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Alles andere als „museal“

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Nachhaltig innovativ: künstlerische und pädagogische Museums-Kooperationen
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Was anlässlich der Eröffnung des Museums Biedermann in Donaueschingen 2009 seinen Anfang nahm, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem vielfältigen Netzwerk interdisziplinärer Projekte entwickelt: Die Zusammenarbeit und der Dia­log der Hochschule mit öffentlichen und privaten Museen, vornehmlich der Bildenden Kunst und Kulturgeschichte. Dies eröffnet den Studierenden und Lehrenden insbesondere der Studiengänge Musikdesign und Music & Movement, aber auch der „klassischen“ Fächer, spannende Aktionsfelder – künstlerisch, pädagogisch, vermittelnd, trans- und intermedial, digital und analog.

So entstanden Performances und Konzerte, Klanginstallationen und Klangskulpturen, Klanginszenierungen und Soundscapes, Interaktive Musik und Medienstationen, Medienguides und Hörspiele – vor allem als Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst, aber auch in zeitgemäßer Reflexion der Tradition. Museen der Region, wie das Museum Biedermann/Art.plus Donaueschingen, das Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck, das Deutschen Harmonikamuseum waren und sind dabei ebenso Partner wie die Kunsthalle Mannheim, das Kunstmuseum Stuttgart, das MoMA New York, das KirchnerHaus Aschaffenburg, das Museum Haus Dix Hemmenhofen, die Galerie der Stadt Sindelfingen oder das Richard Wager Museum Bayreuth.

„Auditive Stolpersteine“

In der Ausstellung „Fritz Schwegler“ in der Kunsthalle Mannheim 2016 folgten Musikdesign-Studierende dessen Prinzip vom „Verrückungspotenzial“ auf ungewöhnliche Weise: Knarzende Holzstiegen zu hören, während man eine Marmortreppe hinaufsteigt – das wirkt im ersten Moment verstörend. Und genau das sollte es auch, ist es doch eine von insgesamt zehn akustischen. Ersonnen haben diese „Auditiven Stolpersteine“ sechs Studierende des Studiengangs Musikdesign an der Musikhochschule Trossingen in Kooperation mit der Hochschule Furtwangen, betreut von Sebastian Bartmann und Prof. Florian Käppler.
Im Mittelpunkt stand der Anspruch, Schweglers Konzepte und Verfahrensweisen auf einer räumlichen Klangebene weiterzudenken. Darüber hinaus haben sich die Studierenden mit dem Selbstverständnis Schweglers als Künstler, Mensch und Lehrer auseinandergesetzt. Ihr Ziel war das subtile Aufzeigen der Vielschichtigkeit als Neben- und Miteinander von visuellen, akustischen und räumlichen Erscheinungen im Museum und im Wahrnehmungshorizont des Besuchers.

Die akustischen Arbeiten begleiten die Besucher während des gesamten Museumsaufenthalts. Sie reichen von Soundscapes zu den Skulpturen von Schwegler im Eingangsbereich über Irritationen durch gezielt eingesetzte Soundeffekte bis hin zu verstörenden Eingriffen in alltägliche, aber unbewusste Klänge, wie etwa von Lüftungsanlagen. Die auditiven Stolpersteine sind durch Dezentralität und subtile Implantation charakterisiert, die sich der Besucher selbst erschließt. Sie drängen sich nicht auf, sondern dienen als Fingerzeig in die Klangwelt Schweglers. Die Museumsbesucher werden eingeladen, ihre Umwelt neu zu erfahren und ihre Hörgewohnheiten zu hinterfragen.

„Kulturgeschichte klingend-interaktiv“

Wenige Meter von der Musikhochschule Trossingen entfernt, entwickelten Studierende der Hochschule Furtwangen University und der Musikhochschule Trossingen im engen Dialog über ein ganzes Jahr hinweg die Medienstationen für die Neueröffnung des Deutschen Harmonikamuseums 2016 im Hohnerareal Trossingen.

Innerhalb eines Jahres entwickelten die Studierenden unter Anleitung von Prof. Florian Käppler und Andreas Brand verschiedene Ideen zur multimedialen Darstellung der Museumsinhalte. In enger Abstimmung mit dem Museumsleiter Martin Häffner, der Ulmer Agentur Braun-Engels Gestaltung sowie Heddier Electronics hatten die sechs Studierenden die Möglichkeit, praxisorientiert zu arbeiten und die verschiedenen Facetten von Museumsdidaktik kennenzulernen. Konzeptionelle, inhaltliche und technische Fragestellungen wurden hierbei intensiv beleuchtet, gemeinsam diskutiert und differenzierte Lösungsansätze gefunden.

Umgesetzt wurde ein interaktiver Stammbaum, der sämtliche Harmonikainstrumente und Artverwandte vereint. Neben einem visuellen Vergleich der einzelnen Instrumente bietet diese Installation ebenfalls einen direkten klanglichen Vergleich. Die noch vorhandenen und spielbaren im Stammbaum implementierten Instrumente wurden dafür im Tonstudio des Musik- und Medienzentrums aufgenommen, abgemischt und für die Anforderungen der digitalen Anwendung aufbereitet. Zu den weiteren Highlights der studentischen Produktionen zählt das interaktive Hörspielplakat mit Geschichten und Sachtexten zur Industriestadt Trossingen und der Firma Hohner um 1900. Darüber hinaus entstanden Medieninstallationen mit zahlreichen Audio- und Videobeiträgen.

