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Forschung und Leere

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Hochschulreform im Marketing-Zeitalter
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Das Murren klingt mickrig: Ein paar eher liberale Studentenverbände haben sich mit ein paar eher konservativen Professoren-Organisationen zum Kritiker-Chor versammelt und leisten matten Widerstand gegen die Form einer überfälligen Reform. Das Kompromißpapier namens Hochschulrahmengesetz schreibt allenfalls längst eingetretene Umstände fest. Es liefert Universitäten und Hochschulen die legislative Karosserie, marktwirtschaftlich-stromlinienförmig in die Kienbaum-Zukunft einer optimal rentablen Wachstumsgesellschaft fortzufahren. Oder auf deren Schrottplatz. Wir befinden uns zeitgeistig in einem Zustand, der uns zuallererst den Rahmen, die Verpackung gestaltenswert erscheinen läßt. Marketing first. Über die Inhalte werden uns Experten schon rechtzeitig informieren. Deshalb soll das Hochschulrahmengesetz wie ein Druckbehälter wirken. Eine Art Dampfkochtopf, in dem der akademische Nachwuchs effektiv und etatfreundlich vorgegart wird - bei möglichster Schonung der Vitamine namens Phantasie und Kreativität. Lieber ein Sicherheitsventil, aus dem mal etwas verdampft, als 68er-Chaos. Dank strenger Aufnahmeprüfungen erfüllen unsere Musikhochschulen die künftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schon längst. Da kann es nur sekundär Aufmerksamkeit erregen, wenn praxisfern ausgebildete Musiklehrer einen Teil der ohnedies rückläufigen Musikstunden an Schulen genervt auch noch ausfallen lassen. Und was die monomanisch geprägten Instrumentalsolisten betrifft, bewiesen unsere Rektoren jüngst ein tief sozial geprägtes Verantwortungsbewußtsein: Ihre Konferenz sprach sich gegen die Gründung einer weiteren Musikhochschule in Bayern aus, damit nicht noch mehr unmündige Zwanzigjährige in die Schande der Künstlerarbeitslosigkeit getrieben werden. Ferner genießen Musikhochschulen in vieler Hinsicht einen Sonderstatus - sozusagen am Rande unserer Erlebnis- und Erfolgsgesellschaft. Schließlich produzieren sie im wesentlichen Hofnarren, willkommene Entspannungslieferanten für ein EDV-gestütztes Hochleistungs-Volkswesen. Sie sind überraschenderweise mit vorstehendem Text nicht einverstanden, verehrte Leserinnen und Leser? Sie haben Vorschläge, wie die Ausbildung und/oder die Ausbildungsbedingungen verbessert werden könnten? Dann nützen Sie bitte unsere neue Internet-Forumseite zur Diskussion, die wir in der „konventionellen“ nmz dokumentieren. Die Adresse: http://www.nmz.de. Genauso willkommen ist uns übrigens Ihr papierener Leserbrief. Wir veröffentlichen (siehe oben) gern auch exponierte Meinungen.

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