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Prof. Rudolf Meister, Präsident der Musikhochschule Mannheim. Foto: Hochschule
Prof. Rudolf Meister, Präsident der Musikhochschule Mannheim. Foto: Hochschule
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Es wird keine Stelle gestrichen

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Prof. Rudolf Meister zum Abschluss der „Zukunftskonferenz Musikhochschulen“
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Im Sommer 2013 sorgten Vorschläge des Wissenschaftsministeriums in Baden-Württemberg zur zukünftigen Struktur der dortigen Musikhochschulen für große Aufregung. Die Musikhochschulen Mannheim und Trossingen verließen unter Protest die Landesrektorenkonferenz, fast 100.000 Unterschriften wurden gesammelt, Unterstützungsschreiben von den Berliner Philharmonikern bis zur Mailänder Scala, von Sir Simon Rattle bis Lorin Maazel trafen ein. Auch der Deutsche Musikrat und zahlreiche andere Musikverbände engagierten sich intensiv.

Mittlerweile sind alle Musikhochschulen wieder in der Landesrektorenkonferenz vereint. In einer „Zukunftskonferenz Musikhochschulen“ mit sechs Fachsymposien konnten alle relevanten Fragen mit Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, Wissenschaftsstaatssekretär Jürgen Walter, Abgeordneten des Landtags, den Mitgliedern der Rektorenkonferenz sowie zahlreichen weiteren Hochschulmitgliedern, Vertretern von Musikverbänden und Musikliebhabern diskutiert werden. Das letzte Symposium fand am 17.11. statt. Aus diesem Anlass sprach Anca Vulpe mit Prof. Rudolf Meister, Präsident der Musikhochschule Mannheim und seit Oktober dieses Jahres auch Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz.

Herr Meister, wie beurteilen Sie die Entwicklung der letzten Monate?

Absolut positiv! Es ist allen Beteiligten hervorragend gelungen wieder aufeinander zuzugehen. In einer sehr sachlichen und konstruktiven Atmosphäre wurden zahlreiche Vorschläge erörtert, teils verworfen und teils differenziert entwickelt, so dass wir heute ein überzeugendes, wenn auch teilweise noch allgemein gehaltenes Konzept im Konsens präsentieren können.

Es sind also noch nicht alle Fragen geklärt?

Das Konzept ist an vielen Stellen noch mit konkreten Inhalten zu füllen, Vorschläge müssen noch diskutiert und in den zuständigen Hochschulgremien beschlossen werden.

Wird es denn zu gravierenden finanziellen Einschnitten kommen?

Nein, zum Glück sind diese Vorschläge vom Tisch. Auch die Musikhochschulen erhalten – wie die anderen Hochschulen in Baden-Württemberg – 2015-2020 jährlich 3 % mehr Geld für ihre Grundfinanzierung. Allerdings werden im Gegenzug bisherige Sondermittel des Landes in erheblichem Umfang gestrichen. Auch müssen aus dem Aufwuchs die Tarifsteigerungen und der Inflationsausgleich bei Sach- und Investitionsmitteln bezahlt werden. Schließlich sollen sich die Hochschulen mit eigenen Stellen und Mitteln an der Beschleunigung des fachlichen Strukturwandels und einer geplanten Erhöhung der Honorarsätze der Lehrbeauftragten beteiligen.

Also doch eine zweischneidige Sache?

Das kann man so nicht sagen. Im Vergleich zu den Planungen vom vergangenen Sommer sind die Verbesserungen für die Musikhochschule Mannheim bedeutend und offensichtlich: keine einzige Stelle wird gestrichen, der Kernbereich der klassischen Ausbildung mit den Hauptfächern Komposition, Gesang, Klavier und Orchesterinstrumente etc. bleibt ebenso erhalten wie die Schulmusik. Fächer wie Harfe und Tuba werden sogar zukünftig mit Teilzeitprofessuren ausgestattet sein. Und die Hochschule kann sich um zusätzliche, vom Land befristet zur Verfügung gestellte Professuren bewerben.

Wie sieht es denn mit der zukünftigen Studierendenzahl aus?

Da unsere jüngsten, vom Land Baden-Württemberg aus Sondermitteln finanzierten Studienangebote „Leitung von Blasorchestern“ und „Musikforschung/Medienpraxis“ positiv evaluiert wurden, soll es nur zu einer geringen Absenkung der Studierendenzahl auf 588 Studienplätze kommen.

Wie sieht der weitere Zeitplan aus?

Bis Anfang nächsten Jahres soll der Hochschulfinanzierungsvertrag ausgehandelt sein. Danach werden dann die konkreten fachlichen Fragen behandelt. So sollen im Anschluss an die „Zukunftskonferenz Musikhochschulen“ Angebote, für die ein besonderer gesellschaftlicher Bedarf besteht – wie beispielsweise EMP oder Leitung von Blasorchestern – gestärkt werden. Die Hochschulen werden noch umfassender auf eine freiberufliche Tätigkeit vorbereiten, ihre ausländischen Studierenden intensiver betreuen und sprachlich fördern.

Und die strukturellen Veränderungen?

Hier geht es vor allem darum Kompetenzzentren zu schaffen. Die Mannheimer Akademie des Tanzes bietet schon heute die einzige Tanzabteilung an einer Hochschule in Baden-Württemberg, der Bereich Jazz/Popularmusik hier ist eindeutig der bestausgebaute in Baden-Württemberg, ja einer der am besten ausgestatteten in ganz Deutschland. Dazu – so schlagen die Gremien der Hochschule dem Wissenschaftsministerium vor – soll ein neues Zentrum für Dirigieren entstehen. In einer besonderen Qualität und Breite wird es Lehre in den Bereichen Orchesterdirigieren (Musiktheater/Sinfonie), Chorleitung und Leitung von Blasorchestern anbieten. Außerdem wollen wir die Studiengänge im Bereich „musikalische Bildung“ stärken. (Details zu diesen vier Bereichen sind in den weiteren Artikeln auf dieser Seite dargestellt.)

Wird damit der traditionelle Kernbereich der Musikhochschule geschwächt?

Nein, sicher nicht. Wir können ja mit großer Freude feststellen, dass unsere Studierenden/Absolventen mit Hauptfach Komposition, Gesang, Klavier bzw. Orchesterinstrument Preise bei wichtigsten internationalen Wettbewerben gewinnen, als Solisten bei den bedeutendsten Festivals auftreten und herausragende Orchester- und Hochschulstellen besetzen. Wir werden alles dafür tun, dass auch die Studierenden des Kernbereichs weiterhin derartige Erfolge erringen können.

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