Einen Liederpass brauchen sie sicher nicht, die Mitglieder der Augsburger Domsingknaben. Allenthalben wird geklagt, dass Kinder kaum mehr singen würden, weder im Elternhaus noch in der Schule. Der Liederpass ist eine Initiative des Bündnisses für das Singen mit Kindern in Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg.
Einen Liederpass brauchen sie sicher nicht, die Mitglieder der Augsburger Domsingknaben. Allenthalben wird geklagt, dass Kinder kaum mehr singen würden, weder im Elternhaus noch in der Schule. Der Liederpass ist eine Initiative des Bündnisses für das Singen mit Kindern in Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg.Das Volkslied soll eine Renaissance in den Klassenzimmern und Familien erfahren. Via Internet wird das Lied des Monats gekürt und wer dieses Lied singen kann, den Text kennt, der kann sich das im Liederpass eintragen lassen. Ob sportlicher Ehrgeiz oder Sammelleidenschaft die Freude am Singen wecken kann?In Augsburg geht man da schon seit einem Vierteljahrhundert andere Wege. Da klingen helle Knabenstimmen durch das Haus St. Ambrosius im Herzen der Fuggerstadt. Die Dommusik ist in dem liebevoll restaurierten Domherrenhaus aus dem Jahr 1496 zu Hause.
Kürzlich ist eine neue CD aus dem Sängerhaus erschienen: die Domsingknaben haben einen weiteren Tonträger mit weltlichen Gesängen produziert. „Kommt ihr G’spielen“ ist ein Kleinod mit deutlichem Lokalkolorit. Vom Kinderlied bis zur großen deutschen Chorromantik sind Kompositionen zu hören von Mozart, Haydn, Schubert, Mendelssohn und Bartók. Unterschiedliche Besetzungen vom Kammerchor bis zum Solisten versprechen abwechslungsreiches Hörerleben und die Instrumentalbegleitung mit einem Bläserensemble (Leitung Georg Fischer) und Gottfried Hefele am Klavier macht die CD zu einer vergnüglichen Erlebnisreise durch ausgewählte Volkslieder, Madrigale, Sololieder und Chorsätze.
Hand aufs Herz, wer kann sich denn an noch mehr als den Refrain oder die erste Zeile eines Maienliedes erinnern, wer kennt sie wirklich die zweite Strophe von „Rosenstock, Holderblüh“?
Diese Lücke füllt das aussagefähige Booklet der neuen CD der Augsburger Domsingknaben. Es lädt zum Mitlesen oder Mitsingen der Texte ein. Unter dem Titel: „Von Menschen und Tieren – heiter und besinnlich“ führt Herbert Bruggner zum Nachlesen im Booklet sachkundig durch das Tonträgerprogramm und erzählt von Komponisten, führt ein in Begebenheiten und erklärt musikalische Hintergründe. Das macht Lust auf mehr auch nach dem besinnlichen Schlusstitel „Ade zur guten Nacht“ Im Mariendom gestaltet einer der „weltbesten Knabenchöre“, wie es kürzlich in einer Laudatio zum 25-jährigen Jubiläum hieß, alternierend mit dem Domchor den liturgischen Dienst an der Bischofskirche.
Neben der Gestaltung des samstäglichen Cantate domino ist dies die Hauptaufgabe der jungen Sänger. Darauf werden sie mit einem ganzheitlichen pädagogischen Konzept vorbereitet. Wie ein roter Faden durchzieht sich in jeder Entwicklungsphase der Buben ein Angebot an musikalischer Ausbildung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Stimmbildung, der Arbeit an und mit der Stimme. Jeder Domsingknabe hat das Ziel, einmal im Kammerchor, dem Spitzenensemble singen zu dürfen, solistische Fähigkeiten erworben zu haben und über seine Sängerqualitäten die ganze Welt kennen zu lernen oder in besten Opernhäusern zu singen. Der Weg dorthin führt von der musikalischen Früherziehung über die Vorchöre, den Nachwuchschor und den A-Chor zum Kammerchor. Wertvolle Begleitung auf diesem Weg wird jedem Chormitglied geboten. Jeder Domsingknabe lernt mindestens ein Instrument, die Spracherziehung und das Wissen um Atmung und die Funktion der Stimmbänder sind nützliche Weisheiten und Fertigkeiten in allen Lebenslagen, auch wenn die sängerischen Fähigkeiten nicht für den Kammerchor reichen sollten.
Die Eltern, Opas, Omas oder Nachbarn, die den Schüler in der Regel dreimal die Woche in das Haus Ambrosius fahren, spüren schon in der beruhigenden Eingangshalle den Geist, den dieses Haus atmet und dem man gerne sein Kind anvertraut. Es kann dort die sozialen Kontakte erleben, die den Alltag erleichtern und für unlösbare Hausaufgaben gibt es darüber hinaus kompetente Hilfe.
Wer je die Begeisterung in den Augen der Kinder gesehen hat, wenn sie am Instrumentalabend ihr Können zeigen dürfen, der sieht, dass Förderung mit Fordern zu tun hat, denn die Vortragsleistungen sind durchweg respektabel.
Mutig und selbstbewusst stellen sich die Schüler der Herausforderung, allein oder in kleinen Ensembles ihre erworbenen Fähigkeiten vor Publikum zu beweisen. Wer solche Aufgaben erfüllt, der zerstört nicht anderer Leute Eigentum, der hat (leider unmodern gewordene) Wertvorstellungen vermittelt bekommen.
Musikalische Sonntagskinder nennt Franz R. Miller sein Buch zum 25-jährigen Jubiläum des Knabenchors. Man erfährt darin alles über die ersten Gehversuche und über die geschichtlichen Hintergründe, die Reisen der Domsingknaben und deren Wegbegleiter und Förderer.
Man erfährt vieles über Reinhard Kammler, den vielfach ausgezeichneten Domkapellmeister. Mehr als Worte von ihm erzählen könnten, erfährt man beim Besuch der Messe im Augsburger Dom. Er leitet den Chor nicht nur, er hat klare musikalische Gestaltungsvorstellungen, die er kompromisslos einfordert. Sein Gestaltungswille und seine intelligente Stabführung überträgt er mühelos auf die Sänger, die ihm gerne folgen. Chor, Orchester und Dirigent bilden ein Ganzes zum Lob der Musik und zum Lob Gottes.