Betancor: Mein Herz will sich schlagen +++ Olaf Zimmermann: Kulturpolitik auf den Punkt gebracht: Kommentare und Begriffe +++ Voces8: Eventide +++ BUJAZZO 25 +++ Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen +++ Matthias Kaul: Some kind of way out of here +++ Josef Achtélik: Peterchens Mondfahrt +++ Lang Lang Piano Academy: mastering the piano, Spielend durch die Welt der Klaviertechnik +++ Peter Schleuning: Vom Kaffeehaus zum Fürstenhof. Johann Sebastian Bachs Weltliche Kantaten
Betancor: Mein Herz will sich schlagen, Kurtmusik 2015, € 12,-
„Es war so schön gestern Nacht, so richtig schön. Es hat zwar nicht viel gebracht, aber schön…?“ – für solche swingenden Sätze liebt man sie: Susanne Betancor, die „Popette“. Ihr nunmehr sechstes Studio-Album verwöhnt die Hörerinnen und Hörer wieder mit jazzfunkbluesigem Kammerpop. Ein zärtlich bis zuweilen surreales Werk über die Liebe, Zweifel bis Frau von der Leyen… Und wer sie noch nicht live erlebt hat, sollte das unbedingt bald nachholen: CD-Release am 17. Dezember im BKA-Theater in Berlin!
Ursula Gaisa
Olaf Zimmermann: Kulturpolitik auf den Punkt gebracht: Kommentare und Begriffe. Edition Deutscher Kulturrat. 140 Seiten, Paperback. ISBN: 978-3-934868-32-8
Nachdem die altväterliche Regel „Eigenlob stinkt“ längst durch das zeitgeistig-effektive Self-Marketing abgelöst wurde – diesmal von mir aus voller Überzeugung ein Geschenktipp für eine Anthologie eines geschätzten Partners und Mitstreiters: Für die Zeitschrift „Politik & Kultur“ verfasst Olaf Zimmermann seit zwölf Jahren das Editorial. Jeweils teils bissige, teils nachdenkliche, stets aber kluge Streiflichter auf aktuelle kulturpolitische Szenerien. Diese Texte sind nun als eine Art „Timeline“ aktueller Kulturgeschichte aneinandergereiht und liefern, je nach Interpretation und Gemütslage des Rezipienten, Bilder einer vorsichtigen Evolution oder auch eines betönernen Stillstandes. Wenn man den Begriff „sexy“ einmal nicht machomäßig auslegt, lässt er sich im Sinne von „reizvoll“ durchaus auf kulturpolitische Entwicklungsschritte anwenden. Ergänzt wird der Band durch ein knappes, präzises Glossar und ein Begriffsregister – sehr hilfreich auf dem Weg durch den Dschungel kulturpolitischer Instanzen.
Theo Geißler
Voces8: Eventide, Decca (UMO)
Eine neue CD der A-cappella-Gruppe „Voces8“ aus England: Mit Werken von Bruckner bis Britten, von Tallis bis Biebl. Die acht Vokalisten singen in gewohnt brillanter Qualität. Zu Weihnachten auch empfehlenswert: Die CD „Christmas“ der gleichen Gruppe aus dem Jahr 2012!
Barbara Haack
BUJAZZO 25, Jazz thing, Next Generation Vol. 49, double moon, dmchr 71124
Eine Doppel-CD von der jetzt schon legendären Formation des Bundesjazzorchesters zu ihrem 25-jährigen Jubiläum. Die eine CD mit virtuosen Arrangements älterer Literatur unter Jiggs Whigham, die andere CD mit eigens komponierten neuen Stücken unter der Leitung von Niels Klein. Wie ein Zuhörer schwärmte: „Das wohl beste BuJazzO, das es je gab.“ Hervorragend abgemischt, ein Meilenstein des deutschen Jazz und ein Denkmal der Jugendförderung in Sachen Jazz hierzulande.
Martin Hufner
Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen. Zhu Xiao-Mei, Klavier. Accentus Musicus ACC 20313 (DVD)
Bach zur Weihnacht: Das muss nicht unbedingt das Weihnachtsoratorium sein. Stattdessen kann man zusammen mit Zhu Xiao-Mei in den Kosmos der Goldberg-Variationen eintauchen. Was die Grande Dame des Bach-Spiels beim diesjährigen Leipziger Bachfest in der Thomaskirche zelebrierte, war spirituell erfülltes Musizieren ohne jede „Pianistik“. In der beigefügten Dokumentation („The Return is the Movement of Tao“)legt die chinesische Pianistin, die schon ihre Autobiografie von 2009 in zwei Arien und 30 Variationen gegliedert hatte, ruhig und eindringlich Zeugnis ab von ihrer ganz eigenen Sicht auf Bachs Gipfelwerk.
