Schwanengesang am Berliner Staatsballett: Nach zehn Jahren gibt der Gründungsintendant und Erste Solotänzer Vladimir Malakhov an diesem Samstag seine letzte Vorstellung. Der 46 Jahre alte Tanzstar verabschiedet sich im Schiller Theater vom Berliner Publikum mit der eigens für ihn geschaffenen Inszenierung «Tschaikowsky». Vorher tritt Malakhov am Freitag noch ein letztes Mal bei einem seiner großen Erfolge auf - als «Caravaggio» in einer Choreografie über den italienischen Maler.
Der Weggang kommt nicht überraschend. Vor mehr als einem Jahr hatte der in der Ukraine geborene Tänzer erklärt, dass er seinen Vertrag über die laufende Spielzeit hinaus nicht verlängern wolle. Die Ankündigung hatten Insider früher oder später erwartet. Immer wieder gab es Querelen zwischen Malakhov und der Kulturverwaltung - bis zum endgültigen Bruch im Februar 2013. «Ich verlasse Berlin mit unzerstörtem Gesicht», sagte er in einem «Welt»-Interview. Dennoch war sein Ruf angekratzt.
Dabei hatte der Tänzer zwei Jahre nach seiner Ernennung zum Chef der inzwischen abgewickelten Ballett-Compagnie der Staatsoper Unter den Linden aus den Ensembles der drei Opernhäuser 2004 eine neue Gruppe geschmiedet. Von den drei Ensembles blieben 88 Tänzer und Tänzerinnen übrig. Die Fusion hinterließ aber auch Verwerfungen. Malakhov verlor seine Primaballerina Polina Semionova. Nach langem Tauziehen erhielt die Compagnie schließlich eine feste Bleibe in der Deutschen Oper.
Doch noch immer muss sie für ihre Auftritte zwischen den Opernhäusern pendeln.
Zwar sahen Fachleute und Kulturpolitiker Malakhovs traditionellen Ansatz, wie er ihn an der Moskauer Ballettschule gelernt hatte, eher kritisch. Doch das Publikum spielte mit: Im vergangenen Jahr lag die Auslastung des Staatsballetts bei 86,4 Prozent, im Gründungsjahr waren es gerade einmal 61,4 Prozent gewesen. Zu den Rennern gehörte «Der Nussknacker», der immer ausverkauft war.
Als Malakhovs Nachfolger tritt in Berlin der Spanier Nacho Duato (57) an, der vom St.-Petersburger Michailowsky-Theater kommt. Die Ernennung durch den Regierenden Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) hatte Rätselraten in der Tanzszene ausgelöst. Kritiker bezweifeln, dass Duato, der einst die spanische Compania Nacional de Danza zu Weltruhm führte, Berlin eine wegweisende Handschrift beim Tanz verpassen kann. «Die Zeichen stehen nicht unbedingt auf Aufbruch», schrieb der «Tagesspiegel».
Tatsächlich steht die Tanzszene in der Hauptstadt im Umbruch. Denn nicht das klassische Ballett, sondern die zeitgenössisch ausgerichtete Compagnie «Sasha Waltz and Guests» hat den Tanz in Berlin weit über die Grenzen der Metropole bekanntgemacht.
Waltz, die sich von der Berliner Kulturpolitik stiefmütterlich behandelt fühlt, dringt auf mehr Unterstützung und hat sich dafür Verbündete gesucht. Zu ihnen gehört Daniel Barenboim. Der Generalmusikdirektor der Staatsoper holt Waltz regelmäßig für Tanzproduktionen an sein Haus. Erstmals konnte Waltz auch Oper inszenieren: Richard Wagners «Tannhäuser». Malakhov geht derweil demnächst als künstlerischer Berater beim Tokyo Ballett nach Japan.