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Aufforderung zum Tanz ums Goldene Kalb

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Auch in der Konjunkturflaute unterstützen Banken die Kultur
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Kultur braucht Geld und Geld braucht Kultur. Spätestens seit den 80-er Jahren ist unternehmerische Kulturförderung auch in Deutschland aktuell. Man lobt sie, man kritisiert sie und man braucht sie in Zeiten knapper Staatsmittel mehr denn je: Im Verhältnis zu den Kulturausgaben der Öffentlichen Hand liegt die private Kulturförderung – laut dem Arbeitskreis Kultursponsoring (AKS) im Kulturkreis der deutschen Wirtschaft – in Deutschland inzwischen bei sieben bis zehn Prozent. Was in den angelsächsischen Ländern schon lange zum Alltag gehört, hat auch in Deutschland Einzug gehalten: Das Bewusstsein für privates Kulturengagement ist geschaffen. Im Kultursponsoring zeichnet sich eine zunehmende Professionalisierung ab, das Stiftungswesen boomt mit rund 1.000 Neugründungen im Jahr 2001.

Banken gehören zu den größten Kulturförderern unter den deutschen Unternehmen. Sie handeln mit Produkten oder Dienstleistungen, die ungreifbar, unsichtbar und meist auch austauschbar sind. „Wo nichts produziert wird, jedenfalls nichts, was zu sehen und zu hören ist, wollen Auge und Ohr dennoch ihr Recht“, so Hilmar Kopper, unter dessen Ägide bei der Deutschen Bank die Kultur-Stiftung gegründet wurde. Banken können sich über das Geld nicht differenzieren, da braucht man die Meta-Ebene. „Selbstdarstellung hebt das Selbstgefühl und ist doch kein Selbstzweck.“ (Hilmar Kopper)

Die Nähe der Finanzwirtschaft zur Bildenden Kunst ist zwar groß, Musik aber steht in der Rangfolge gleich auf Platz zwei. Kaum ein Musikfestival ist ohne Sponsoring durch eine Bank vorstellbar und landauf, landab gibt es kaum eine größere Bankniederlassung, die nicht für Ihre Kunden Konzerte veranstaltet. Die Motive reichen von mäzenatischen Aspekten und persönlichen Interessen über Imageverbesserung, Kontakt zu Geschäftspartnern, dem Erschließen neuer Zielgruppen, Mitarbeitermotivation und Abgrenzung zur Konkurrenz bis hin zu Kapitalanlage und Steuerersparnis.

Sponsern, stiften, spenden

Mit geschätzten 300 bis 350 Millionen Euro im Jahr hat das Kultursponsoring (rund zehn Prozent des gesamten Sponsoringvolumens) den größten Anteil an der privaten Kulturfinanzierung. Rund 125 Millionen Euro werden nach Angaben des AKS von Stiftungen für Kultur ausgegeben; Spenden, die in die Kultur fließen, werden auf rund 50 Millionen Euro geschätzt. (Spenden für Kultur sind schwer bezifferbar, da beispielsweise in vielen Unternehmen die Durchrationalisierung von Spenden noch nicht stattgefunden hat.) Sponsern, stiften, spenden: Das sind die drei Schlagworte, in die sich die Formen der Zuwendung grob kategorisieren lassen.

Sponsoring, das ist auch in der Kultur ein partnerschaftliches Geschäft mit Leistung und Gegenleistung, eingebettet in die Kommunikationspolitik eines Unternehmens (und steuerlich als Betriebsausgabe verbucht). Mit dem AKS kümmert sich ein Lobby-Verband um die Interessen von inzwischen mehr als 60 Unternehmen der deutschen Wirtschaft, die Kultursponsoring aktiv in ihr Marketingkonzept eingebunden haben.

Sponsoren von Kulturveranstaltungen werden extern wie intern erstaunlich positiv wahrgenommen: eine im Jahr 2000 vom Bundesverband der Deutschen Industrie in Auftrag gegebene Studie ergab: 63 Prozent der Befragten hatten wahrgenommen, dass die Veranstaltungen gesponsert wurden und 43 Prozent konnten den Namen des Sponsors nennen. Darüber hinaus: Die Erwähnung in redaktionellen Beiträgen der Tages- und Fachpresse ist kostenlos und über den Beigeschmack von klassischer Werbung erhaben.

