Mit einem ersten Modul ist im März „Die Kunst der Lehre. Das Zertifikatsprogramm für Lehrende an Musikhochschulen“ gestartet. Es wird vom Netzwerk Musikhochschulen angeboten, in dem sich seit 2012 zunächst zwölf, derzeit elf Musikhochschulen, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der Themen Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung an Musikhochschulen annehmen.
„Ein solches Programm war schon von Anfang an geplant“, sagt Maria Saulich, die beim Netzwerk für die Koordination des Zertifikats zuständig ist. Die verschiedenen Elemente, die nun Teil des Programms sind – darunter Coaching, Workshops, ein Selbstreflexionstool und Unterrichtshospitationen –, seien zunächst aber aufgebaut und erprobt worden. „Für den zusammenfassenden dreitägigen Crashkurs ‚Guter Start in die Lehre‘, den wir 2015 erstmals in Form einer Summer School angeboten haben, gab es eine hohe Nachfrage. Dieser ist nun in Form des Zertifikatsprogramms weiterentwickelt worden“, so Saulich.
Zertifikat im Tandem
Als Teilnehmer wurden von den Hochschulen jeweils zwei Personen als „Tandems“ entsandt, die sich entweder beworben hatten oder von der Hochschule gezielt angesprochen wurden. Mit sieben Teilnehmern stellen Lehrbeauftragte dabei die größte Gruppe, des Weiteren sind Professoren/-innen sowie Lehrkräfte für besondere Aufgaben und aus dem akademischen Mittelbau dabei. „Die Fachgebiete sind breit gefächert“, sagt Maria Saulich: „Musiktheorie, Orchesterdirigieren, Jazzgesang, Violine, Elementare Musikpädagogik, Partiturspiel, Sprecherziehung, Chor-, Ensemble- und Bandcoaching…“ Auch die Personen innerhalb eines Tandems können aus verschiedenen Bereichen kommen, sodass die „kollegialen Hospitationen“ über Fächergrenzen hinweg zustande kommen könnten, so Saulich: „Wenn dann Hospitationen mit einem Kollegen aus dem eigenen Fach gewünscht werden, ist das natürlich zwischen zwei Hochschulen möglich, außerdem kann man sich über optionales Coaching und Mentoring fachspezifischen Input holen.“
Neben den Blockseminaren zu den drei Hauptthemen „Grundlage des Lehrens und Lernens“, „Lehrformate in der Praxis und effektive Kommunikation“ sowie „Lernstrategien, Prüfen und Beraten“ können die Teilnehmer im Wahlpflichtbereich entsprechend ihres persönlichen Bedarfs und ihrer Interessen ein Angebot des Weiterbildungsprogramms für Lehre und Verwaltung des Netzwerks Musikhochschulen frei wählen. Als weiteres Element kommt das Erstellen eines „Lehrportfolios“ hinzu, das ein selbstgewähltes Lehrprojekt beinhaltet, das während des einjährigen Zertifikatsprogramms durchgeführt wird, etwa in Form von Team-, oder Co-Teaching, eines innovativen Klassenabendkonzepts, eines Projektes zur Studienganggestaltung oder der Initiierung einer kollegialen Beratungsgruppe.
Letztere hat das Netzwerk schon früher an den Hochschulen zu etablieren versucht, nun hofft Maria Saulich, dass es gelingt, indem der Impuls von innen, von Programmteilnehmern kommt, die ihre Kolleginnen und Kollegen mitziehen und so zu Ansprechpartnern am Haus werden. „Dann geht es aber auch darum, die Hochschulleitungen in die Pflicht zu nehmen“, betont Saulich: „Sie müssen sich Gedanken darüber machen, was sie mit den zertifizierten Mitarbeitern machen. Zum Beispiel verfolgen einzelne Verbundhochschulen die Idee, ein Anreizsystem für neu berufene Lehrkräfte zu schaffen, welches den Erwerb eines solchen Zertifikats innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Antritt der Stelle vorsieht.“ Das Selbstverständnis des Netzwerks im Zusammenhang mit dem neuen Zertifikatsprogramm umschreibt Maria Saulich im Gespräch abschließend so: „Mit der Frage, was ‚gute Lehre‘ ist, beschäftigen wir uns schon sehr lange. Aber wir sind schnell von der Zielsetzung abgekommen, dass man in das Programm hineingeht und als guter Lehrer herauskommt… Alle Teilnehmer sind Experten auf ihrem Gebiet, wir verstehen uns als eine Lerngruppe, die dann vielleicht die Kriterien für gute Lehre weiterentwickeln kann.“
Fachprogramm fM
In eine ähnliche Richtung geht das, was Esther Bishop von der Toepfer Stiftung über das von ihr koordinierte Fachprogramm „fM – für Musik“ sagt: „Was wir machen, ist kein klassisches Weiterbildungsprogramm, bei dem wir uns vorne hinstellen und sagen: so geht’s. Stattdessen bieten wir den Rahmen für eigene Projekte und sorgen dafür, diese zu kontextualisieren und mit externen Impulsen anzureichern.“ Hervorgegangen ist das Programm mit dem Motto „Künstlerische Lehre an Musikhochschulen gestalten“ aus zwei anderen Initiativen der Stiftung: aus Concerto21, dem „Meisterkurs für Musiker und Festivalmacher“, und aus dem Bündnis Lehren, das 2012 zusammen mit weiteren Akteuren (Stifterverband, VolkswagenStiftung, NORDMETALL Stiftung) gegründet wurde und von 2017 bis 2020 auch vom BMBF gefördert wird.
