeit zur Vorbereitung …“

Maibel Troia, die unseren Besuch mit ihrem ansteckenden Lachen und ihren beiden in wohlklingendem Wechselspiel tönenden Mobiltelefonen begleitet, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Nachdem sie lange Jahre die Chorarbeit innerhalb des Sistema künstlerisch geprägt hat, ist die Sängerin – bei der Uraufführung von Osvaldo Golijovs Markus-Passion im Jahr 2000 in Stuttgart war sie als Solistin beteiligt – mittlerweile vor allem in der Administration tätig. Ohne jedoch den Kontakt zur Basis verloren zu haben: Musiker jeden Alters begrüßen sie – alle kennt sie beim Namen –, während sie uns durch ein nach neuesten technischen Standards konzipiertes Haus mit multimedial ausgestatteten Proben- und Büroräumen führt. Den herrlichen Konzertsaal krönt eine Klais-Orgel aus Bonn.

Seit kurzem gehört die Stiftung FESNOJIV, die zuvor dem Sozialministerium zugeordnet gewesen war, in die Zuständigkeit des Ministeriums des Vizepräsidenten. Etwa 90 Prozent des Budgets kommen vom Staat, der noch nie soviel in die Stiftung gesteckt hat wie nun unter Chávez. Der weiß natürlich genau, welchen Eindruck die Vorzeigeorchester im Ausland machen, und auch in einer im Fernsehen übertragenen Parlamentssitzung, bei der sich der Justizminister unangenehme Fragen über den desolaten Zustand der Vollzugsanstalten anhören muss, macht es sich gut, wenn das vom Sistema organisierte Gefängnisorchester auf der Tribüne ein patriotisches Ständchen gibt. Über Politik spricht man im Sistema nur vorsichtig, niemand will eine funktionierende Unterstützung gefährden, wie sie José Antonio Abreu jahrzehntelang unter wechselnden politischen Vorzeichen zustande gebracht hat.

Aber es ist dem zerbrechlicher denn je wirkenden Träger des alternativen Nobelpreises anzumerken, wie unangenehm es ihm ist, das offizielle Abschlussgespräch unterbrechen zu müssen, nur weil der Vizepräsident für die Eröffnungszeremonie nach dem Rechten sieht. Umso konzentrierter und präziser ist er danach bei der Sache. Die fachlichen Beobachtungen Robert Göstls teilt er. Sie decken sich mit seinem Plan, in einer ersten Fortbildungsphase das Hauptaugenmerk einerseits darauf zu legen, den Leiterinnen der Kinderchöre noch ein wenig Hintergrundwissen über stimmphysiologische Gegebenheiten zu vermitteln und andererseits die Auswahlchöre bei der Differenzierung innerhalb des A-Cappella-Repertoires zu unterstützen. Schnell ist er sich auch mit Heinz Geuen und Christine Stöger einig, in welche Richtung ein erstes Kooperationsabkommen mit der Kölner Hochschule gehen könnte, das beim kommenden Beethovenfest unterzeichnet werden soll.

Doch Abreu denkt weiter. „Während wir eine Wegstrecke einmal bewältigen, ist er sie zweimal hin- und zurückgegangen.“ Diese Charakterisierung von Maibel Troia bestätigt sich im Laufe des Gesprächs. Am liebsten, so scheint es, würde er einen Kölner Hochschulstandort in Caracas einrichten: Komposition, Musiktheorie, Kammermusik – überall sieht er Nachholbedarf. Im Chorbereich möchte er die ganze Bandbreite, Gregorianik, Vokalpolyphonie, europäisches A-Cappella-Repertoire, venezolanische Musik, Chorsymphonik gepflegt wissen, wobei er seine persönliche Vorliebe für das A-Cappella-Singen nicht verschweigt. „Wenn wir uns darauf konzentrieren“, so Abreu, „würde das hier aber nicht verstanden, wir müssen eine Balance finden.“ Auch Vokalsolisten müssten immer wieder neu ausgebildet werden, Festivals und Wettbewerbe innerhalb des Landes sollten für gesunde Konkurrenz sorgen, meint Abreu, der nebenbei außerdem eine Belebung der Kirchen- und Orgelmusik anstrebt. Lennar Acosta, einer der im Film „El Sistema“ porträtierten Musiker, hat bei Klais in Bonn Orgelbau gelernt und wird seine erstes Instrument natürlich in Venezuela bauen …

Der Blick des anderen

Ein paradoxer Zustand gegenseitiger Bewunderung ist das: Von Deutschland aus erscheint Venezuela als gelobtes Sistema-Land, angesichts dessen jedes noch so gut gemeinte Programm zur „Grundmusikalisierung“ wie ein Feigenblättchen wirkt, während die venezolanischen Musiker begierig die deutsche, die westeuropäische Tradition aufsaugen: Bei der letzten Präsentation entbietet uns das wenige Wochen alte Männerensemble Bruckners „Trös-terin Musik“ in erstaunlicher Textverständlichkeit.

Dieser Blick von Deutschland aus prägt in der Rückschau auch die Einschätzungen der fachlich wie menschlich tief beeindruckten Hochschulvertreter: „Dort arbeiten keine frustrierten Musiklehrer, die eigentlich verkappte Künstler sind, mit bescheidenem Pensionsanspruch auf ihren möglichst frühen Vorruhestand hin, sondern dort brennen Leute für eine geniale, sinn- und friedensstiftende Idee“, bringt Robert Göstl die pädagogische Haltung auf den Punkt. Für Christine Stöger hat die Begegnung mit dem Sistema „den Blick auf das eigene musikpädagogische Referenzsystem gewandelt“, doch relativiert sie auch: „Es gibt jede Menge, was wir von El Sistema lernen können, aber sicher ist auch, dass man nicht dem Wahn verfallen sollte, unlautere Vergleiche anzustellen. Der Kontext dieser Entwicklung ist ein völlig anderer.“

Entscheidend für eine künftige Zusammenarbeit wird für Robert Göstl die Einstellung sein: „Für jeden, der dort vernünftig unterrichten will, ist eine Haltung des Lernenwollens im Lehren noch wichtiger, als es immer und grundsätzlich ist. Vieles können diese im besten Sinne begeisterten Menschen besser als wir. Was sie von uns lernen wollen, muss man in ihnen entfesseln.“

Eine weitere Saite zwischen Venezuela und Deutschland ist also aufgezogen. Sie muss nur noch auf Spannung gehalten werden.

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