„Die größte Wohltat für das Ohr ist und bleibt ein Männerchor!“, konnte man vor Kurzem in einem Facebook-Kommentar lesen. Zu dieser These gibt es sicherlich unterschiedliche Auffassungen (zu welcher These gäbe es die nicht?), aber ergänzt man „ein guter Männerchor“, dann steigt die Zustimmung auch unter Fachleuten sicher beträchtlich.
Das Jahr 2011 überblickend fällt doch auf, dass beispielsweise auf dieser „Chorszeneseite“ der nmz zwar viel die Rede von Kinder- und Jugendchören, auch von gemischten Chören war und dass sich viele Kursangebote und Festivaltipps darauf bezogen haben – der Männerchor jedoch kam sträflicherweise einfach nicht vor. Sowohl zahlenmäßig als auch qualitativ trifft dies die Realität bei weitem nicht. Denn trotz der sinkenden Mitgliederzahlen in vielen Männerchören ist die Gesamtzahl immer noch beträchtlich, und wer in Köln eine der Aufführungen des „Divertissmentchens“ in der Philharmonie sieht und hört, wer Konzerte der vielen kleinen, aber feinen Männerchöre und Ensembles bestehend aus ehemaligen Mitgliedern deutscher Knabenchöre hört, der wird bekennen, dass die These in der Überschrift so falsch nicht ist.
Der Hessische Sängerbund plant in Kooperation mit dem Deutschen Chorverband im Rahmen des Deutschen Chorfestes nun ein Großevent für Männerchöre, das in Deutschland bislang seinesgleichen sucht. Geschätzt um die 1.000 singende Männer werden am 9. Juni um 15.00 Uhr in Frankfurt am Römer zu einem offenen Singen erwartet, um gemeinsam alte und neue „Hits“ der Männerchorliteratur zu singen. Aktuell kennt man „Offene Singen“ fast ausschließlich für Gemischte Chöre. Bei vielen Festivals weltweit gehören sie mittlerweile fest zum Ablauf und für viele Teilnehmer auch zu den Highlights. Ein solches Singen ausschließlich für Männerchöre durchzuführen, ist jedoch ein Novum. Den veranstaltenden Verbänden geht es vor allem um den Spaß an der Musik und den Spaß am gemeinsamen Musizieren, aber auch um eine zeitgemäße und klischeefreie Präsentation eines nach wie vor vitalen Genres. Garanten für das Gelingen di Modellprojekts sind auch die beiden Chorleiter, die das „Offene Singen“ begleiten: Jan Schumacher und Jürgen Faßbender sind ausgewiesene Experten im Bereich Männerchor und feiern mit ihren Ensembles regelmäßig internationale Erfolge.
Im Mittelpunkt dieses Nachmittags steht das gemeinsame Singen bekannter Stücke, die viele Männerchöre aus guter Tradition in ihrem Repertoire pflegen. Aber auch einige neue Stücke sollen einstudiert werden und Appetit machen auf „moderne“ Stücke, die es ebenfalls für diese Gattung gibt. Gerne wird der Männerchor ja als „Dinosaurier“, als aussterbendes Exemplar der Gattung Chormusik angesehen. An diesem Tag vor dem Römer in Frankfurt könnte es sich zeigen, wie lebendig er noch ist.
Als musikalische Grundlage zu dieser Veranstaltung dient das Chorbuch „Reine Männersache!“, welches in Zusammenarbeit von DCV und HSB mit dem C.F. Peters Musikverlag eigens für diesen Anlass erstellt wurde. Die Sammlung bietet einen großen Schatz an Sätzen für Männerchöre und ist in drei Abschnitte gegliedert: Der erste Teil enthält „klassische“ Männerchorwerke vom Mittelalter bis zur Romantik. Neben echten Klassikern wie Schuberts „Lindenbaum“ oder Mendelssohns „Jäger Abschied“ finden sich auch eher unbekannte Kleinodien wie Reinthalers „Gute Nacht“, „Der Lenz all’ Äst bekleiden tut“ von Friderici oder „Kuckuck“ von Richard Strauss. Auch der zweite Teil, der sich mit dem Thema „Volkslied“ beschäftigt, ist sehr breit gefächert. Die Sätze stammen unter anderem von Silcher, Mathieu Neumann, Walter Rein, Heinrich Poos bis hin zu Bernd Englbrecht. Im dritten Teil mit populären deutschsprachigen Stücken unserer Zeit reicht das Spektrum von Arrangements bekannter A-Cappella-Gruppen wie den Wise Guys oder Maybebop bis hin zu Schlagervertonungen und Sätzen aus der Rockmusik. rg
„Reine Männersache!“ – Offenes Singen für Männerchöre
Samstag, 9. Juni 2012, 15.00 Uhr, Frankfurt, Römerberg.
Anmeldung: www.hessischer-saengerbund.de