Kammermusikalischer Unterricht und Spielpraxis sind seit jeher zentraler Bestandteil des Studiums in der künstlerischen und künstlerisch-pädagogischen Hochschulausbildung. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass etliche etablierte Hochschulensembles unter der Leitung von Lehrenden aus allen Fachgebieten existieren und das Kulturleben in Nürnberg und darüber hinaus bereichern. Seit nunmehr eineinhalb Jahren hat die Kammermusik durch die Einrichtung von zwei halben Professuren W3 und einer halben Verwaltungsstelle für ein Kammermusikbüro (beides gefördert aus dem Qualitätspakt Lehre des BMBF) nochmals entscheidend an Bedeutung und Qualität gewonnen. Im Wintersemester 2014/15 wurde zudem eine neue Professur für Liedgestaltung geschaffen und im Sommersemester 2015 eine weitere halbe Professur W3 für den Bereich Kammermusik besetzt.
Neue Professuren
Der Bereich der Streicher- und Klavierkammermusik wird nun federführend von Prof. Dirk Mommertz (Pianist des Fauré-Quartetts) und Prof. Bernhard Schmidt (Cellist des Mandelring-Quartetts) betreut. Die Klarinettistin Prof. Nina Janßen-Deinzer (Ensemble Modern) betreut seit diesem Semester die Kammermusik mit Holzblasinstrumenten. In einem Ausbildungsbereich, der einerseits verpflichtender und praxisnaher Teil des Studiums ist, in dem andererseits ein hohes Maß an Eigenengagement seitens der Studierenden und intensive Betreuung durch die Lehrenden erforderlich sind, liegt eine der großen Herausforderungen sicher im Bereich der Organisation. Jedes Semester gilt es aufs Neue, passende Ensembles zu formieren bezeihungsweise allen Studierenden eine Ensemblemöglichkeit zu eröffnen, sie zum Unterricht einzuteilen und am Ende mindestens einen Auftritt zu ermöglichen. Hier hat sich das Kammermusikbüro als zentrale Anlaufstelle entwickelt und ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken.
Rollenspiel und interkulturelles Training
Neben den organisatorischen Herausforderungen und zusätzlich zur eigentlichen Arbeit an den Kammermusikwerken, die die gemeinsame Entwicklung von Interpretationskonzepten genauso beinhaltet wie die vielfältigen Varianten des Zusammen-Agierens und des „Rollen-Spiels“ im Ensemble, gibt es weitere Besonderheiten: Unterschiedliche Mentalitäten, Nationalitäten und Kulturen prallen im Zusammenspiel in ganz anderer Weise aufeinander, als dies im sonstigen Unterrichtsablauf der Fall wäre. Hier gilt es bei allen Beteiligten, Sensibilität zu entwickeln und den eigenen Horizont zu erweitern. So kann es gelingen, einerseits alle Studierenden mit einer Grundqualifikation im Bereich der Kammermusik zu entlassen und andererseits besondere Talente und vielversprechende Ensembles bereits während des Studiums besonders zu fördern.
Die regelmäßig durchgeführten Hochschulpodien und Prüfungsvorspiele sowie die jüngsten erfolgreichen Wettbewerbsteilnahmen zeigen einen deutlichen Zugewinn an Ensemblevielfalt und kammermusikalischem Können. So hat beispielsweise der Mozartverein 1829 Nürnberg e. V. im Jahr 2015 erneut einen Kammermusik-Wettbewerb für Studierende der Hochschule für Musik Nürnberg ausgelobt. Der Wettbewerb war für instrumentale Kammermusikensembles von Trio bis Sextett ausgeschrieben. Beim Preisträgerkonzert am 29. März 2015 präsentierten sich die siegreichen Ensembles dem Publikum. Insgesamt standen 7000 Euro an Preisgeldern zur Verfügung. Einhellig erklärte die Jury, dass das Niveau abermals deutlich gestiegen sei und alle Gewinnerensembles hochkarätige Leistungen abgeliefert hätten.
Zentrale Bedeutung für die Berufspraxis
Der andere zentrale Bereich, auf dem die Kammermusikarbeit an der Hochschule seit jeher ruht, ist der Reigen an langfristig aufgebauten Ensembles, die es je nach Studiengang in den unterschiedlichsten Ausprägungen gibt. Natürlich wechseln auch hier die Spielerinnen und Spieler aufgrund der Fluktuation bei den Studierenden, Ausrichtung und Profil bleiben jedoch erhalten.
In einigen Ensembles spielen neben aktuellen Studierenden auch Alumni. Letztere halten dadurch den Kontakt zu ihrer ehemaligen Ausbildungsstätte und teilen ihre beruflichen Erfahrungen mit den aktuellen Studierenden, wovon diese wiederum profitieren. Beispielhaft seien hier das seit vielen Jahren existierende Akkordeonensemble timeless d’accord (Ltg. Prof. Irene Urbach) und die Flute Band (Ltg. Prof. Dr. Peter Thalheimer) genannt. Weitere studiengangsbezogene Formationen sind etwa die Blechbläserensembles „BlackBlazer“ und „Trombonissima“ sowie Cello-, Blockflöten-, Saxophon-, Percussion- Gitarren- und Flötenensembles, nicht zu vergessen das Studio für Neue Musik und das Studio für Alte Musik, die jeweils projektweise zusammenkommen. Im Vokalbereich werden neben dem Madrigalchor wechselnde Opern- beziehungsweise Oratorienensembles sowie Lied-Duos betreut. Speziell hierfür wurde im vergangenen Wintersemester eine halbe Professur für Liedgestaltung mit Prof. Marcelo Amaral besetzt. Darüber hinaus bieten viele Professorinnen und Professoren neben ihrem Hauptfachunterricht auch Kammermusikcoaching für Ensembles an.
Etliche thematisch arbeitende Jazz-Combos, die Big Band und der Jazz-Chor ermöglichen (nicht nur) den Studierenden der Jazz-Studiengänge vielfältige gemeinsame Musiziererfahrungen.
Die Bedeutung der Kammermusik- und Ensemblearbeit für das Hochschulleben und die Ausstrahlung in die Region, vor allem aber für die beruflichen Perspektiven der Absolventinnen und Absolventen ist immens. Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit und Durchsetzungsvermögen, Toleranz, Empathie und Zuverlässigkeit, aber auch Auftrittsroutine, Organisation und Netzwerkbildung werden hier quasi nebenbei entwickelt und trainiert.
Am Ende aber geht es immer darum, durch Musik zu kommunizieren, untereinander und mit dem Publikum, und Musik als Möglichkeit des individuellen und gemeinsamen Ausdrucks zu erleben. Die Basis für die Ausbildung der jungen Musikerinnen und Musiker bilden Lehrende, die ihre Lehre aus der eigenen Praxis entwickeln und nähren können.