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Einstimmigkeit liegt im Trend

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Das Institut für Gregorianik an der Folkwang Hochschule Essen nimmt seine Arbeit auf
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Zum 1. April nahm das Institut für Gregorianik an der Folkwang Hochschule Essen seine Arbeit auf. Die neue musikzeitung sprach mit dem Leiter KMD, Prof. Dr. Stefan Klöckner.

neue musikzeitung: Wie ordnen Sie das neue Institut in der Hochschullandschaft ein?

Stefan Klöckner: Es ist das einzige Institut an einer Musikhochschule für diese Widmung, und das entspricht ja auch der einzigen Vollzeitprofessur für Gregorianik und Liturgik, die es in Deutschland gibt. Schon seit 1981 gibt es an der Folkwang Hochschule diesen Schwerpunkt, und unser Haus hat im Zuge seiner Neupositionierung in der Hochschullandschaft die Gregorianik als eines seiner Alleinstellungsmerkmale herausgestellt und dann auch entsprechend qualifiziert.

nmz: Wie ist das Interesse der Studienanfänger? Mancher spricht ja schon von einem richtiggehenden Gregorianik-Boom?

Klöckner: Ja, einen Gregorianik-Boom hat es in der Tat gegeben, der vor allem nachhaltig ist. Und was mich besonders freut, ist die Tatsache, dass man einfach aus Interesse an der Sache teilnimmt, fernab aller kirchenpolitischen „Links-Rechts“-Diskussionen. Es nimmt vor allem die Zahl der Studierenden außerhalb der Kirchenmusik zu: Studenten des Lehramts Musik und der Musikpädagogik, aber vor allem der Musikwissenschaft begreifen das Studium der Gregorianik als ein wichtiges Angebot, das sie wahrnehmen möchten - mit Theologie, mit Liturgik, mit Hymnologie. Das ist natürlich deshalb spannend, weil die Kirchenmusikausbildung generell zahlenmäßig sicherlich nicht boomen wird in nächster Zeit.

nmz: Welche Rolle spielt denn der einstimmige Gesang heute noch in der liturgischen Praxis?

Klöckner: Ich beobachte seit geraumer Zeit, dass dafür verstärktes Interesse sowohl in der katholischen als auch evangelischen Kirche zu verzeichnen ist – in Liturgie und Konzert. Das freut mich besonders, da der Gregorianische Choral ja ein vorkonfessionelles Repertoire ist. Die katholische Kirche sagt zwar, es sei „der der römischen Liturgie eigene Gesang“, aber das heißt nicht, dass sie einen exklusiven Anspruch darauf erhebt. Ich glaube ausmachen zu können, dass die Gregorianik sowohl in katholischen als auch evangelischen Gottesdiensten, aber auch in Kirchenkonzerten immer mehr Platz greift. Die Einstimmigkeit, die Ruhe, die diese Gesänge ausstrahlen, die musikalische Unaufwendigkeit bei maximalem Effekt – nämlich ein Wort so zum Erklingen zu bringen, dass es wirklich vom Mund über das Ohr in das Herz dringt – für das alles ist natürlich die heutige Zeit sehr empfänglich, weil sie so wenig davon hat.

nmz: Welche Abschlüsse vermitteln Sie?

Klöckner: Sie können mit einem Bachelor/Master Musikwissenschaft abschließen (das wäre dann Musikwissenschaft mit künstlerischem Fach) oder innerhalb des Bachelor Musikwissenschaft eine gewisse Schwerpunktbildung in der Gregorianik wählen; im Master „Leitung Vokaler Ensembles“ ist Gregorianik Haupt- oder Nebenfach.

nmz: Wie ist das Verhältnis zwischen den Semiologen und den eher historisch denkenden Gregorianikforschern in der Musikwissenschaft?

Klöckner: Es hat sich deutlich entkrampft, weil man begriffen hat, dass es eine Herausforderung ist, seinen eigenen Standpunkt noch einmal zu überdenken, und dafür eignet sich die Gregorianik wunderbar. Die Musikwissenschaftler haben weitgehend rezipiert, dass man bestimmte theoretische Verengungen nicht weiterführen darf, dass man zum Beispiel innerhalb der Choralwissenschaft selbstverständlich Theologie, Liturgik und Kirchengeschichte mit einarbeiten muss, um zu konzisen Ergebnissen zu kommen – und dass vor allem die Praxis indispensabel dazugehört. Die Semiologen wiederum haben begriffen, dass sie ihr wissenschaftliches Werkzeug noch deutlicher schärfen müssen. Die Kritik der Musikwissenschaft war seinerzeit hierin ja nicht unberechtigt.

nmz: Spielt diese Diskussion bei ihnen im Haus eine Rolle?

Klöckner: Sie spielt eine große Rolle. Die Musikwissenschaft macht derzeit in Deutschland einen interessanten Prozess durch. Wir beobachten die Tendenz (die ich sehr begrüße), die Musikwissenschaft aus dem universitären Kontext zu lösen, an die Musikhochschulen zu geben und dort mit Promotions- und Habilitationsrecht auszustatten. Dadurch entgeht sie der zunehmenden Gefahr, an der Universität als kleines „Orchideenfach“ unterzugehen, und zugleich rückt sie näher an das Objekt ihrer Studien: hin zur Praxis! Das ist für beide Seiten wohltuend, und wir empfinden das hier im Hause als einen Segen. Zum Beispiel haben wir mit Andreas Jakob jetzt einen Kollegen berufen, der ein ausgezeichneter Wissenschaftler und zugleich ein exzellenter musikalischer Praktiker ist. Ich denke, nur so kann es weitergehen mit der Musikwissenschaft.

nmz: Nächstes Jahr ist Essen Europäische Kulturhauptstadt. Musikhochschulen haben ja heutzutage in der Regel auch die Aufgabe, kulturell in der Region zu wirken. Wie greifen Sie diese Aufgabe auf?

Klöckner: Wir haben mehrere Aufgaben im Institut, so den Lehrbetrieb und die Durchführung der Internationalen Sommerkurse, zu denen in der Regel 60 bis 70 Teilnehmer aus Europa und der ganzen Welt kommen, um Gregorianik zu erforschen und zu praktizieren.

Außerdem startet ein neues Projekt, eine gregorianische EUREGIO. Das ist eine Zusammenarbeit mit der Universität Leuven und dem Königlichen Konservatorium Den Haag in Sachen Gregorianik. Zum einen erarbeiten wir Handreichungen für neben- und ehrenamtlich Tätige und veranstalten Choralscholatreffen. Zum anderen sollen im Rahmen des ERASMUS-Programms Dozenten zwischen den verschiedenen Hochschulen und Universitäten ausgetauscht werden; als Fernziel kann man sich einen gemeinsamen Master „Gregorianischer Choral“ vorstellen.

Die dritte Aufgabe des Instituts ist die Herausforderung „Kulturhauptstadt Ruhr 2010“. Da sind wir mit großen Projekten dabei. 

Das Gespräch führte Andreas Kolb

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