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Donaueschinger Musiktage - Next Generation

Klanglecture für Donaueschingens Next Generation.

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Donaueschingens Klanglabor von morgen

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Die „Next Generation“ steht in den Startlöchern
Vorspann / Teaser

Das Nachwuchsprogramm Next Generation gehört seit Langem zum festen Bestandteil der Donau­eschinger Musiktage. Jedes Jahr nehmen etwa 100 Musikstudierende aus ganz Europa an dem fünftägigen Förderprogramm teil und profitieren von ermäßigten Eintrittskarten für alle Konzerte des Festivals. Zudem erhalten sie die Gelegenheit zur Teilnahme an Workshops, Diskussionsrunden und Gesprächen mit Künstlerinnen und Künstlern der Festivalkonzerte. Hier kann sich die „Next Generation“ aktiv mit zeitgenössischer Musik auseinandersetzen, sich mit Gleichgesinnten vernetzen und einen umfassenden Einblick in das Festivalgeschehen gewinnen.

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Auch in diesem Jahr kamen 102 internationale Musikstudierende vom 18. bis 22. Oktober 2023 in den Süden Baden-Württembergs, um unter der Leitung von Phileas Baun und Felicitas Erb über Neue Musik zu sprechen. Kooperationspartner waren die Musikakademie aus Basel und die Musikhochschule Trossingen, wobei viele der Teilnehmenden auch von anderen Universitäten und Hochschulen anreisten. Wie das Festival selbst, stand auch das Nachwuchsprogramm unter dem Motto „ColLABORation“. Es ist das erste Mal, dass das Festival mit einem Motto überschrieben wurde. Mit der Verschmelzung der beiden Begriffe „Zusammenarbeit“ und „Labor“ zeigt es den Festivalcharakter im Sinne einer Werkstatt, in der nach neuen Klänge gesucht wird und diese gemeinsam ausprobiert werden. Und das war auch die Aufgabe von Next Generation: nämlich in dieses „Labor“ einzutauchen und so die Neue-Musik-Szene gemeinsam mit anderen jungen Menschen auf unterschiedlichen Ebenen zu erfahren.

In Vorträgen wie „Art’s life, artist’s life, an artistic life?“ von Johannes Kreidler oder „Composing, creating, performing space“ von Teresa Carrasco, kamen die Studierenden mit aktuellen Fragestellungen der Neuen-Musik-Szene in Berührung und konnten sich in Diskussionsrunden intensiv mit diesen auseinandersetzen. Darüber hinaus lernten sie im direkten Austausch mit den Künstlerinnen und Künstlern des Festivals die Persönlichkeiten besser kennen und erfuhren Hintergründe zu den jeweiligen Werken. Dadurch eröffneten sich natürlich ganz neue Perspektiven auf die Musik.

Kritische Fragen waren dabei immer ausdrücklich erwünscht, denn ein offener Diskurs wird als wichtiger Teil des künstlerischen Prozesses gesehen. So scheuten sich die Teilnehmenden am dritten Tag auch nicht, die Frage zu stellen, ob Neue Musik nicht langweilig sei. Es folgte über viele Stunden eine kontroverse Diskussion. Während ein Großteil der Studierenden Argumente dafür fand, warum Neue Musik nicht langweilig ist – und man muss an dieser Stelle natürlich festhalten, dass es sich um die Generation der Nachwuchskomponistinnen und -komponisten handelt, die selbst im Stil der zeitgenössischen Musik komponiert –, stand schließlich vielmehr die Frage im Raum, ob Neue Musik für die Masse zugänglich ist. Im Gespräch mit der künstlerischen Leiterin Lydia Rilling wurde deutlich, dass die Bandbreite der Neuen Musik heute so groß ist, dass die Frage, ob Neue Musik langweilig sei, zu pauschal gestellt ist und man viel differenzierter fragen müsste, welches Genre der Neuen Musik genau gemeint ist. Die Zeiten dogmatischer Avantgarde sind längst vorbei und das Spektrum aktueller Kompositionen reicht von Minimal Music bis zu multimedialen Klanginstallationen.

Die Studierenden begannen, darüber zu philosophieren, was denn dann überhaupt Neue Musik sei und wie man diese Musik eingrenzen kann.

Ein Fazit für alle: Die Vielfalt der Neuen Musik kann erst erfasst werden, wenn man sie auch körperlich erfahren hat. Dies zeigte sich besonders in der Probe der Symphonie Nr. 3 von Wojtek Blecharz. Hier durften die Studierenden neue Perspektiven und Konzertsituationen erleben und kennenlernen: Blecharz’ Konzertinstallation erlaubte dem Konsumenten aktiv zu werden, sich im Raum zu bewegen, sich zu setzen  hinzulegen oder auch die Klangquellen selbst im Raum zu verschieben.

Intensive Vernetzung und der Austausch mit Gleichgesinnten, das ist ein zentrales Movens für die Teilnahme an Next Generation. Im normalen Studienalltag kommen Diskursmöglichkeiten wie in Donaueschingen oft zu kurz. Man lernt Künstlerinnen und Künstler und andere junge Leute kennen, die sich für Neue Musik begeistern, und im besten Fall werden alle diese Eindrücke anschließend in die eigene kompositorische Arbeit mit aufgenommen und berücksichtigt. Die Agenda von Next Generation ist es fraglos auch, im besten Fall junge Leute weiterzubilden, deren Kompositionen in Zukunft hier in Donaueschingen erklingen. Das Festivalmotto ColLABORation ist durchaus von besonderem Interesse für die Teilnehmenden, denn viele von ihnen möchten das gemeinschaftliche Arbeiten zukünftig in ihr kompositorisches Schaffen integrieren, anstatt im stillen Kämmerlein alleine zu komponieren.

Die Studierenden, mit denen die Autorin sprechen konnte, sind jedenfalls von den intensiven Tagen in Donaueschingen begeistert. Für sie ist eines klar: Wenn Musik langweilig ist, liegt das nicht an der Musik, sondern daran, dass man sich zu wenig mit ihr auseinandergesetzt hat.

 

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