Juan Martin Koch
Matthias Kaul: Some kind of way out of here; Ensemble L‘art pour l‘art, Nomos Quartett, Ute Wassermann, artworks Wolfgang Kahle, NURNICHTNUR LC 05245 Berslton – 113 0930, c+p 2014
Die Hülle der neuesten CD von Matthias Kaul ist in der Größe einer EP aus der Mitte des letzten Jahrhunderts und wurde von dem Künstler Wolfgang Kahle gestaltet. Jedes Cover der auf 500 Stück limitierten Auflage ist ein Unikat und mit Thermochrome-Farbe bemalt. Das heißt, bei verschiedenen Temperaturen sieht das Cover verschieden aus. Matthias Kauls Musik ist damit bestens verpackt. Doch das Schönste kommt nach dem Auspacken: Eine Serie von Ensemblestücken, die Kauls gesamte Musik-Palette zwischen Gaga, Geräusch und Klang-raffinesse repräsentiert.
Andreas Kolb
Josef Achtélik: Peterchens Mondfahrt, Ersteinspielung, MDR KLASSIK, Vol. 8, CD MDR 1401? http://www.rundfunkschaetze.de
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft hat MDR Klassik eine wahre Ausgrabung auf CD heraus gebracht. Wer weiß schon, dass das berühmte Kinderbuch „Peterchens Mondfahrt“ von Gerdt von Bassewitz ursprünglich ein Bühnenspiel in sechs Bildern mit der Musik von Josef Achtélik war? 1912 wurde es in Leipzig uraufgeführt, feierte über Jahre hinweg große Erfolge an deutschen Bühnen und trat bereits 1915 seinen Siegeszug um die Welt an, diesmal in Form eines Kinderbuches mit Zeichnungen von Hans Baluschek. 1937 brandmarkten die Nationalsozialisten die Arbeiten des Malers als „entartete Kunst“ und unterbanden alle weiteren Veröffentlichungen. So geriet neben dem Buch auch das Bühnenstück in Vergessenheit. Dem Spürsinn des Chorleiters des MDR Kinderchores, Ulrich Kaiser, ist es zu verdanken, dass das Werk anlässlich der 100-jährigen Wiederkehr der Uraufführung 2012 erstmals wieder aufgeführt wurde. Die einzig noch existierende handgeschriebene Originalpartitur lag der Aufführung zu Grunde und die Musik steht der 19 Jahre älteren Oper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck in nichts nach. Immer noch kann sie die Herzen der Kinder erfüllen, was wohl auf schönste Weise das begeisternde Engagement der jungen Sänger des MDR Kinderchores sowie der engagierten Sprecher während der CD-Produktion beweist!
Barbara Lieberwirth
Lang Lang Piano Academy: mastering the piano, Spielend durch die Welt der Klaviertechnik. Levels 1.3 je € 12,99, Levels 4-5 je € 13,99. Eine Koproduktion von Faber Music & Edition Peters (2014), ISBN 0571-53851-55
Kein Mangel an Klavierschulen für Kinder: Jede Generation schwört auf ihre Methode, jeder Musikverlag ist stolz auf sein Schulwerk. Das reicht von Hummel und Burgmüller über Wohlfahrt und Damm bis zu Kroeber-Asche, Ziegler, Emonts, Molsen… Jetzt kommt der junge Überflieger Lang Lang, erinnert sich seines Erfolgsweges. Das Tastenspiel mit Spaß und Lust zu erobern, das will er weitervermitteln, spielerisch, in kleinen Schritten. In der Stückewahl Anleihe aus dem Weltrepertoire aus Klassik und Gegenwart, von Burgmüller bis zur Barenboim-Generation. Auch mit Lang Lang gibt es keinen kurzen Weg zum Klaviervirtuosen, aber sicher einen mit Spaß und Lust, der inspiriert, fantasievoll herausfordert und durch Neugierde weiterführt. Lang Lang versteht es, in seine virtuelle Piano Academy einzuladen. Sein Material? Das sind zunächst fünf systematisch aufbauende Hefte „mastering the piano“, ansprechend illustriert, mit klar ausgezeichnetem Notenbild, mit Phrasierung, Fingersatz, Tempo, eben mit allen Signalen für die Interpretation. Dazu Lang Lang’s prägnante Mini-Botschaften, die den jungen Pianisten und seinen Lehrer nicht belehren, sondern in Augenhöhe ansprechen.
Eckart Rohlfs
Peter Schleuning: Vom Kaffeehaus zum Fürstenhof. Johann Sebastian Bachs Weltliche Kantaten (Studien und Materialien zur Musikwissenschaft, Bd. 79), Georg Olms Verlag, Hildesheim u.a. 2014, 183 S., Notenbsp., € 28,00, ISBN 978-3-487-15111-3
„Tönet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten!“ Warum nicht unter dem nun wieder allgegenwärtigen Eindruck des Weihnachtsoratoriums einmal einen genaueren Blick auf Bachs weltliches Kantatenschaffen wagen, das mit dem geistlichen per Parodieverfahren ja vielfältig verknüpft ist. Schleuning legt zu diesem für Bach auch aus ökonomischen Gründen relevanten Werkkorpus ein kompaktes Kompendium vor, das Werkbetrachtung mit sozial- und kulturgeschichtlichen Aspekten trefflich verbindet. „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage!“
Michael Wackerbauer