Juli 2011 – die Aula ist gut gefüllt und das Programm verspricht, dass es ein abwechslungsreicher Abend wird. Die Studenten/-innen des Studiengangs „Musik- und Bewegungsorientierte Arbeit“ der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule Regensburg geben Einblick in ihre künstlerische Ausbildung. Sie tanzen, singen, musizieren und gestalten mit Alltagsmaterialien, Stimme, Sprache, Bewegung oder Instrumenten. Dabei lassen sie erkennen, was sie musikalisch und tänzerisch gelernt haben. Sie zeigen, dass sie kreativ und integrativ mit Musik und Bewegung gestalten können. Einen Rückblick auf dreieinhalb Jahre Studium gibt das Abschlusssemester, nicht ohne sich selber und ihre Dozent- Innen mit Humor auf die Schippe zu nehmen.
Der deutschlandweit einmalige, siebensemestrige Bachelorstudiengang „Musik- und bewegungsorientierte Soziale Arbeit“ (BA MU) hat zum ersten Mal Abschlussprüfungen durchgeführt. 17 Studierende werden in die Berufspraxis entlassen und sollen nun ihr Gelerntes anwenden. Der Studiengang qualifiziert sie allgemein für das breite Feld der Sozialen Arbeit und setzt einen Schwerpunkt auf die Musik- und Bewegungserziehung als besondere Erweiterung des Methodenrepertoires. 70 Prozent der Lehrveranstaltungen bezieht sich auf die allgemeine Soziale Arbeit, 30 Prozent bildet die musikalischen, bewegungsbezogenen und methodisch-didaktischen Fähigkeiten für den Schwerpunkt aus. Absolventen können sich auf Stellen der Sozialen Arbeit bewerben, etwa in der Jugendarbeit, Arbeit mit Behinderten, Erwachsenen-, Familienbildung unter anderem und hier ihre besondere Qualifikation einbringen. Manche Arbeitgeber fragen explizit nach diesem Zusatz. Die Einstellung dieser Berufsgruppe hat den Vorteil, dass eine musik- und bewegungspädagogische Arbeit nicht durch externe Pädagogen abgedeckt und dadurch zusätzlich finanziert werden muss. Doch auch an Musikschulen, besonders für die Musikalische Früherziehung, finden Studienabgänger Arbeit.
Die Aufnahme der Studierenden geschieht nach NC. Fachliche Erwartungen im Bereich Musik und Bewegung werden zwar auf der Homepage (www.hs-regensburg.de) formuliert. Dennoch: „Wir dürfen keine Eignungsprüfung durchführen“, klagt Studienkoordinatorin Prof. Renate Kühnel. Nach Hochschulgesetz gibt es keine Möglichkeit, die nötigen künstlerischen Voraussetzungen zu überprüfen. Das führt dazu, dass manche Student/-innen ihre musikalischen oder tänzerischen Fähigkeiten überschätzen und überfordert sind. Infotage versuchen die Rahmenbedingungen zu verdeutlichen, doch nicht jede/-r Bewerber/-in nimmt an diesen teil. Das Leistungsspektrum in den Semestergruppen ist dadurch tendenziell breit.
Die Studienplätze zu besetzen ist hingegen kein Problem. Pro Semester werden bis zu 22 Student/-innen aus über 300 Bewerbern ausgewählt. „Das ist mehr, als eigentlich ideal wäre, um gut arbeiten zu können“, so Kühnel. Aber die Hochschulen sind zu einer Mehraufnahme verpflichtet. Ganz neu ist der Studiengang nicht. Bereits seit den 80er Jahren hat zuerst Prof. Hermann Handerer und schließlich Prof. Erich Burger den damaligen Diplomstudiengang Sozialpädagogik besonders auf die Musik- und Bewegungserziehung hin ausgerichtet.
2001 übernahm Renate Kühnel die Professur, und im Zuge der Hochschulreform wurde der Schwerpunkt im Bachelor-Studium erweitert und der Anteil an Lehrveranstaltungen ausgebaut. So hat sich der Praxisanteil in Lehrübungsgruppen erweitert, eigenständige Projektarbeit und Einblick in rechtliche Grundlagen sind als weitere Lerngebiete aufgenommen worden und die Studierenden haben in verschiedenen Bereichen mehr Wahlmöglichkeit. Kühnel hat dafür ein vielfältig ausgebildetes Dozententeam gebildet und zur Mitarbeit herangezogen.
Dass die künstlerische Qualifikation der Student/innen mit 30 Prozent Schwerpunkt nicht einem vierjährigen Musikhochschulstudium gleich kommt, liegt auf der Hand. Der Abend am 1. Juli weist jedoch solides Handwerkszeug, künstlerisches Können und Überzeugung auf, dass Musik- und Bewegungserziehung mehr als ein taugliches Medium der Erziehung und Bildung ist.