„OUTtakes“ – Projekte mit Jugendlichen

Das Kooperationsprojekt mit dem Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck, der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Jugendreferate Tuttlingen und dem Studiengang Musikdesign wandte sich an 14- bis 18-jährige Jugendliche. In einem kreativen Prozess fanden sie heraus, wie man Museumsobjekte auf ihre Geschichte hin untersuchen und diese an die Besucher weitergeben kann. Das Besondere: Die teilnehmenden Jugendlichen entschieden selbst über das zu erarbeitende Sound-Museumsportrait. In Vorbereitungstreffen entstandene Ansätze und Konzeptentwürfe wurden in einer Intensivphase im Museum umgesetzt: Unter Anleitung von Museumsleiterin Almut Grüner, Jugendreferentin Verena Kriegisch und Musikdesigner Andreas Brand verbrachten Jugendliche und Studierende eine erlebnisreiche und gleichzeitig produktive Pfingstwoche im Freilichtmuseum.

Entstanden sind drei Arbeiten, die bis zum Ende der Saison 2016 ausgestellt wurden: Ein fiktiver Krimi, der neben einer einleitenden Geschichte am Museumseingang verschiedene Kurzhörspiele und Zeugenaussage in Form von Hörstationen im gesamten Museumsgelände beinhaltet. Ferner entstand ein auditiv dargestellter historischer Tagesablauf. Ein weiteres Projekt wurde von rhythmisch affinen und bereits technisch versierten Jugendlichen entworfen und umgesetzt: Etliche Klänge wurden im Museum aufgezeichnet und zu Musikstücken formiert.

„OutTakes“ sind Teile von gefilmtem Material, die nicht für den Film verwendet werden. Genauso entdecken die Jugendlichen im Freilichtmuseum Teile ihrer heimischen Geschichte, die vom Museum nicht erzählt werden. Sie reflektieren ihre Erfahrung im Film – aus ihrer eigenen Sicht. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen finden sie neue Wege, das Museum für sich zu entdecken. Das erfolgreiche Konzept wird auch während der Pfingstferien 2017 fortgesetzt.

Performance im (kultur-politischen) Kontext

Die Strukturdiskussion um die baden-württembergische Musikhochschullandschaft barg 2013 eine massive Gefährdung der Trossinger Musikhochschule. Daraus ergab sich eine gemeinsame Aktion des Museum Biedermann (heute Museum Art.Plus) und der Trossinger Hochschule während der Donaueschinger Musiktage – viele weitere sollten folgten.

Die Aktion DIALOG    ∩ ERWARTUNG stellte Kunst und Musik als zueinander gehörig und aufeinander bezogen vor und machte ihren Freiheitsanspruch deutlich. In DIALOG ∩    ERWARTUNG während des  bedeutendsten Festival für zeitgenössische Musik spiegelt sich eine Region mit einer höchst lebendigen Kunst- und Musikkultur und dem Museum Biedermann und der Musikhochschule Trossingen als zwei exponierten Vertretern. Diese beiden Partner machten deutlich: Nicht die Metropolen bereichern die Region - vielmehr verhält es sich umgekehrt: die Metropolen profitieren von den Errungenschaften des ländlichen Raums. Künstler der damaligen Ausstellung „Dialog-Trialog #1“ mit Gästen wie Simon Pfeffel, Voré, Thomas Putze und Gabi Schillig waren mit ihren Werken im Dialog mit Trossinger Musikerinnen und Musikern zu erleben.

Visuelle Skulpturen, Werke und Performances begegneten musikalisch-klanglichen Skulpturen, Werken und Performances. Dabei gestalteten Instrumentalisten, Vokalisten, Musikdesigner und die bildenden Künstler Dialoge. So war beispielsweise das plastische Werk Ausgangspunkt für musikalische Improvisation, Skulptur und klangliche Improvisation wirkten gemeinsam oder spontanes „plastisches Werken“ und musikalische Komposition ergaben ein ganz neues Kunstwerk. Ebenso entstanden Parallelwelten in der Resonanz von plastischem versus musikalischem Werk.

Chronologie in Beispielen

• DIALOG     ERWARTUNG – In der Provinz spielt die Musik, Museum Biedermann Donaueschingen während der Musiktage 2013
• Medienguide und Soundscapes für dasMuseum Haus Dix in Hemmenhofen, 2013
• Ausstellung „Gegenklänge – when sound interferes with the visual“ in Kooperation mit der Kunststiftung Baden-Württemberg in der Galerie der Stadt Sindelfingen, 2013
• Deuxième Correspondance – Experimentelles Hörspiel als akustische Performance mit Jonglage
Museum Biedermann Donaueschingen 2014
• Klanginstallationen und Nachtführung
Museum Biedermann Donaueschingen während der Musiktage 2014
• Hörspiele und Raumklangkonzepte für das KirchnerHAUS Aschaffenburg, 2014
• Sprachaufnahmen für den Audioguide sowie Mitentwicklung der Interaktiven Partitur für das Richard Wagner Museum in Bayreuth, 2015
• Interactive Audio Experience für die Retrospektive der Sängerin „Björk“ im Museum of Modern Art, New York City, 2015
• Interaktive Musik und Medienstationen für das neue Deutsche Harmonikamuseum Trossingen, 2016
• Medienguide für die Ausstellung „I Got Rhythm“ im Kunstmuseum Stuttgart, 2015
• Klanginstallationen für die Ausstellung „Hannah Höch“ in der Kunsthalle Mannheim, 2016
• „between black & white“: Tastenkonzerte  und Interaktionen mit der Ausstellung „between“ im Museum Art.Plus Donaueschingen, 2016
• Hörspiele und Klangskulpturen im Rahmen des Projektes „OUTtakes“ im Freilichtmuseum Neuhausen, 2016 und 2017
www.mh-trossingen.de
www.musikdesign.net

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