Zugrunde liege die Wahrnehmung einer „Entkopplung von Verwaltungslogik und künstlerisch-pädagogischer Logik“, so Bishop: „Vieles, was sich an den Hochschulen neu entwickelt, kommt nicht aus der Musik selbst heraus.“ Den Rahmen des von Juni 2018 bis Februar 2019 in vier Seminareinheiten gegliederten Programms beschreibt sie so : „Wir haben Ideen vorgegeben, aus welchen Bereichen sich Einzelpersonen und Teams bis zu vier Personen aus den Musikhochschulen bewerben können: Studienreformprojekte, Lehrinnovation, Digitalisierungsfragen, Didaktik der künstlerischen Hochschullehre und überfachliche Zusammenarbeit. Die Bewerber kommen mit einer konkreten Projektidee und entwickeln diese dann das Jahr über weiter – aus Diskussion wird konkrete Handlung.“
Anders als beim Netzwerkzertifikat, das sich dezidiert an Lehrende richtet, können die Bewerber des fM-Fachprogramms auch Mitarbeiter aus den Bereichen Qualitätsmanagement, Evaluation, Studienberatung, Career Center oder der Hochschulleitung sein. Sie kommen dann bei den Seminaren zusammen, tauschen sich über den Fortgang ihrer Projekte aus und erhalten Anregungen durch die Moderatoren und Impulsgeber. Zu diesen zählen neben dem früheren Präsidenten der Frankfurter Musikhochschule, Thomas Rietschel, unter anderem auch Persönlichkeiten, die wie Folkert Uhde oder Albert Schmitt schon bei Concerto21 aktiv waren oder wie Steven Walter sozusagen daraus hervorgegangen sind.
„Elf Teams haben sich für das Programm beworben“, berichtet Esther Bishop, wobei „die großen Tanker“ weniger stark vertreten gewesen seien. „Das ist schade, aber nicht so überraschend“, so Bishop, die glaubt, dass die Notwendigkeit sich zu profilieren bei den kleineren Hochschulen vielleicht stärker ausgeprägt ist. Die eingereichten Projekte kamen dabei aus folgenden Bereichen: Studiengangsentwicklung, Didaktik der Hochschullehre, Zusammenhang künstlerischer und pädagogischer Bildung, Verbindung von Haupt- und Nebenfächern, sowie Berufsvorbereitung der Studierenden. Die Auswahlkommission hat schließlich Teams aus folgenden Hochschulen zugelassen: Bremen, Essen, München, Münster, Rostock, Saarbrücken und Köln.
Auf die Parallelen und Unterschiede mit dem Netzwerkzertifikat angesprochen, betont Esther Bishop, dass das Fachprogramm der Toepfer Stiftung nicht als Konkurrenz zum Netzwerk gedacht sei, mit dem man in gutem Kontakt stehe. „Wir sind Streiter für ähnliche Ziele, aber bei uns geht es nicht nur um die Lehre, sondern allgemeiner um die Frage: Wie kann man die künstlerische Musikerbildung verbessern?“ Maria Saulich wiederum legt Wert auf die Feststellung, dass auch das Netzwerk Musikhochschulen die Lehrentwicklung als Teil seiner übergeordneten Zielsetzungen im Bereich Qualitätsmanagement und -entwicklung versteht.