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Bayerischer Musikrat verabschiedet Hammelburger Thesen

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Der Bayerische Musikrat hat die „Hammelburger Thesen – Grundsätze zur Musik an Schulen“ verabschiedet, die sich als Leitprogramm und Forderungskatalog an alle richten, die bildungspolitisch Verantwortung tragen. BMR-Präsident Thomas Goppel: „In einer Zeit, in der insgesamt die Schule im Umbruch ist und das Ziel reiner Wissensvermittlung die Richtung vorgibt, ist es wichtig, dass sich das Fach Musik als wesentlicher Faktor zur gesamtganzheitlichen Förderung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen positioniert.“

Laut Art. 131, Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Bayern soll „Schule nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden“. Darauf beruft sich der Bayerische Musikrat und seine Mitgliedsverbände und formuliert in den Hammelburger Thesen die daraus resultierende Notwendigkeit, sich im Bereich Musik für eine kompetente und für alle zugängige Bildungsarbeit einzusetzen.

Die Hammelburger Thesen sind das Ergebnis der Arbeitstagung zum Schwerpunktthema „Musik an Schulen“, wozu der Bayerische Musikrat seine Mitgliedsverbände am 24. und 25. April 2009 nach Hammelburg eingeladen hatte. In Arbeitskreisen erstellten Experten aus den Bereichen allgemeinbildende Schule, Musikschule, Hochschule und Verbände einen Forderungskatalog, der nun in den Hammelburger Thesen zusammengeführt wurde.

 

Hammelburger Thesen - Grundsätze zu »Musik an Schulen«

Präambel
„Die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.“ Art. 131, Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Bayern

Die „Bildung von Herz und Charakter“ findet ihren besonderen Anknüpfungspunkt in den affektiven Lernzielen. Musikerziehung fußt auf diesem wichtigen „Gemütsfaktor“ der Erziehung und ist damit unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung: Musikalische Bildung ist Persönlichkeitsformung. Sie setzt die nötigen Anreize, um zahlreiche, auf andere Bereiche des Lebens übertragbare Fähigkeiten zu entdecken und zu entfalten. Ihre unmittelbare Wirkung beruht auf dem Eigenwert, den Menschen in ihr erkennen und individuell unterschiedlich umsetzen.
Jedem von uns den Zugang zu diesen Werten musikalischer Bildung zu ermöglichen, lautet der Verfassungsauftrag, sobald er in die Praxis umgesetzt wird. Das gemeinschaftlich und gesellschaftlich organisierte Bildungswesen an unseren Schulen wird so zum zentralen Standort der Musikvermittlung: Musikalische Bildungsarbeit erreicht die Menschen in einer entscheidenden Phase der Persönlichkeitsbildung, in der Kenntnisse und Kompetenz des Einzelnen ebenso aufwachsen wie Fertigkeiten und Fähigkeiten geweckt und entdeckt werden. Aller Einsatz für das Bildungsumfeld in Musik und im Musischen fußt auf kompetenter und für alle zugängige Bildungsarbeit.

Folgende Grundlagen sind dafür erforderlich:
1. Eigenständigkeit und Durchgängigkeit

Musikerziehung erfolgt als eigenes Lernfach in einem breit angelegten und durchgängigen Musikunterricht an allen Schulen und in allen Jahrgangsstufen.

2. Stärkung durch Differenzierung
Der Musikunterricht an allen Schulen sollte künftig nach Pflicht- und Wahlunterricht differenziert werden, wo Können und Leistungen auf musikalischem Gebiet auch in Prüfungsergebnisse eingebracht werden können und das Fach eine Vorrückungsrelevanz aufweist.

3. Kompetenz der Lehrkräfte
Musikunterricht erfordert nach höchsten Standards ausgebildete Lehrkräfte. Qualitätvoller Musikunterricht ist nur mit Lehrkräften möglich, die nach bestem wissenschaftlichem Standard ausgebildet sind. Qualifikation und Status der Musiklehrer richten sich dabei an den Erfordernissen aus, die für Lehrkräfte der jeweiligen Schulart auch in anderen Fachbereichen vorgesehen sind. Um regionale und schularttypische Mängel an Musik-Fachlehrern wirksam auszugleichen, sind Voraussetzungen zu schaffen, die auch den Einsatz qualifizierter externer Fachlehrer im Schulunterricht ermöglichen.

4. Musikpraxis als wesentlicher Bestandteil
Grundlage des Musikunterrichts ist die Musikpraxis. Musikunterricht, dem die musikalische Praxis fehlt, hat seinen Sinn verfehlt. Musikalische Eigentätigkeit, aktives Musizieren und die Aneignung musikalischer Erfahrung sind deshalb fester Bestandteil aller Unterrichtsplanung.

5. Ensemble-Qualitäten
Singen und Musizieren in Ensembles fördert die Sozialkompetenz und die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen. Schule gilt als besonders geeigneter Standort für Ensemblebildung und ist daher zu nutzen, um neue Wege in der Sozialentwicklung und zur gezielten Förderung von Einzelpersönlichkeiten zu erschließen.

6. Prinzip der Freiwilligkeit
Singen und Musizieren in ganzen Klassen kann nur gelingen, wenn für deren Einrichtung das Prinzip der Freiwilligkeit gilt und nachhaltige Betreuung auf lange Sicht garantiert werden kann.

7. Aufwertung praktischer Leistung

Schüler müssen ihre praktischen fachlichen Leistungen in die Benotung für das Fach Musik einbringen dürfen.

8. Bandbreite Musik
Neben der Musikpraxis sind weitere Lernbereiche im Fach Musik unverzichtbar und müssen vermittelt werden.

9. Ausbau durch Kooperation
Ein erweitetes Angebot an Musikpraxis in Ganztagsschulen und im Rahmen der Nachmittagsbetreuung verlangen nach einer konzeptionellen Abstimmung und Zusammenarbeit von Schulen und außerschulischen musikalischen Bildungsträgern. Für die rechtzeitige und umfassende Fortbildung der dort eingesetzten Fachlehrkräfte ist Sorge zu tragen. Netzwerke, die diese Neuordnung und andere Formen der Zusammenarbeit systematisch begleiten, sind einzurichten.
 

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