Im Gegensatz zum Sponsoringgeschäft stehen Spenden und Stiftungen, bei denen der mäzenatische Gedanke überwiegt und geschäftspolitische Intentionen meist im Hintergrund stehen. Zur Musik: Das Spektrum der einzelnen Kreditinstitute, die Musik unterstützen, ist bunt und reicht von den großen Privatbanken wie Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank, den öffentlich-rechtlichen Instituten der Landesbanken und Sparkassen bis zu den genossenschaftlich organisierten Banken. Dahinter verbergen sich ganz unterschiedliche Konstruktionen und Motive. Unterstützt werden Festivals, Komponisten und Musiker, Ensembles und Stiftungen; Preise, Stipendien, Projekt- und Studienbeihilfen werden vergeben, Veranstaltungen unterstützt, Instrumente finanziert und vieles mehr. Häufig genannte Schlagwörter sind „Jugend“, „Nachwuchs“, „Bildung“, „klassisch“, aber auch „zeitgenössisch“.
Um nur einige Banken – unabhängig von Größe und Fördervolumen – herauszugreifen: Die Commerzbank, deren Engagement sich auf Ökologie und Sport konzentriert, fördert auch Musik mit gezielt ausgewählten Projekten, die in die Marketingaktivitäten passen, vor allem klassische Konzerte als Kundenveranstaltungen. Betont unabhängig von der Geschäftspolitik agiert die Commerzbank Stiftung. Für Kultur wurden im vergangenen Jahr rund 280.000 Euro aufgebracht. Förderschwerpunkte für die Musik sind die Deutsche Stiftung Musikleben und in Leipzig das Bacharchiv sowie der Thomanerchor. Die Deutsche Bank stellte 1995 die Kultur-Stiftung der Deutschen Bank vor. „Die Bank hat diese Einrichtung geschaffen, um das kulturelle Engagement dauerhaft und unabhängig zu machen. Sie hat uns damals mit 51 Millionen Euro ausgestattet und wir leben jetzt von den Erträgen dieses Stiftungskapitals“, so Michael Münch, Vorstandsmitglied der Kultur-Stiftung. Ungefähr die Hälfte der Projekte gelten der Musik. Das fängt bei der Nachwuchsförderung an (etwa die Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker) und geht bis zur zeitgenössischen Musik. „Da nutzen wir die Freiheit einer Stiftung aus und fördern eher sperrige Projekte: Donaueschinger Musiktage, Ensemble Modern oder ähnliches, was sich für ein Sponsoring eher nicht eignen würde“, so Münch. Kultursponsoring durch die Deutsche Bank AG wird seit der Gründung der Kultur-Stiftung nur noch in Ausnahmefällen betrieben, so etwa das Engagement bei den Berliner Philharmonikern: ein klassisches Sponsorship zwischen der Deutschen Bank AG und der Stiftung Berliner Philharmoniker mit Vertrag, Leistung und Gegenleistung.

Wanderer zwischen Welten

Das Kulturengagement der Dresdner Bank konzentriert sich auf die beiden Stiftungen: die Jürgen Ponto-Stiftung, die gerade ihr 25. Jubiläum feierte, und die Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank. Zum Profil beider Stiftungen gehört die Nachwuchsförderung, der Bildungsaspekt und die Förderung interessanter zeitgenössischer Positionen. Ehrgeizigstes Musikprojekt der Kulturstiftung Dresden ist die Dresdner Konzertreihe „Global Ear“, die zeitgenössische Komponisten vorstellt, die „Wanderer zwischen den Welten und damit im besten Sinne ‚Global Player’ sind“, so Karin Heyl, Leiterin des Bereichs Kunst und Wissenschaft der Dresdner Bank. Die Jürgen Ponto-Stiftung legt ihren Schwerpunkt auf die Förderung junger, hoch begabter Musiker, die über einen längeren Zeitraum Stipendien erhalten. Daneben werden Projekte wie „Schulen musizieren“ unterstützt.

Die Bilanz nach 25 Jahren Förderung der Jürgen Ponto-Stiftung im Bereich Musik ist eindrucksvoll – eindrucksvoller als das Stiftungskapital von rund fünf Millionen Euro dies auf den ersten Blick vermuten lässt. Viele der früheren Stipendiaten gehören heute zu den führenden Interpreten im internationalen Musikgeschäft, so zum Beispiel Kolja Blacher, Lars Vogt, Christian Tetzlaff, Daniel Müller-Schott oder Isabelle Faust, die im übrigen eine Stradivari – eine Leihgabe der L-Bank Baden-Württemberg – spielt. Das Bankhaus Metzler unterstützt seit über zehn Jahren „Live Music Now“ in München mit rund 25.000 Euro per annum und war dort sicherlich die Initialzündung für eine kontinuierliche Konzertreihe mit jungen Künstlern in sozialen Einrichtungen. Seit einiger Zeit wird auch „Live Music Now“ in Frankfurt mit einem ähnlichen Betrag unterstützt.

Das Bankhaus Metzler, das sicherlich stärker in der Wissenschaftsförderung, sozialen Projekten oder auch in der Bildenen Kunst engagiert ist, sieht die Unterstützung von „Live Music Now“ als mäzenatisch und nicht als Sponsoring. Ganz anderes strukturiert ist die Kulturförderung der Sparkassen-Finanzgruppe, die mit über 500 Sparkassen, den Regionalverbänden, Landesbanken, Landesbausparkassen, öffentlichen Versicherungen und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband als Dachverband über 730 Institute zählt. „Wichtig ist: Die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe fördern Kunst und Kultur auf vielen verschiedenen Ebenen. Wir unterstützen lokale Engagements und den Nachwuchs ebenso wie Projekte mit internationalem Anspruch.“, so Heike Kramer vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Und das geschieht via Spende, Sponsoring und den Stiftungen. Von den 15 größten deutschen Stiftungen sind sieben Stiftungen der Sparkassen-Finanzgruppe dabei.

Hoher Einsatz

Kultur wurde 2001 mit über 23 Millionen Euro von Seiten der Sparkassenstiftungen gefördert, das gemeinnützige Förderengagement der Sparkassen für die Kultur betrug zusätzlich gut 100 Millionen Euro, wovon 16 Prozent in die Musik flossen. „Jugend musiziert“ ist eines der Musikprojekte, das jährlich mit rund 500.000 Euro unterstützt wird. Auch die NORD/LB gehört zur Sparkassen-Finanzgruppe. Sie ist eine Landesbank in drei Bundesländern, die ihren Fokus in der Musik mit rund 300.000 Euro (2002) aus Sponsoringmitteln auf die großen Festivals in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern legt.

Der Einsatz ist hoch, wenn auch, gemessen an den Erwartungen der Kulturschaffenden, bei weitem nicht hoch genug. Übrigens: Bei einer Umfrage 1999 waren auf die Frage, welche Unternehmen mit Kunst und Kultur assoziiert werden, auf den ersten drei Plätzen zwei Kreditinstitute: die Sparkassen und die Deutsche Bank.

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