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Ein Ausbildungssystem als Exportartikel

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Die Verhandlungen über die Gründung einer deutschen Musikhochschule in China stehen vor dem Abschluss
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Dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China florieren, wird bei vielen Gegenständen des Alltags klar, spätestens wenn man das in das Plastik eingestanzte „Made in“ gefunden hat. Jetzt soll für den musikalischen Austausch zwischen den beiden Ländern ein Meilenstein gesetzt werden.

Mindestens 11 der 23 deutschen Hochschulen für Musik stehen vor der Gründung einer gemeinsamen „Deutschen Universität für Musik und Darstellende Kunst“ im Reich der Mitte. Mit dabei sein wollen etwa die Universität der Künste Berlin (UdK), die Folkwang Hochschule Essen sowie die Musikhochschulen aus Köln, München, Hamburg und Leipzig. Dies bestätigte der Vorsitzende der deutschen Musikhochschulrektorenkonferenz, Martin Pfeffer von der Essener Folkwang Hochschule.

In zwei Städten sollen jeweils 120 chinesische Studenten einen Masterstudiengang nach deutscher Studienordnung und mit Lehrern deutscher Hochschulen absolvieren können. Am Ende halten sie einen deutschen Master in Händen. Mittlerweile wird auch über Bachelor-Abschlüsse mit den Chinesen verhandelt. An der Entwicklung des auf Dauer angelegten Projektes ist auch die UdK Berlin beteiligt. Deren Präsident Martin Rennert ist von einem zunehmenden weltweiten Wettbewerb der Bildungssysteme überzeugt. Daher sei es wichtig, dass das deutsche Ausbildungssystem für den musikalischen Nachwuchs an verschiedenen Punkten der Erde vertreten sei. Zumal Rennert es gegenüber dem angloamerikanischen Konzept für intensiver in der Betreuung des künstlerischen Nachwuchses hält. Der Gitarrist möchte den „höchst möglichen künstlerischen Anspruch zum Maßstab“ in der Welt machen.

Dass die Chinesen sich ausgerechnet für die deutschen Partner entschieden hätten bei der Gründung einer ausländischen Musikhochschule in ihrem Land, erfüllt Martin Pfeffer aus Essen mit einem gewissen Stolz. Wohl auch, weil es als ein Punktsieg gegenüber den amerikanischen und den englischen Instituten gilt. Diese führen nach Pfeffers Angaben zwar schon Aufnahmeprüfungen in China durch, um sich die besten Studenten zu sichern. Doch zu einer eigenen Musikhochschulgründung sei es noch nicht gekommen.

Neben dem Imagegewinn, den das für das deutsche System im Ausland brächte, sieht Rennert auch eine Stärkung der „nationalen Bedeutung“, die den Musikhochschulen seiner Meinung nach in Deutschland zukommt. Denn da die Musikerziehung an der Basis, also in den Kindergärten und in den Schulen kaum noch geleistet werde, falle den Hochschulen neben der Eliteförderung auch die Rolle zu, die deutsche und europäische Musiktradition mit Leben zu füllen.

Der Anteil ausländischer Studenten an deutschen Musikhochschulen ist für Rennert dabei allerdings kein Kriterium. An der UdK liege der bei rund 35 Prozent, die nicht musikalischen Fächer mit eingerechnet. Für die Kölner Musikhochschule beziffert Rektor Josef Protschka allein den Anteil der Koreaner auf gut ein Viertel. Darin sieht Martin Pfeffer aus Essen durchaus Risiken für die Akzeptanz der deutschen Musikhochschulen im eigenen Land. Schließlich werden die im Wesentlichen aus öffentlichen Geldern finanziert. „Wir müssen aufpassen, dass der Ausländeranteil nicht ins Unermessliche wächst“, sagt er. Pfeffer hält die geplante deutsche Universität für eine gute Chance, den für die nächsten Jahre erwarteten Ansturm chinesischer Studenten auf die deutschen Hochschulen bereits vor Ort zu kanalisieren. Denn politische Diskussionen, weil die deutschen Studenten an den 23 deutschen Musikhochschulen zur Minderheit werden könnten, möchte er sich und seinen Kollegen gerne ersparen.

Auf der anderen Seite sind die chinesischen Studenten durchaus beliebt bei vielen deutschen Hochschullehrern. Neben Fleiß wird ihnen eine große Neugier und Beweglichkeit nachgesagt. Und ihre Sprache mit den vielen Sinnbedeutungen, die in kleinsten stimmlichen Nuancen liegen, gilt als ideale Voraussetzung für sensibles Musizieren, das sich nicht im bloßen Reproduzieren erschöpft.

Bis zur Gründung der „Deutschen Universität für Musik und Darstellende Kunst“ in China sind noch letzte formale Hürden zu überspringen. Eine entscheidende dürfte der Antrag an den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) sein. Denn mit der Vollfinanzierung der deutschen Universität wollen die Chinesen erst beginnen, wenn die Studiengänge gut gefüllt sind und laufen. Für die etwa dreijährige Aufbauphase schätzen Insider den notwendigen Bedarf einer Anschubfinanzierung auf einige hunderttausend Euro. Doch da der DAAD ein eigenes Programm für „Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland“ hat, gilt diese Hürde als überwindbar. Die ersten rund 200 chinesischen Studenten sollen im Herbst des kommenden Jahres ihr Studium aufnehmen können. In Dalian, das etwa eine Flugstunde von Peking entfernt liegt, werden die gängigen Orchesterinstrumente, Klavier und der klassische Gesang angeboten, in Mianyang, das in der Provinz Sezuan liegt, startet der Unterricht für die pädagogisch ausgerichteten Studiengänge.

Um die ganzen neu entstehenden Professorenstellen an den zwei chinesischen Standorten besetzen zu können, hoffen die deutschen Hochschulrektoren auf die Bewerbungen ihrer emeritierten Kollegen und von jungen aufstrebenden Lehrbeauftragten, denen dann der Titel eines Honorarprofessors winken könnte. Nach China gehen können aber auch aktive Professoren, die aber maximal für ein Jahr. Die Vergütung des Lehrkörpers soll die chinesische Seite nach der Anlaufphase ganz übernehmen.

Kontakte nach China sind nicht neu: Die Franz-Liszt-Hochschule Weimar beispielsweise unterhält ein Büro in Peking, von dem aus Talente für ein Studium in Thüringen gewonnen werden sollen, die Münchner Musikhochschule kooperiert mit dem Konservatorium in Shanghai, ebenso die Hochschule in Hamburg, wo kürzlich die ersten chinesischen Studierenden den deutsch-chinesischen Master-Studiengang antreten haben. Die UdK wiederum bietet seit Sommer 2006 an der „China Academy of Art“ in Hangzhou einen weiterbildenden Master-Studiengang für Bildende Kunst und Gestaltung an. Doch eine eigene „Deutsche Universität für Musik und Darstellende Kunst“ in China wäre ein Schritt von historischer Dimension.

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